Die Autoren der get shorties Lesebühne haben in ihrer Schreibbude vor der Stadtbibliothek auf Zuruf Gedichte und Geschichten verfasst.

Stuttgart - Neugierig betrachtet Feliz die Apparatur. So etwas hat das kleine Mädchen noch nie gesehen. „So kannst du besser in die Tasten hauen“, sagt Ingo Klopfer. Der Gründer des Maringoverlags und der get shorties Lesebühne für Kurzgeschichten stellt die mechanische Schreibmaschine sanft auf den Rasen. Das betagte Gerät ist eines von vieren, das auf dem Tisch vor der Stuttgarter Stadtbibliothek aufgebaut wurde. In dieser „Schreibbude“ unter freiem Himmel kreierten am Samstagnachmittag Klopfer, Carolin M. Hafen, Volker Schwarz und Nicolai Köppel, allesamt get shorties-Autoren, Kurzgeschichten, Gedichte, Limericks und Briefe auf Zuruf: Passanten konnten sich für einen kleinen Obolus – Gedichte drei Euro, Kurzgeschichten fünf – ein literarisches Original schreiben lassen zu einem Thema ihrer Wahl. Während die Kunden in die Bibliothek, aufs Europaviertelfest oder einkaufen gingen, wurde in der Schreibbude eine halbe oder dreiviertel Stunde lang formuliert, danach die Papiere eingerollt und mit einem Geschenkband verbrämt.

 

Die Textwünsche waren dabei durchaus vielgestaltig. „Jeder hat ein bisschen sein Spezialgebiet“, so Klopfer schmunzelnd. „Carolin macht die Kurzgeschichten, Nick ist der Limerick-Experte, Volker der Mann für Gedichte, die sich reimen, ich für welche, die sich nicht reimen sowie Kurzgeschichten, aber alle mischen mit, jeder unterstützt den anderen.“ Ihm sei zu Herzen gegangen, dass sich eine junge Frau einen Liebesbrief an eine starke Frau, ihre Oma, gewünscht habe, die sie quasi mit großgezogen habe. „Das sind die Momente, die mir viel geben!“ Das bestätigte auch Hafen. Während Volker Schwarz beauftragt wurde, ein Gedicht für eine Silberhochzeit zu verfassen und nach Reimworten für Castrop-Rauxel suchte, wünschte sich ein kleines Mädchen von der Fantasy-Autorin eine kurze Geschichte, in der Onchao, Elfen und Feen vorkamen. „Ich musste erst einmal googeln, wer Onchao ist“, lachte Hafen. „Eine Spielfigur, ein fliegendes Einhorn.“

Bereits zum zweiten Mal war das get shorties Projekt vor seinem Kooperationspartner, der Stadtbibliothek, zu Gast, unterstützt wurde es vom Kulturamt Stuttgart. Bereits bewährt hatte sich ein ähnliches Konzept zuvor unter anderem in Heilbronn oder beim Literaturfest Ludwigsburg, das Köppel leitete. Das scheint auch für Stuttgart zu gelten. Der Zulauf sei hoch gewesen. „Wir hatten von Anfang an gut zu tun“, so Klopfer. „Wichtig ist auch, dass sich Leute interessieren, die sonst vielleicht wenig mit Literatur zu tun haben – und Kinder und Jugendliche diese betagten mechanischen Schreibmaschinen kennenlernen, und so einen Zugang zum Schreiben finden.“