Der Unternehmer Jürgen Linsenmaier ist der Überzeugung, das vieles im Wirtschaftsleben schief läuft. Eine von ihm gegründete Ethic Society soll den Unternehmen helfen, ihre ursprünglichen Werte umzusetzen.

Schorndorf - Kann man sich auf das Wort seines Geschäftspartners verlassen? Wie viel zählt ein Handschlag? Wie sehr interessiert sich ein Chef für die Zufriedenheit seiner Kunden? Punkte wie diese möchte der Schorndorfer Berater Jürgen Linsenmaier stärker im Wirtschaftsleben verankern. Das künftige Forum dafür soll eine Gruppe namens „Ethic-Society“ werden, in welcher Firmenchefs sich in Form eines Netzwerks über Strategien des ethischen Wirtschaftens austauschen.

 

Jürgen Linsenmaier, der heute als Redner und Reputationsexperte in einem Büro in einem Fachwerkhaus am Schorndorfer Marktplatz arbeitet, ist selbst einmal Unternehmer gewesen. Mehr als 30 Jahre sei er als Kaufmann aktiv gewesen, zeitweise als Geschäftsführer eines Verlages, der mehr als 40 Beschäftigte hatte. „Für mich ist Ehrlichkeit und Authentizität immer etwas Wichtiges gewesen“, sagt Linsenmaier. Er gehe davon aus, dass die meisten Menschen ein ähnliches Bedürfnis hätten, sagt der Unternehmensberater: „Es gibt eine Sehnsucht nach Ehrlichkeit.“

Die Erfahrung, was im Geschäftsleben üblich sei, ist jedoch eine andere. „Wer heute telefonisch etwas bestellt, kann sich nicht sicher sein, ob er in einen Call Center in Rostock oder in Indien landet“, sagt Linsenmaier. Man habe daher „keinen persönlichen Bezug mehr“ zu solchen Verkäufern, betont er. Darunter leide die Qualität. In die Versuchung, solche Strukturen zu schaffen, kämen die Firmenchefs schnell, weil ein großer Druck auf vielen Unternehmern laste. Aus diesem Grund würden dann falsche Entscheidungen gefällt, etwa solche, die Teile der Produktion ins Ausland zu verlagern, womit der Bezug zu den Produkten verloren gehe.

Jürgen Linsenmaier ist jedoch davon überzeugt, dass es anders geht. Ein Beispiel eines redlichen Firmenchefs sei der Burladinger Textilunternehmer Wolfgang Grupp. Dieser verzichte, wie Linsenmaier lobt, bewusst auf Produktion im Ausland, und habe es bisher geschafft, Versuche der Preisdrückerei von Seiten des Handels abzuwehren. Wolfgang Grupp kümmere sich zudem um das Wohl seiner Belegschaft, hebt Linsenmaier hervor. Für die Beschäftigten entstehe auf diese Weise eine „Win-Win-Situation“, von welcher schlussendlich alle Beteiligten profitierten.

Freilich hat nicht jeder Unternehmer das öffentlichkeitswirksame Auftreten des Talkshow-Gastes Wolfgang Grupp. Die meisten Chefs täten sich schwer, sich mit positiven Aktionen in der Öffentlichkeit zu zeigen, hat Linsenmaier beobachtet. Einen Firmenchef, der bei ihm unlängst in der Beratung war und der lokales Engagement habe zeigen wollen, habe er empfohlen, Computer an eine örtliche Schule zu spenden. „Von einer solchen Aktion haben alle etwas“, sagt Jürgen Linsenmaier.

Mögliche Mitglieder der Ethic Society sind nach Vorstellung des Unternehmensberaters solche Firmen, die bereits erste Schritte gegangen sind. Etwa beispielsweise eine Bäckerei, die ihr Getreide umweltschonend in der Region von Vertragsbauern anbauen lässt, oder ein Maschinenbauunternehmen, welches sich mittels einer eigenen Lernfabrik um eine gute Ausbildung des Nachwuchses verdient macht. „Es sind jedoch auch Unternehmen willkommen, die sich erst auf dem Weg machen wollen“, sagt Linsenmaier. Äußeres Zeichen, dass jemand an dem Forum teilnehme, soll ein Logo der Ethic Society sein. Dieses sei weniger ein Gütesiegel als vielmehr ein Signal, dass die betreffende Firma sich mit diesem Thema beschäftige. An einen Mitgliedsbeitrag sei nicht gedacht.

Die genauen Regeln der Ethic-Society will Linsenmaier zusammen mit jenen Unternehmern entwickeln, die sich dem Forum anschließen. Seiner Vorstellung nach könnten die Beteiligen aus dem ganzen deutschsprachigen Raum kommen. Wichtig sei jedoch, dass man eine überschaubare Gruppe bleibe. Er selbst wolle der Gruppe als Ideen und Impulsgeber auf Dauer erhalten bleiben, verspricht er.