Jasmin Oesterle, Abiturientin vom Hölderlin-Gymnasium, hat beim Landeswettbewerb Deutsche Sprache und Literatur gewonnen.

Filderzeitung: Rebecca Anna Fritzsche (fri)

S-Nord - „Der Stuhl quietscht leise, als ich mich aufrichte. Ich kann nicht länger sitzen, mein Rücken schmerzt von der harten Lehne. Als ich kam, hat mir die Krankenschwester ein Bett ins Zimmer gestellt, doch ich weiß, dass es leer bleiben wird. Ich bin müde, aber schlafen will und kann ich nicht. Ich muss da sein, bei ihm.“

 

So beginnt der Text, den die 18-jährige Jasmin Oesterle beim Landeswettbewerb Deutsche Sprache und Literatur Baden-Württemberg eingereicht hat. Und der Jury hat er gefallen: sie hat gewonnen, als eine von 19 Preisträgern, die aus rund 500 Einsendungen ausgewählt worden sind.

„Als wir in die Oberstufe kamen, haben wir eine neue Deutschlehrerin bekommen, Frau Hafner“, erzählt die Abiturientin des Hölderlin-Gymnasiums. „Sie hat uns ermutigt, am Wettbewerb teilzunehmen, als GFS.“ Die drei Buchstaben stehen für gleichwertige Feststellung von Schülerleistungen, also eine Möglichkeit, einen Vortrag, eine Präsentation oder Hausarbeit zu erarbeiten, die wie die Klausuren in die Note eingerechnet werden. Für jede Klassenstufe ist eine bestimmte Anzahl von GFS vorgeschrieben.

Das Thema, das Oesterle sich ausgesucht hatte, lautete „Ganz aus der Nähe - makroskopische Betrachtung. Beobachten, beschreiben, reflektieren“. „Ich habe mir zuerst überlegt, was man betrachten könnte, das auch Substanz hat, über das man gut schreiben könnte“, sagt sie. „Dann habe ich mich entschieden, den menschlichen Körper zu beschreiben.“ Den findet sie spannend. „Ein normaler, gesunder Körper war mir zu wenig, also habe ich den Körper eines Krebskranken beschrieben.“ Die Geschichte handelt von der Freundin eines Krebskranken, die bei ihm im Krankenhaus sitzt, von deren Blick auf ihn.

Geschichten geschrieben hat die 18-Jährige früher schon, mit neun oder zehn Jahren bereits, erzählt sie. „Aber ich brauche recht viel Zeit dafür, und als ich wegen der Schule mehr zu tun hatte, bin ich nicht mehr dazu gekommen.“ Sie müsse das imaginäre Leben ihrer Charaktere erst entwickeln, bevor sie mit dem Schreiben beginnen könne. „Sobald ich die Geschichte dann im Kopf habe, geht es ganz schnell.“ Viel verändert hat sie an ihrer ersten Fassung nicht: „So, wie ich es zuerst geschrieben habe, ist es am besten.“ Nachdem sie den Text für den Wettbewerb eingesandt hatte, hatte sie sich kaum Hoffnungen auf einen Gewinn gemacht: „Ich konnte meine Chancen gar nicht einschätzen.“ Die Texte aus dem Vorjahr seien ganz anders gewesen als ihrer. „Ich mag meinen Text, aber ich frage mich, wie ihn andere sehen, was andere daran interessant finden. Als der Brief kam, dass ich gewonnen habe, habe ich mich total gefreut.“

Zur Preisverleihung ging es in Begleitung von Edith Hafner kürzlich ins Kloster Schöntal. Die Lehrerin ist stolz auf den Erfolg ihrer Schülerin. „Der Text hat mir sehr gut gefallen, ich habe ihr dafür auch 15 Punkte gegeben“, sagt Hafner und lacht. „Man hätte daran nichts verbessern können.“ Edith Hafner sieht sich auch darin bestätigt, die Schüler zum Schreiben und zur Teilnahme zu ermuntern: „Es ist eine neue Erfahrung, an einem Text länger zu arbeiten, und eine gute Übung.“ Ganz abgesehen davon, ergänzt sie, dass die Textarbeit sich auch positiv auf das Sprachverständnis und den stilistischen Ausdruck der Schüler auswirke.

Jetzt, da Jasmin Oesterle das Abitur geschafft hat und mit der Schule fertig ist, will sie sich wieder verstärkt dem Schreiben und Malen widmen. Zwar macht sie nun ein Praktikum in einer Zahnarztpraxis und bewirbt sich außerdem auf Studienplätze für Zahnmedizin, aber sie hofft darauf, den Kopf auch mal frei zu haben. „Das Schreiben interessiert mich, ich habe auch mal daran gedacht, Modejournalismus zu lernen.“ Sie ergänzt: „Eigentlich interessiert mich fast alles, das war auch in der Schule so.“ Dadurch hatte sie ein wenig die Qual der Wahl, was sie nach der Schule tun wollte: „Medizin finde ich aber am spannendsten, und davon die Zahnmedizin.“