Schnelles Internet ist keine Spielerei und kein Privileg für die Städte. Schnelles Internet braucht gerade der ländliche Raum. Nur stellt die Landesregierung zu wenig Mittel zur Verfügung, um rasch etwas an der Situation zu ändern.

Baden-Württemberg: Heinz Siebold (sie)

Freiburg - Schnelles Internet ist keine Spielerei und kein Privileg für die Städte. Schnelles Internet braucht gerade der ländliche Raum. „Das ist für die Zukunftsfähigkeit des Tourismus von entscheidender Bedeutung“, sagt Wolfgang Weiler, der Sprecher der Schwarzwaldtourismus GmbH mit Sitz in Freiburg im Breisgau. „Der Tourismus wird immer kurzfristiger, Urlauber fahren los und buchen von unterwegs per Smartphone oder Tablet.“ Da muss ein Hotel, eine Pension oder Ferienwohnung natürlich gut erreichbar sein. Ganz abgesehen davon, dass der Gast dann auch vor Ort eine gute Datenverbindung für die weitere Gestaltung seiner Freizeitaktivitäten erwartet. Die Gastgeber ihrerseits brauchen eine gute interaktive Verbindung zu den Buchungsportalen.

 

Sogar die Landwirte brauchen inzwischen Internet

Schnelles Internet braucht auch der Landwirt. „Seit diesem Jahr kann der sogenannte Gemeinsame Antrag für flächenbezogene Fördermittel und Ausgleichsleistungen nur noch online beim Landratsamt gestellt werden“, berichtet Elmar Kasper, der Bezirksgeschäftsführer des Bauernverbandes BLHV in Freiburg. „Dazu braucht man eine stabile und schnelle Datenverbindung.“ Mancher Schwarzwaldbauer muss seine Akten ins Auto packen und nach Freiburg zum Verband fahren, um dort störungsfrei Daten für den Gemeinsamen Antrag einzugeben. Davon abgesehen ist Landwirtschaft heute stark technikorientiert. Es gibt etwa Melkroboter, die der Landwirt mit dem Smartphone steuern kann – wenn er eine Mobilfunkverbindung hat.

In manchen Orten ist Mobilfunk Luxus

Schnelles Internet brauchen auch Gewerbetreibende, wenn sie international tätig sind. „Hier im Ort ist Mobilfunk eher Luxus“, sagt Andreas Fischer, der Geschäftsführer der G+F Verlags- und Beratungs GmbH für Kommunikation mit Firmensitz in Forbach-Hundsbach im Nordschwarzwald. Der 370 Einwohner zählende Weiler liegt mitten im Wald in 760 Metern Höhe. Fischer hat auf seinem Balkon eine Stelle ausgemacht, wo das Handy funktioniert. Für Videokonferenzen mit Helsinki nutzt er eine Internetverbindung per Satellit. Zuvor schaut er aber in den Wetterbericht. „Wenn ein Gewitter im Anzug ist, bricht die Verbindung schnell zusammen. Und wenn im Spätherbst der Hochnebel im Tal hängt, sagen wir gute Nacht.“ Nicht nur in abgelegenen Schwarzwaldtälern, auch in der Ebene hapert es oft an Tempo und Stabilität.

Glasfaserverbindungen sind für schnelles Internet nötig

Schnelles Internet funktioniert im besten Fall per Glasfaserverbindung, die in der Lage ist, große Datenmengen von 25 oder 50 Megabit pro Sekunde zu transportieren. Doch das Verlegen von Glasfaserverbindungen ist teuer und die Telekommunikationsunternehmen suchen sich gezielt die gewinnbringenden Rosinen in den Städten heraus und überlassen Täler und Höhen sich selbst. Die Gemeinden dort müssen versuchen, andere Anbieter zu gewinnen oder selbst ein Netz mit Fördermitteln aus der Breitbandinitiative des Landes Baden-Württemberg zu installieren. Das ist nicht einfach, auch wenn Alexander Bonde, Minister für den ländlichen Raum ankündigt: „Wir wollen im nächsten Doppelhaushalt deutlich zulegen.“ Alle sollten schnelles Internet haben, „egal ob in Stuttgart-Mitte oder im Schwarzwald“. Eigentlich sei es Aufgabe des Marktes, für die Verbindungen zu sorgen – das Land könne nur innerhalb der engen Grenzen der EU-Bestimmungen dort fördern, wo es Marktlücken gebe.

Die Mittel der Landesregierung sind zu wenig

Derzeit stellt das Land jährlich 11,7 Millionen Euro für den Ausbau der Hochgeschwindigkeitsnetze bereit. „Viel zuwenig, ein Nasenwasser“, findet Kasper. Wenn die Regierung Meldeverfahren übers Internet verlange, dann müsse sie auch die technischen Voraussetzungen dafür bereitstellen. Bonde seinerseits nimmt den Bund in die Pflicht, er solle den Worten Taten folgen und Länder und Gemeinden nicht mehr länger allein lassen. In Baden-Württemberg können mehr als 76 Prozent der Haushalte Hochgeschwindigkeits-Internet mit mindestens 50 Megabit pro Sekunde nutzen – ein Viertel zu wenig.