Das Schuljahr geht zu Ende. Das Wichtigste für viele Schüler sind jetzt die Zeugnisse. Die 17-jährige Stuttgarter Gymnasiastin Fenja Klima hat die zehnte Klasse geschafft und resümiert für uns ihr Schuljahr.

Psychologie und Partnerschaft: Eva-Maria Manz (ema)

Stuttgart - Heute ist mein letzter Tag in der zehnten Klasse. Wenn ich mein Schuljahr Revue passieren lasse, wird mir klar, dass ganz schön viel passiert ist. In Deutsch habe ich gelernt, Barockgedichte und Kurzgeschichten zu interpretieren. In Mathe hatten wir Vektorenrechnung und die Ableitung, in Geschichte den Kalten Krieg und in Gemeinschaftskunde ging es um Menschenrechte.

 

Außerdem habe ich Anfang des Schuljahres ein Referat über die Wahlen in China gehalten, wenn man das so nennen kann, denn es waren ja gar keine richtigen Wahlen. Manchmal habe ich dieses Jahr auch die Mittagsbetreuung der Fünftklässler übernommen, und ich gebe ab und zu Mathenachhilfe. Mathe ist mein Lieblingsfach.

Weil ich neben all dem auch noch Bratsche im Orchester spiele, fragen viele Erwachsenen immer, wie man das alles schaffen kann. Sie stöhnen über G 8. Aber ich habe ja gar keinen Vergleich, ich wüsste nicht, ob alles mit G 9 einfacher wäre.

Für manches bleibt keine Zeit

Wenn ich noch ein bisschen mehr Zeit gehabt hätte, wäre ich jetzt ein Jahr ins Ausland gegangen, das macht eine Freundin von mir. Ich habe es mir für nach dem Abi aufgehoben. Es stimmt schon, dass für manches keine Zeit bleibt, aber das fällt mir nicht oft bewusst auf.

Was mir besonders im Gedächtnis geblieben ist in diesem Schuljahr war das Sozialpraktikum, das bei uns in der zehnten Klasse alle machen müssen. Ich war zwei Wochen lang im Altenheim. Dort ist mir klar geworden, dass viele ohne Hilfe gar nichts schaffen würden. Das fand ich wirklich traurig. Meine Schule ist katholisch und wir haben im Januar Besinnungstage gehabt. Das klingt vielleicht altmodisch, für uns ist es aber ganz normal. Das sind ein paar Tage, an denen wir uns grundlegende Fragen stellen: wer wir eigentlich sind, was wir wollen und was uns wichtig ist.

Zwei gleiche Leben gibt es nicht

Dazu waren wir mit unserer Lehrerin auf einer Burg in Backnang (Rems-Murr-Kreis). Eine Aufgabe war, so zu tun, als ob wir uns alle an unserem 40. Geburtstag treffen und einander erzählen, wie unser Leben bisher verlaufen ist. Ich habe gesagt, dass ich Juristin bin, mich in einer Firma mit dem Wirtschaftsrecht befasse und außerdem verheiratet bin und Kinder habe.

Ich weiß aber, dass nie alles so kommt, wie man denkt. Manche sagen: Ich will genau so werden wie der oder der und ganz viel Geld verdienen oder berühmt sein. Aber zwei gleiche Leben gibt es nicht. Die Menschen sind unterschiedlich und die Zeiten sind es auch.

Ich finde es trotzdem gut, wenn man Vorbilder hat, vielleicht gibt es dann irgendwann weniger Menschen, die bewusst Fehler machen. Wenn ich an die Bankenkrise denke und daran wie manche sich grenzenlos bereichern und andere hungern müssen – dann weiß ich nicht, wie man Egoisten dazu bewegen könnte, sich zu ändern.

Schon klar, dass jeder sich auch mal falsch verhält. Und leider machen manche Fehler, obwohl sie wissen, dass es Fehler sind. Aber wie soll man das verhindern?

Unsere Privatsphäre sollte geschützt sein

Immer wenn ich Zeit habe, schaue ich die Tagesschau, und manchmal lese ich einen Artikel in der Stuttgarter Zeitung, die wir zuhause haben. Unser Gemeinschaftskunde-Lehrer sagt, dass wir das tun sollen, weil nicht immer Zeit ist, über alles Aktuelle im Unterricht zu sprechen. Wenn ich höre, wie die Politiker sich unterhalten, denke ich mir immer, dass keiner von denen darüber redet, was er selber macht, sondern immer nur darüber, was andere falsch machen.

Und jetzt wundern sich alle, dass die Amerikaner uns über das Internet ausspionieren. Ich denke aber, das machen nicht nur die USA. Dadurch wird es leider nicht besser, denn unsere Privatsphäre sollte geschützt bleiben. Andererseits weiß doch jeder, wie das Internet funktioniert. Ich schreibe nie etwas Geheimes über E-Mail. Und bei Facebook bin ich gar nicht.

Ab Herbst wird alles anders

Im nächsten Schuljahr wird für mich alles anders, dann sind wir nicht mehr in Klassen aufgeteilt, sondern eine Stufe, in der alle verschiedene Kurse besuchen. Und die Noten zählen bereits fürs Abi, dann wird es ernst.

Als mir klar geworden ist, dass ich bald noch weniger Zeit haben werde, bin ich Anfang des Jahres auf die Idee gekommen, schon jetzt mit den Führerscheinstunden anzufangen. Bald habe ich meine praktische Prüfung. Dann darf ich allerdings fürs Erste nur mit meinen Eltern zusammen fahren, denn ich bin vor einer Woche gerade erst 17 geworden.

Vom Fahrlehrer weiß ich aber, dass die Eltern gar nicht unbedingt vorne sitzen müssen, sie müssen nur irgendwo im Auto drin sein – so lange bis man 18 ist. Der Fahrlehrer hat gesagt: Wenn ihr losdüsen wollt, könnt ihr die Eltern auch im Kofferraum mitnehmen. Das war natürlich ein Scherz. Wenn ich die Prüfung bestehe, dürfen meine Eltern mit vorne sitzen.