Babuschen, Puschen, Pantoffeln: Als Hausschuhe sind sie bequem, für Furore sorgen sie als extravagant gestaltete Slipper oder hochhackige Mules. Slipper mit freier Ferse sind wieder in Mode.

Stuttgart - Dass Frauen eine Schwäche für Schuhe haben, ist bekannt. Dass sie aber willens sind, für Pantoletten an die 1000 Euro auszugeben, das überrascht dann doch. Dabei handelt es sich bei den It-Schläppchen der türkischen Nobelmarke Sanayi 313 nicht um hochhackige Mules, wie die Schlupfschuhe mit freier Ferse heißen, sobald sie über Stilettoabsätze verfügen. Vielmehr zeigt der Prospekt eines Kaufhauses flache Treter, deren Kappe mit goldglänzenden Stickereien und Bommeln verziert sind. Schon im vergangenen Sommer hatten Designer-Marken wie Celine, Gucci oder Acne flache Slipper mit geschlossener Vorderkappe und freier Ferse im Programm, die durch Metallschnallen und Lederfransen auf seriös machten. Diese sündteuren Schühchen sind nicht als schnöde Hauspantinen gedacht. Sie suchen den öffentlichen Auftritt.

 

Nun könnte man meinen, dass nach Turnschuh, Gesundheitslatsche, Zehensandale und Espadrille nun eben der Pantoffel eine späte Aufwertung erlebt. Ein Blick in die Kostümgeschichte zeigt jedoch: Schon früher entschieden Material und Aufmachung über den Gebrauch. Bestanden sie aus Filz und Seide, trug man Pantoffeln im Haus, während man in durch Kork oder Holz verstärkten Ledermodellen durchaus raus auf die Gass’ konnte.

Erotisch aufgeladen taugt der Pantoffel zum Fetisch

Es ist dieser Gegensatz zwischen geschlossen und offen, zwischen offiziell und privat, der Pantoffeln so reizvoll macht und die Fantasie beflügelt. Auch wenn die Vorderkappe der aktuellen Modelle vorgibt, ein College- oder Turnschuh, ein Pumps oder Halbschuh zu sein: wegen des fehlenden Fersenteils wird kein rechter Schuh draus. Dafür gibt die Fußbekleidung den Blick auf den Körper frei. Was das für frühere Generationen bedeutet hat, lässt sich nachlesen. Erotisch aufgeladen taugt der Pantoffel zum Fetisch.

Die Ursprünge des Schlupfschuhs liegen im Orient, wie die persische Bezeichnung „papusch“ belegt. Sie setzt sich aus „pa“ für Fuß und „pusch“ für Decke zusammen. Diese Papuschen waren mit Stickereien und Edelsteinen verziert und gelangten im 15. Jahrhundert nach Europa.

In Spanien und Venedig gewann der Schuhtypus als Stelzpantoffel, Chopine genannt, mächtig an Höhe. Die Plateausohle bestand aus Kork. Diese Sonderform der Pantoffel diente als Überschuh und blieb unter den langen Roben der Damen verborgen. Bemerkbar machte sich der Stelzschuh durch die wundersame Körperlänge seiner Trägerin dennoch.

Der französische Orient-Kult beförderte die Pantoffel-Mode

Solche Auswüchse dürfen nicht über die praktischen Aspekte hinwegtäuschen. Dazu gehören der geringere Materialverbrauch, die Toleranz bei der Passform durch das fehlende Fersenteil und die Möglichkeit, die Treter ganz ohne lästiges Bücken anzuziehen und abzustreifen. Dennoch hat der Schuh auch seine Tücken, wie schon Charles Perrault in seinem Märchen „Aschenputtel oder Das gläserne Pantöffelchen“ erzählt.

Im 18. Jahrhundert waren mit Absätzen versehene Pantoletten nicht mehr wegzudenken. Aus Seide gefertigt und bestickt wurden sie zu Statussymbolen adeliger Damen. Befördert wurde der Hang zu Pantoletten durch die französische Orient-Mode im 18. Jahrhundert. Hochgebogene Spitzen waren nun der letzte Schrei. Mit den Umwälzungen der Französischen Revolution schwanden nicht nur die Absätze, sondern auch die Pantoletten aus der Öffentlichkeit. An ihre Stelle traten Ballerina-Schuhe, rundum geschlossen. Schlupfschuhe ohne Fersenteil behaupteten sich als bequeme Hausschlappen.

Dass aus ollen Pantoffeln wieder schicke Pantoletten wurden, ist nicht zuletzt dem russischen Ballett des Impresarios Sergej Diaghilew zu verdanken. An den orientalischen „Scheherazade“-Kostümen von Léon Bakst orientierten sich zahlreiche Modemacher des frühen 20. Jahrhunderts, darunter auch der französische Schuhdesigner André Perugia, der unter anderem für Paul Poiret arbeitete. Seit den 1970er Jahren macht sich vor allem der spanische Schuhdesigner Manolo Blahnik um die Pantolette verdient und vereinte Tragekomfort mit extravagantem Aussehen.

Der Pantoffel als erotisches Symbol