Mit einer offiziellen Erklärung verzichtet der Chef des technischen Rathauses, Andreas Stanicki, nach 15 Jahren auf eine erneute Kandidatur. Nach Außen wird dieser Schritt bedauert, intern ist das Meinungsbild vielschichtig.

Schorndorf - Der Schorndorfer Baubürgermeister Andreas Stanicki wird sich im kommenden Jahr nicht wieder für die Leitung der technischen Geschäftsbereiche der Daimlerstadt bewerben. Stanicki hatte ursprünglich Anfang dieser Woche mit den Gemeinderatsfraktionen über eine erneute Kandidatur sprechen wollen – und machte in der Ratssitzung am Donnerstagabend dann einen überraschenden Rückzieher. Trotz seines ausführlichen Dankes mit der Aufzählung aller Projekte wurde deutlich, dass Stanicki nicht aus freien Stücken auf die Kandidatur verzichtet. Seine Entscheidung sei „unter großem Zeitdruck“ gefallen, sagte der Baubürgermeister. Und fügte hinzu: man hätte besser „miteinander statt übereinander“ reden sollen. Konkreter will er nicht werden.

 

Der Oberbürgermeister Matthias Klopfer bedauerte Stanickis Entscheidung. Der Rathauschef machte einen Zeitungsartikel für dessen Schritt verantwortlich. In der Schorndorfer Lokalzeitung war Stanicki in dieser Woche als ein „netter und integrer Mensch“, aber auch als „glückloser und zuweilen recht unglücklich agierender Baubürgermeister“ dargestellt worden. Er habe seine Freiräume nicht genutzt und seinem Oberbürgermeister die Führung der interkommunalen Gartenschau „regelrecht vor die Füße geworfen“. Auch die Fähigkeiten des Ersten Bürgermeisters Edgar Hemmerich wurden angezweifelt. „Der Artikel hat schon vieles verändert, besonders die Situation hier im Rathaus“, sagte ein zerknirscht wirkender Matthias Klopfer. Man sei dadurch „zu Getriebenen geworden“. Die Situation werfe ein Schlaglicht auf die Möglichkeiten, welche die Presse als die „vierte Gewalt“ habe.

Bei genauerer Betrachtung ist der Vorgang jedoch komplexer. „Wir wollten das nicht so“, sagt der Schorndorfer SPD-Fraktionsvorsitzende Karl-Otto Völker. Das sei „dumm gelaufen“, erklärt der CDU-Fraktionschef Hermann Beutel. Beide bestätigen indes, dass sich zu Beginn dieses Jahres innerhalb ihrer Fraktionen die Stimmen gemehrt hätten, die gefordert hätten, mit der Wahl im kommenden Jahr einen Wechsel im Amt des Baubürgermeisters herbeizuführen. Nach 16 Jahren sei es an der Zeit, zumal man sich jemanden gewünscht habe, der „städtebaulich stärkere Akzente setzt“ (Beutel), und „neue Ideen und einen Blick auf die Stadt hat“ (Völker). Der Oberbürgermeister selbst habe Anfang des Jahres in diesen Gesprächen keine Front gegen seinen Dezernatschef gemacht, betonen der FDP/Freie Wähler-Fraktionsvorsitzende Peter Erdmann und der stellvertretende Fraktionssprecher der Grünen, Wilhelm Pesch. In Sitzungen der Gemeinderatsfraktionen, die am Anfang dieser Woche hätten stattfinden sollen, habe Stanicki mit den Stadträten seine Kandidatur klären wollen. Doch wegen einer Terminüberschneidung kamen die Treffen nicht zustande und wurden verschoben. Der Artikel, der alles ins Rollen brachte, erschien am Mittwoch.

Offiziell will sich niemand den darin geäußerten Punkten anschließen oder sich gar als Quelle zu erkennen geben. Er selbst würde über seine Beschäftigten nicht in dieser Weise sprechen, erklärt der Oberbürgermeister. Von den Fraktionsvorsitzenden heißt es indes, der OB habe sie über ein Hintergrundgespräch informiert, das er mit Pressevertretern Mitte März zu diesem Thema geführt habe. Über die genaueren Inhalte habe er jedoch nichts gesagt. Dem Baubürgermeister kam am Donnerstag kein böses Wort über den OB über die Lippen. Gleichwohl verriet die Körpersprache der drei nebeneinander sitzenden Bürgermeister, dass deren Verhältnis zueinander zurzeit angespannt ist.

Dem in dem Artikel erhobenen Hauptkritikpunkt, er habe die Organisationsleitung der Interkommunalen Gartenschau abgegeben, begegnete der Baubürgermeister mit der Erklärung, dass er sich auf die zurzeit in Schorndorf laufenden Großprojekte konzentrieren wolle, um in der Planungsphase Kosten zu sparen. Die Sitzungen für den Gymnasiumsneubau, die neue Mensa und den Sportpark belegten allein schon 40 Prozent seiner Arbeitszeit. Er habe deshalb von vorneherein klar gemacht, dass er die Gartenschauorganisation mit der Gründung der Geschäftsstelle abgeben wolle, sagt Stanicki. Er selbst, der im August seinen 54. Geburtstag feiert, sieht seine Zukunft in einer Lehrtätigkeit im Bereich Architektur oder an einer Verwaltungshochschule.

Was bedeutet diese Entwicklung für die künftige Zusammenarbeit in der Führungsetage des Schorndorfer Rathauses? Man spüre, dass die Verwaltung „enger zusammengerückt“ sei, hat der FDP/FW-Fraktionschef Peter Erdmann beobachtet. „Das Ganze kann ein Weckruf sein oder ein Gewitter der reinigenden Art“, meint der CDU-Fraktionschef Hermann Beutel.