Die Aktion „Streich brennt“, bei der fünf Schnapsbrenner ihre Höfe öffnen, hatte am Wochenende viel Zulauf. Jung und Alt feierten mit beim Event mit den kleinen Gläsern.

Berglen - Normalerweise verläuft das Leben im 202-Einwohner-Dorf Streich in den Berglen in eher ruhigen Bahnen. Einmal im Jahr aber ändert sich das völlig – dann, wenn die Kleinbrenner aus dem Ort ihre Destillerien öffnen, Zelte und Bierbänke aufstellen und zum Feiern einladen. „Streich brennt“, so lautet der Name des Events, das die gläserne Produktion in landwirtschaftlichen Betrieben darstellen soll, schon etliche Male stattgefunden hat und immer größer wird.

 

Es werde wohl eine vierstellige Zahl von Besuchern sein, die den Weg zu seinem Hof finde, sagt der Schnapsbrenner Herbert Frank, der über den Andrang nicht traurig ist. Seine Destillerie ist eine von fünf, die sich an dem Ereignis beteiligen. Die halbe Verwandtschaft ist mit eingespannt: insgesamt 20 Töchter, Schwiegersöhne, Schwägerinnen, Enkelkinder sowie einige Nachbarn machen mit, damit bei Franks gefestet werden kann. Alle tragen schwarze Shirts mit der Firmenaufschrift.

14 Sorten Schnaps

Die Franks sind für viele Gäste bestens gerüstet: sie haben gleich mehrere Gebäude, die partytauglich sind. Die Brennerei liegt in einem Extra-Gebäude, das früher auch als Waschküche diente. Der gekachelte Raum ist am Wochenende gut gefüllt, weil dort eine Bar installiert ist. Auf dem rustikalen Holz sind die Aufkleber der 14 Sorten angebracht, die Herbert Frank brennt, von Williams über Quitte hin zum Pflaumenschnaps – die Liköre nicht zu vergessen. „Ohne meine Schwiegersöhne könnte ich das nicht mehr machen“, sagt der Senior. Doch offensichtlich hat das Hochprozentige etwas Generationen-Übergreifendes, denn draußen zwischen dem Wohnhaus und der Brennerei tummeln sich Samstagnacht alle Altersgruppen, und sind sich nach einigen Schnäpsen in ihrer Heiterkeit einig. „Hier treffen sich Stadt und Land“, sagt die Destillatskönigin Anna Schleicher, die dieses Jahr aus Pfedelbach (Hohenlohekreis) angereist ist. Sie halte das alles „für sehr gelungen“.

Dass aus dem Bauernhof eine Location geworden ist, hat freilich einige Handgriffe erfordert. Vor ein paar Jahren griffen die Schwiegersöhne ins Geschehen ein und entrümpelten kurzerhand den alten Kuhstall, in dem am Samstag zur späteren Stunde die Akkordeon-Spieler aktiv werden und alle lauthals mitträllern und schunkeln.

Etwas moderner mutet die Bar im Gewölbekeller an. Franks Verwandtschaft hat mitten in dem Gewölbe eine Mauer hochgezogen, ein Holz darüber gelegt und kleine Lampen im Raum verteilt. Die Gäste verlassen den Keller am Samstag ungern, und auch in der ehemaligen guten Stube von Franks Eltern eine Etage höher ist kein Platz mehr frei. Die Gäste sitzen an rustikalen Tischen, singen und schunkeln und genießen die Schnäpse mit dem frisch gebackenen Salzkuchen, der nebenan in der Küche entsteht.

Sehnsucht nach der Verflossenen

Mittendrin sitzt Joachim aus Plüderhausen. Für den älteren Mann mit dem leicht sächsischen Zungenschlag ist Streich „das Größte“. „Die Menschen sind hier fleißig, natürlich, und haben ein gutes Gemüt“, lobt Joachim. Und einmal im Redefluss erzählt er, dass er einst in eine Streicherin verliebt gewesen sei, diese jedoch einen anderen geheiratet habe, wobei er sich jedoch selbstlos lange Jahre um ein Stückle am Ortsrand gekümmert habe. Für Uli aus Waiblingen, die neben ihm belustigt zugehört hat, ist die Sache einfacher. Das vierte Mal ist sie mit ihrem Mann hier, wie viele andere wird sie am Ende nicht mehr heimfahren, sondern in einem Wohnwagen von Bekannten direkt vor Ort übernachten. Frei nach dem Motto: Streich brennt heftig – danach darf Streich ruhen.