Der Werkrealschulzug der Lerchenrainschule steht vor dem Aus. Der Bezirksbeirat Süd ist sich jedoch einig, dass das Potenzial der Schule für den Stadtbezirk nicht verloren gehen darf.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Die Lerchenrainschule liegt dem Bezirksbeirat Wolf-Dieter Wieland (FDP) besonders am Herzen. „Ich muss noch einmal eine Lanze für die Schule brechen“, sagte er in der jüngsten Sitzung des Bezirksbeirat Süd. Und das tut er nicht nur, weil die Schule aus seiner Sicht gute Arbeit leistet. Der Süden sei ein Stadtbezirk mit fast 40 Prozent Migrationshintergrund. „Für viele Kinder ist das Gymnasium eine zu große Hürde“, sagte Wieland. Die Werkrealschule wäre für viele der richtige Einstieg ins Schulsystem. „Das ist heute auch sehr durchlässig.“ Und bei einem Stadtbezirk mit knapp 50 000 Einwohnern brauche man einen solchen Schulzweig.

 

Das sieht auch die SPD so. Deshalb hat sie nicht zum ersten Mal im Bezirksbeirat einen Antrag an die Stadtverwaltung gestellt, die zu diesem Thema Stellung nehmen soll. Dieser wurde von den anderen Fraktionen einstimmig unterstützt. So plädiert das Gremium nach wie vor für einen Erhalt der Lerchenreinschule. Deshalb fordern die Räte Antworten zur Situation der Werkrealschulen in ganz Stuttgart.

Das Ende des Werkrealschulzuges an der Lerchenrainschule – nicht jedoch das Ende der Grundschule in Heslach – gilt seit Frühjahr diesen Jahres als besiegelt. Nur neun Schüler hatten sich bis zum offiziellen Stichtag im vergangenen Frühjahr für den Werkrealschulzug angemeldet. Für eine Klasse wären aber 16 Schüler nötig gewesen.

Zum zweiten Mal hintereinander war damit keine Klasse fünf zustande gekommen. Im Vergleich: Für die Schickhard-Gemeinschaftsschule hatten sich 68 Kinder angemeldet. Dort ist man mit drei Eingangsklassen ins Schuljahr 2016/2017 gestartet.

Stadt soll Antworten zu Werkrealschulen liefern

Die SPD fordert nun einen Besuch von Vertretern der Stadt und des staatlichen Schulamtes im Bezirksbeirat. Entsprechend dem Antrag geht es unter anderem darum, ob die vorhandenen Realschulplätze nach Schließung zahlreicher Werkrealschulen noch ausreichen und wie groß die Klassen dann sein werden.

Die Lokalpolitiker wollen darüber hinaus wissen, ob im Stadtbezirk noch ein „adäquates Schulangebot“ für alle Kinder vorhanden ist – auch für Kinder aus den Vorbereitungsklassen sowie für Schüler, die ein sonderpädagogisches Bildungsangebot benötigen.

So hat es im Schuljahr 2015/2016 nach Angaben des Schulverwaltungsamtes noch 26 öffentliche, weiterführende Schulen mit Grund- und Werkrealschulzug, beziehungsweise Werkrealschule im Stadtgebiet gegeben. Von diesen konnten nicht einmal zehn eine Klasse fünf im derzeit laufenden Schuljahr bilden.

Rund 20 Stuttgarter Schulen sind deshalb von einem Rückbau betroffen. Für viele Schüler, die dennoch eine Werkrealschule besuchen wollen oder müssen, bedeutet dies einen längeren Schulweg. Oft wohnen die Schüler weiter weg von der neuen Schule. Auch diesen Punkt möchte die SPD mit ihrem Antrag geklärt haben: „Wo werden die neun Schüler, die bereits im März in der Lerchenrainschule angemeldet waren, letztlich beschult?“ Der Bezirksvorsteher Raiko Grieb (SPD) sieht es kritisch, dass künftig für viele Schüler deren Freizeit- vom Schulleben getrennt ist. Er hält es für sinnvoll, wenn Kinder in ihrem Viertel zur Schule gehen, um eventuell am Nachmittag auch dort betreut zu werden.

Denn gerade in der wichtigen Phase zwischen Schule und Berufseinstieg sei es notwendig, dass schwächere Schüler außerhalb der Schule aufgefangen werden. So hat sich die Mobile Jugendarbeit Süd auch um die Werkrealschüler der Lerchenrainschule gekümmert. Anfang des Jahres hatte die Einrichtung zum Beispiel zum ersten Mal eine Berufs- und Ausbildungsmesse in Kooperation mit Betrieben und Ausbildungsstätten aus dem Süden für Schüler aus dem Stadtbezirk organisiert. Wenn Schule und Freizeit nun künftig räumlich getrennt seien, ist auch die Bindung nicht mehr so stark, fürchtet Grieb.

Mit einer Schließung der Schule ginge viel pädagogische Kompetenz verloren

Ulrike Holch von der SPD hat noch anderweitige Bedenken: „Die Realschule ist inzwischen die anspruchsvollste Schulart. Sie muss mittlerweile ein Klientel bedienen, welches Schüler umfasst, die intellektuell von der früheren Hauptschule bis zum Gymnasium reichen.“ Dafür seien die Realschullehrer definitiv nicht ausgebildet. Die Lerchenrainschule wiederum habe sehr gute Lehrer, die seit Jahren erfolgreich mit herausfordernden Schüler arbeiten. „Dieses Potenzial darf für den Süden nicht verloren gehen“, fordert die SPD-Politikerin.

Wieland will den Werkrealschulzug der Lerchenrainschule insgesamt noch nicht aufgeben. Er forderte, dass die Schließung überdacht wird und erhielt spontan Beifall von den Bezirksbeiräten und Bürgern.