Für etliche Stücklesbesitzer an den südlichen Remstalhängen zwischen Schorndorf und dem Schönbühl bringt das Februarende eine unschöne Überraschung: Die Landeswasserversorgung fällt ihre Obstbäume, um Platz für eine neue Leitung zu schaffen.

Schorndorf - Etliche Stücklesbesitzer zwischen Schorndorf und den zu Weinstadt gehörenden Hängen des Schönbühl dürften dieser Tage eine unschöne Überraschung erleben: Eine seitens der Landeswasserversorgung (LW) beauftragte Firma hat Anfang dieser Woche begonnen, zahlreiche Obstbäume entlang einer Trasse zu fällen, in der alte Wasserleitungen entlang der südlichen Hänge des Remstals zwischen Schorndorf und dem Schönbühl verlegt sind. In den Rathäusern trifft die Aktion, der zum Teil hochstämmige Bäume zum Opfer fallen, auf wenig Verständnis.

 

„Wir halten die Art und Weise, in der das geschieht, für äußerst fragwürdig“, sagte der Schorndorfer Tiefbauamtsleiter Herbert Schuck in der jüngsten Sitzung des technischen Ausschusses. Zwar sei die Landeswasserversorgung juristisch im Recht. Dennoch nennt er „die Art und Weise, in der das passiert, äußerst unglücklich“. Alle Betroffenen hätten im Vorfeld informiert werden müssen, bekräftigt Schuck. Allein im Schorndorfer Gebiet Aichenbach sowie am Ebersbacher Weg sollen der Sägeaktion jeweils 20 Bäume zum Opfer gefallen sein, ohne dass die Grundstücksbesitzer davon gewusst hätten.

Laut dem Tiefbauamtsleiter seien die mit der Rodung beauftragten Firmen am Montag überraschend auf den Grundstücken erschienen. Die Stadtverwaltung habe davon nichts gewusst und sei erst durch Anwohner darauf aufmerksam gemacht worden, erklärte der Tiefbauamtsleiter. Das bestätigt auch Werner Forschner, der Vorsitzende der christlichen Mission für Süd-Ost-Europa, welche im Süden Schorndorfs das Freizeitheim Aichenbach betreibt. Auf dessen Grundstück seien zwei hohe Bäume gefällt worden, berichtet Forschner. Weder er noch seine Dachorganisation hätten im Vorfeld irgendetwas davon erfahren.

Der Anlass der Baumfällung ist indes ungewöhnlich. Es werde keine Wasserleitung, sondern eine 30-Kilovolt-Stromleitung entlang der Wasserleitung verlegt, schreibt die Landeswasserversorgung in einer dieser Tage verbreiteten Mitteilung. In der 80 Kilometer langen Leitung soll der Strom transportiert werden, der in Turbinen erzeugt wird, die an Gefällstrecken der Wasserleitung eingebaut sind. Allein 3,5 Millionen Kilowattstunden sind das jährlich in einer Turbine, die sich am Schönbühl befindet. Die Leitung geht bis nach Langenau (Alb-Donau-Kreis), wo in einem Werk Pumpen der Landeswasserversorgung damit angetrieben werden. Rund 19 Millionen Euro koste das Projekt, das sich binnen fünf Jahren amortisiert habe, sagt der Pressesprecher der Landeswasserversorgung, Bernhard Röhrle.

Das Vorhaben hat allerdings die unschöne Folge, dass der so genannte Schutzstreifen, unter dem die Leitungen verlaufen, im Vorfeld von Bewuchs freigemacht werden muss. Laut dem Naturschutzrecht dürfe lediglich vor dem 1. März gefällt werden, also nur noch in dieser Woche. Die beiden Leitungen stammten aus dem Jahr 1917 und aus den 1930er Jahren, sagt Röhrle. Im Zuge der so genannten Grunddienstbarkeit sei damals vereinbart worden, dass auf den Trassen nichts gepflanzt werden dürfe. Entschädigungen für die Fällungen seien nicht vorgesehen, betont Röhrle: „Die Bäume hätten ja dort nicht stehen dürfen.“

Auf die Frage, warum die Landeswasserversorgung nicht selbst dafür Sorge getragen hat, dass die Trassen im Laufe der Jahrzehnte frei gehalten würden, antwortet der Pressesprecher weniger forsch. „Da hätten unsere Mitarbeiter etwas sorgfältiger sein müssen“, räumt er ein. Die Baumfällung jetzt erfolge, um die zwischen 10 und 20 Meter breite Tabuzone rechts und links der Leitungen freizuhalten und die Rohre vor Beschädigungen zu schützen. „Jede Fällung wird von einem Fachmann naturschutzrechtlich begleitet und bewertet“, verspricht der Pressesprecher.

Den Vorwürfen von Seiten der Stadt, zu spät informiert worden zu sein, widerspricht Röhrle indes. Den Mitgliederkommunen habe man bei einer Verbandsversammlung im Oktober über das Projekt Bescheid gegeben, mit den Naturschutzbehörden habe man darüber einige Tage vor Weihnachten gesprochen. Die betroffenen rund 80 Grundstücksbesitzer seien Anfang Februar informiert worden und hätten zum Teil per Antwortpostkarte zugestimmt. Es könne allerdings sein, dass durch die Aufweitung des Schutzstreifens weitere Grundstücke betroffen seien, schränkt Röhrle ein – „dafür entschuldigen wir uns“. Auch den Zeitpunkt der Mitteilung an die betroffenen Kommunen am letzten Freitag nennt er „etwas spät“.

Eile ist indes geboten, um noch vor dem Rodungsverbot im März fertig zu werden. Bis zum Ende dieser Woche werden laut Röhrle weitere Bäume fallen. Mit den eigentlichen Einbau des Elektrokabels in den Boden lässt sich die LW Zeit: Erst im August soll dessen Verlegung beginnen.