Im Schulbeirat der Stadt Stuttgart kritisiert die Chefin des Staatlichen Schulamts das Schulgesetz. Das Kultusministerium rudert zurück – und keilt gegen die Stuttgarter Schulbürgermeisterin.

Stuttgart - Die verfahrene Situation um die drei Schulen, die im Herbst gern als Ganztagsschulen starten würden, aber nicht dürfen, hat am Dienstag auch im Schulbeirat zu heftigen Kontroversen geführt. Bei ihren Bemühungen, das Gremium über die Hintergründe der schwierigen Rechtslage aufzuklären, erhielt Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann (CDU) Unterstützung von Ulrike Brittinger, der Leiterin des Staatlichen Schulamts.

 

„Wir haben eine gesetzliche Regelung, die dem gesunden Menschenverstand und der jahrelangen Praxis widerspricht“, erklärte Brittinger. Bisher sei es möglich gewesen, dass Schulen den Ganztagsbetrieb schrittweise einführen durften, nämlich erst in Klassenstufe eins und nicht sofort in allen vier Klassenstufen auf einmal. „Von dieser Praxis wurde eklatant abgewichen, aber das wurde nicht formuliert“, sagte die Schulamtsleiterin im Blick auf das neue Schulgesetz. „Wir sind mit unseren Argumenten im Kultusministerium nicht durchgedrungen“, bedauert Brittinger. „Ich persönlich kann es nicht verstehen.“ Und nun sei die rechtliche Lage „leider eindeutig“.

Drei Schulen sollen ihren Ganztagsstart verschieben

Wie berichtet, sollen die Riedseeschule, die Schule Im sonnigen Winkel und die Grund- und Werkrealschule Stammheim ihren Ganztagsstart deshalb um ein Jahr verschieben – andernfalls beginge die Stadt nach Eisenmanns Auffassung Rechtsbruch. Das hat an den Schulen, aber auch bei den Eltern große Verärgerung ausgelöst. Die von der StZ veröffentlichte Aussage der Stammheimer Rektorin, dies sei nicht mit der Schule besprochen worden, wies Eisenmann zurück. Und versicherte: „Es gibt keine Betreuungslücke.“ Schließlich gebe es die flexiblen, aber kostenpflichtigen Betreuungsangebote. „Das einzige Problem wäre, dass den Eltern ein Jahr Verzögerung zugemutet werden müsste – das tut mir echt leid für die Eltern“, so Eisenmann.

Dass die Detailregelung im Gesetz der Stadt erst Ende Februar vorgelegt worden sei, wie Eisenmann sagte, mochten Nicole Porsch (CDU) und SPD-Fraktionschef Martin Körner nicht glauben. „So überraschend kann es ja nicht gewesen sein“, meinte Körner, „die Grünen haben in Stuttgart vier Landtagsmandate, die haben das Gesetz ja beschlossen“. Die Grünenstadträtin Gabriele Nuber-Schöllhammer hatte für die Misere eher Bedauern übrig – und stellte sich hinter Eisenmanns Vorschlag: „Wir raten den Schulen, ein Jahr später mit Klasse eins und zwei in den Ganztag einzusteigen.“ Auch Christian Walter (SÖS-Linke-Plus) sah „keinen Anlass“, an Susanne Eisenmanns Ausführungen zu zweifeln.

Kultusministerium: Eisenmanns Vorgehen „indiskutabel“

Unterdessen versucht das Kultusministerium zurückzurudern. Entgegen Ausführungen vom 27. März erklärte die Behörde am Dienstag, eine schrittweise Einführung des Ganztags im nächsten Schuljahr sei sehr wohl möglich, da sich „nach Informationen des Kultusministeriums nur Eltern mit Kindern in der ersten Klasse für die Ganztagsschule entschieden haben“. Eisenmanns Vorgehen sei „indiskutabel“.