Weil das Geschäft mit Schulbüchern stagniert, stärkt die Stuttgarter Klett-Gruppe ihr zweites Standbein. Der Schulbuchverlag setzt auf den Betrieb von eigenen Bildungseinrichtungen – von der Kita bis zur Fernhochschule.

Stuttgart - Die Ausgaben der öffentlichen Hand für Unterrichtsmaterialien schrumpfen, die Schülerzahlen sinken bedingt durch den demografischen Wandel sowie den Trend zur verkürzten Gymnasialzeit (G8) – Schulbuchverlage haben seit Jahren mit Umsatzeinbußen zu kämpfen. Neben ihrem Kerngeschäft setzt die Stuttgarter Klett-Gruppe darum mit dem Betrieb von institutionellen Einrichtungen wie Fernhochschulen, Schulen oder Kindergärten seit einiger Zeit auf sein zweites Standbein. Und diese Sparte will das Unternehmen nun noch forcierter ausbauen. „Das ist unser dynamisches Wachstumsfeld“, begründete Thomas Baumann, Klett-Vorstandsmitglied, die Strategie im Gespräch mit der Stuttgarter Zeitung.

 

Dafür hat Klett bereits im laufenden Jahr Akquisitionen in diesem Bereich getätigt: Die Gruppe kaufte Anfang 2015 die Best Sabel GmbH in Berlin, zu der Kindergärten und Grundschulen sowie eine Oberschule und eine Berufsakademie mit insgesamt 1600 Schülern gehören. Zudem beteiligt sich das Stuttgarter Unternehmen nun mit 50 Prozent an der Fröbel International GmbH, die Kindertagesstätten in Australien, der Türkei und in Polen betreibt. „Die Summe der Einrichtungen – von Krippen bis Schulen –, an denen wir inzwischen beteiligt sind, liegt bei über 140“, so Baumann.

Die Zahl der Studenten an den Fernhochschulen steigt

Wegen der Stärkung der Bildungseinrichtungen benötigt Klett künftig auch mehr Manpower. „Da wird die Gruppe in andere Mitarbeitergrößen hineinwachsen“, kündigt Baumann an. Inzwischen macht das Geschäft mit Bildungseinrichtungen knapp 30 Prozent des Gesamtumsatzes der Klett-Gruppe aus – und ist auch für deren leichtes Wachstum im vergangenen Jahr verantwortlich. So stieg der Umsatz 2014 gegenüber dem Vorjahr um zehn Millionen auf 459,9 Millionen Euro. Das Ergebnis vor Steuern konnte Klett im vergangenen Geschäftsjahr auf 16,3 Millionen Euro erhöhen (2013: 13,1 Millionen Euro).

Vor allem das Geschäft mit den Fernhochschulen, die unter dem Dach der Klett-Gruppe firmieren, habe sich gut entwickelt, berichtet Baumann. Insgesamt seien die Studentenzahlen in den letzten Jahren sehr stark gestiegen – auch im privaten Hochschul- und Fernhochschulbereich. Der deutschsprachigen Fernschulbereich stagniere hingegen, weil der Markt demografisch bedingt nicht mehr wachse. Auch die verschiedenen Verlagsaktivitäten des Bildungsunternehmens, auf die rund 70 Prozent des Gesamtumsatzes entfallen, stagnierten oder gingen laut Baumann leicht zurück. „Eine echte Sonderkonjunktur haben wir aber im Bereich Deutsch als Fremdsprache“, so der Klett-Vorstand. Hier konnte man Umsatzzuwächse im zweistelligen Prozentbereich verbuchen. Baumann führt das vor allem auf die starke Zuwanderung zurück.

Das Interesse an digitalen Medien ist noch verhalten

Seit geraumer Zeit bietet Klett seine Unterrichtsmaterialien auch in digitaler Form an. Mittlerweile gibt es beispielsweise rund 600 digitale Klett-Schulbücher. Doch auch wenn Apps oder der Duale Unterrichtsassistent, der die Einzelprodukte vom Lehrbuch, über den Lehrband und Arbeitshefte bis hin zu Audio- und Videomaterial enthält, gut ankämen, sei die Nachfrage nach digitalen Unterrichtsmaterialien insgesamt eher noch verhalten.

„In Summe müssen wir feststellen, dass all diese zusätzlichen Anstrengungen nicht mehr Umsatz bedeuten, sondern – wenn überhaupt – nur in Teilen in der Lage sein können, Ausfälle zu kompensieren“, sagt Baumann. Nichtsdestotrotz will die Klett-Gruppe auch weiterhin in den digitalen Bereich investieren, wie Baumann erläutert: „Die digitale Transformation verändert unser Geschäftsmodell. Wenn man seine Medienangebote nicht neu erfindet oder an die veränderten Bedürfnisse des Marktes anpasst und nicht den Produktionsprozess darauf ausrichtet, dann ist man im Wettbewerb in ganz großen Problemen.“