Zurück in die 1920er bis 1950er Jahre führt eine Schau im Ebersbacher Museum. Zu sehen sind dort dekorative Glaswaren aus der WMF-Glashütte.

Ebersbach - So manches Objekt in den Vitrinen kommt einem bekannt war. Es war einst Glanzstück in Großmutters Buffet und stand unter dem ungeschriebenen Verdikt: Anfassen verboten. Dieses Verbot gilt auch für die Vasen, Schalen und Lampenschirme, die in der diesjährigen Weihnachtausstellung des Ebersbacher Stadtmuseums gezeigt werden. „Myra & Ikora – edles Glas der WMF“ lautet der Titel der Schau, die am Sonntag, 30. November, eröffnet wird. Das Gros der Ausstellungsstücke stammt aus der Sammlung der Bünzwangenerin Ingrid Ostermann.

 

Die WMF-Fischhalle war wie ein Wunderland

Schon in jungen Jahren ist Ingrid Ostermanns Leidenschaft für schönes Glas entflammt. Einen nicht unmaßgeblichen Anteil daran hatte ihre Tante, die in den 50er Jahren in der Fischhalle der Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF) in Geislingen arbeitete und ihrem Patenkind immer „Sachen aus dem Angebot“ mitbrachte. Ab und zu durfte das Mädchen auch mitkommen. „Die Fischhalle war damals ein einziger großer Raum, in dem alles drin war, das war wie ein Wunderland“, erzählt sie.

Heute noch ist Ingrid Ostermann auf Flohmärkten, im Internet und auf privaten Bühnen unterwegs, um ihre Sammlung, Pardon, ihre Sammlungen – sie sammelt auch Puppen, Einkaufsläden, Puppenstuben und vieles andere mehr – zu vervollständigen. Da nur Frühaufsteher auf Flohmärkten eine Chance haben, ein besonderes Stück zu ergattern, weckt ihr Mann Dieter die bekennende Langschläferin an diesen Tagen in aller Herrgottsfrühe. „Mittags findet man schon nichts mehr“, sagt er.

Ein Händchen für Schönes aus Glas

Die Epoche des Jugendstils hat für die ausgestellten Glasobjekte der WMF Pate gestanden. Nach dem ersten Weltkrieg baute das Unternehmen die zerstörte Glashütte wieder auf. Es fügte sich, dass in dieser Zeit Karl Wiedmann bei dem Unternehmen beschäftigt war. Er hatte ein Händchen für Glas und entwickelte auf Wunsch des damaligen WMF-Direktors Hugo Debach ein besonders feines Glas. Je nach Lichteinfall irisiert es in allen Farben des Regenbogens. Zu diesem hochempfindlichen Glas hat Ingrid Ostermann ein zwiespältiges Verhältnis. „Myra ist nicht meine Welt, das kann man nicht benutzen, ich brauche etwas Handfestes“, sagt die 69-Jährige. In der Tat ist das Myra-Glas, das nach 15-monatiger Entwicklungszeit im Jahr 1926 in die Serienproduktion ging, hauchdünn. Entsprechend stellte die WMF auch nur dekorative Objekte aus diesem Glas her.

Leuchtende Farben und feine Netzstrukturen

Das Ikora-Glas, das Karl Wiedmann einige Jahre später per Zufall erfand und das nach der farbenprächtigen Tropenpflanze Ixora benannt wurde, wirkt da schon stabiler. Es besteht aus zwei Glasschichten. In der Mitte wurde farbiger Puder aufgebracht und das Ganze dann mit Klarglas überfangen. Die Vasen, Schalen und Lampenschirme zeichnen sich durch ihre leuchtenden Farben und feinen Netzstrukturen aus. Auch dieses Glas war nicht für den täglichen Gebrauch bestimmt. Allerdings wurde es wie auch das Myra-Glas bereits in Serie produziert. Dennoch war jedes Stück ein Einzelstück, da es mundgeblasen war und anschließend von Hand weiterbearbeitet wurde. Sowohl das Myra- als auch das Ikora-Glas war ein Exportschlager. Es wurde weltweit verkauft. Mitte der 50er Jahre stellte die WMF aber die Produktion ein. Das Glas war nicht mehr modern, Vasen und Schalen aus Rauchglas hatten ihm den Rang abgelaufen.