Bei einer Messe im Dillmann-Gymnasium haben sich fast 40 Anbieter vorgestellt. Schüler und Eltern interessierten sich vor allem für mehrmonatige Aufenthalte. Doch in Erfahrungsberichten wurde auch deutlich, dass das lange Fehlen Nachteile haben kann.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Ein Schüleraustausch ist im vergangenen Jahrtausend noch etwas einfacher und unkomplizierter gewesen: Die eigene Schule bot in der Regel zwei- bis vierwöchige Aufenthalte bei Gastfamilien in Frankreich, England und in den USA an. Im Gegenzug drückten junge Leute von der Partnerschule ebenso lange die hiesige Schulbank. Der Vorteile: die Fremdsprachenkenntnisse verbesserten sich, die Scheu, sich auf Englisch oder Französisch zu unterhalten, wich und der kulturelle Austausch führte oft dazu, dass die alten Kontakte bis in die Gegenwart reichen.

 

Doch in Zeiten der fortgeschrittenen Globalisierung hat sich mittlerweile ein kaum überschaubarer Schüleraustausch-Dschungel gebildet. Mehrere Dutzend Unternehmer überschütten die jungen Leute und deren Eltern mit Angeboten, die von der Mittelstufe bis in die Zeit nach dem Schulabschluss reichen. Dabei spielt der klassische Schüleraustausch mit Besuch und Gegenbesuch eine eher untergeordnete Rolle. Im Kommen sind schon seit Längerem halb- und ganzjährige Aufenthalte in Privatschulen und Internaten sowie Praktika, Au-pair-Stellen, Sprachreisen, Ferien- und Sommercamps, Jobs im Ausland sowie Freiwilligendienste.

Messe mit 40 Anbietern

Entsprechend groß ist das Interesse der Besucher am Samstag bei der Schüleraustausch-Messe im Dillmann-Gymnasium gewesen. Mehrere Hundert Besucher versuchten, sich bei den fast 40 Anbietern einen ersten Überblick über das riesige Angebot zu verschaffen. Der Veranstalter war die Deutsche Stiftung Völkerverständigung (DSV), unter deren Dach die Anbieter jährlich Stipendien im Gesamtwert von 280 000 Euro ausschütten.

Manfred Birk, Schulleiter des Dillmann-Gymnasiums, lobte das Forum, auf dem die Schüler und Eltern die Angebote vergleichen könnten. Zwei seiner Kinder haben selbst schon ähnliche Auslandsaufenthalte absolviert. Birk riet, freundlich, aber kritisch nachzufragen: „Schließlich geben die Eltern ihre Kinder erstmals für längere Zeit in die Obhut fremder Eltern“, betonte Birk. „Da können natürlich auch Charaktere aufeinandertreffen, die nicht zueinander passen.“

Genauer Blick auf die Konditionen der Anbieter ist ratsam

Wenn es auf menschlicher Ebene krisele, sei es hilfreich, wenn den Schülern im Ausland schnell, unbürokratisch und persönlich geholfen werden könne. „Das spart viel Zeit und Nerven – und gegebenenfalls viel Geld“, sagte Birk mit Blick auf Kosten von bis zu fast 10 000 Euro, die für ein Jahr an einer Highschool in den USA anfallen können – traditionell eines der beliebtesten Ziele der jungen Leute.

Bei der Messe gut besucht war auch eine kleine Runde aus Schülern, die bis zu einem Jahr Schulen in den USA, Kanada, Costa Rica und England besucht haben. Einigkeit herrschte bei allen, dass man die Fremdsprache nun beherrsche, dass man viel über Land und Leute gelernt habe und dass man einen großen Schritt in die Erwachsenenwelt gemacht habe. „Ich bin selbstbewusster und selbstständiger geworden“, sagte eine 16 Jahre alte Schülerin stellvertretend für die Teilnehmer. Doch in der Runde wurden auch mögliche Nachteile eines so langen Aufenthalts im Ausland offen angesprochen. Vor allem der, dass das Unterrichtsniveau am heimischen Gymnasium höher sei als an einer Highschool. Freimütig räumte ein Schüler denn auch ein, dass er den Stoff nicht habe aufholen können und eine Klassenstufe wiederholt habe. Beruhigend daran: Der junge Mann versicherte, dass er auch daran gewachsen sei.