Ermittlungen im Drogenmilieu sind der Hintergrund des eskalierten Polizeieinsatzes am Mittwochabend in Stuttgart. Bei der Festnahme wurden zwei mutmaßliche Straftäter angeschossen und ein Polizeibeamter überfahren.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Ermittlungen im Drogenmilieu sind der Hintergrund des Polizeieinsatzes in der Stuttgarter Innenstadt gewesen, der am Mittwochabend eskaliert ist. Bei der Festnahme auf der Hauptstätter Straße zwischen dem Österreichischen und dem Marienplatz wurden um kurz nach 21 Uhr zwei mutmaßliche Rauschgiftkuriere und ein an der Aktion beteiligter Polizeibeamter eines Mobilen Einsatzkommandos schwer verletzt.

 

„Der Zugriff erfolgte im Zusammenhang mit der Observation einer Rauschgiftbeschaffungsfahrt“, erklärte die Polizei. Demnach waren an dem Einsatz ein Mobiles Einsatzkommando und Polizeibeamte des Präsidiums Reutlingen beteiligt. Die beiden Tatverdächtigen kommen aus Rottenburg (Kreis Tübingen). Die Stadt gehört zum Zuständigkeitsbereich des Präsidiums Reutlingen. Im Zuge einer von langer Hand geplanten Festnahme folgten die Polizisten dem Wagen der beiden 21 und 23 Jahre alten Männer bei einer Drogenfahrt.

Schüsse auf das fahrende Auto abgegeben

Sie wollten offenbar vom Raum Backnang (Rems-Mur-Kreis) nach Rottenburg. Mehrere Zivilfahrzeuge waren den Tatverdächtigen auf den Fersen. An der Ecke Hauptstätter-/Cottastraße erfolgte um 21.15 Uhr der Zugriff. Mehrere Polizeibeamte sprangen aus ihren Fahrzeugen und gingen auf den Kleinwagen der beiden Männer zu. Plötzlich habe der 21 Jahre alte Fahrer auf das Gaspedal gedrückt, berichtet die Polizei. Das Auto erfasste einen 32 Jahre alten Beamten, der stürzte und vom linken Vorderrad des Wagens auf Höhe seines Rumpfes überrollt wurde. Unmittelbar danach schossen zwei an der Festnahme beteiligte Polizisten auf die Fahrerseite des Wagens, der danach sofort zum Stehen kam. Der 21-Jährige und sein 23 Jahre alter Beifahrer, beide unbewaffnet, wurden an Armen und Beinen getroffen. Danach ließen sich die Verdächtigen widerstandslos festnehmen. Wie viele Schüsse abgegeben wurden, steht noch nicht fest. Die Polizei stellte später fünf Patronenhülsen sicher. Zunächst fürchtete man um das Leben des überfahrenen Polizisten. Am Donnerstagmorgen kam aber Entwarnung: Der Beamte sei außer Lebensgefahr und ansprechbar. Auch die beiden mutmaßlichen Drogenkuriere wurden in einer Klinik operiert.

Zahlreiche Polizisten waren in der Tatnacht damit beschäftigt, Spuren zu sichern. Im Wagen der Tatverdächtigen wurden in einer Tasche rund vier Kilogramm Marihuana entdeckt, dessen Qualität noch nicht feststeht. Daher ist auch der Straßenverkehrswert der Drogen noch unklar. Die Bundesstraße 14 war während des Einsatzes bis gegen ein Uhr morgens voll gesperrt. Mittlerweile wurde die Ermittlungsgruppe „Mammut“ eingerichtet, benannt nach dem gleichnamigen ehemaligen Möbelhaus in der Nähe. Gegen die beiden mutmaßlichen Drogenkuriere wurden Haftbefehle erlassen. Ermittelt wird in dem Fall wegen versuchten Mordes.

Weitere Festnahmen am Donnerstag

Offenbar zählen die beiden Männer zu einer Gruppe, die schon seit geraumer Zeit Drogengeschäfte im Raum Rottenburg und Freudenstadt gemacht haben soll. Denn am Donnerstag wurden drei weitere Tatverdächtige festgenommen: Zwei 18 und 22 Jahre alte Männer aus dem Raum Backnang, bei denen die beiden mutmaßlichen Drogenkuriere das Marihuana gekauft haben sollen, und in Esslingen ein 20 Jahre alter Mann, der ebenfalls aus Rottenburg kommt und mit den Festgenommenen zusammenlebt. In den Wohnungen der mutmaßlichen Lieferanten aus dem Rems-Murr-Kreis wurden unter anderem kiloweise Amphetamine und Marihuana, Drogenverpackungsmaterial sowie mehrere tausend Euro entdeckt, das vermutlich aus Drogengeschäften stammt.

Zur Frage, warum in Stuttgart der Zugriff mitten in der Stadt auf einer viel befahrenen Straße erfolgt ist, verweist die Polizei auf die Kompetenzen der am Einsatz beteiligten Polizisten. Die Aktion sei erfolgt, als dort wenig Verkehr geherrscht habe. „Die Polizisten haben den Eindruck gehabt, dass dies der richtige Moment für den Zugriff ist“, sagt der Polizeisprecher Stefan Keilbach.

Seit Ende Februar haben damit in Stuttgart Polizisten in drei Fällen in der Öffentlichkeit geschossen. Am 25. Februar stoppten Beamte in Untertürkheim ein 34-Jährigen mit Schüssen, der eine Konfrontation provoziert hatte. Am vorigen Freitagabend gab ein Polizist am Rande eines Fußballspiels in der Mercedes-Benz-Arena in Bad Cannstatt drei Warnschüsse ab, als er mit seinem Kollegen von Hooligans bedroht wurde.