Das Staatliche Schulamt in Backnang hat zur Verteilung der Asylbewerber eine neue Koordinierungsstelle eingerichtet.

Rems-Murr: Phillip Weingand (wei)

Backnang - Die Schulpflicht gilt auch für junge Asylbewerber, die sich seit mindestens sechs Monaten in Deutschland aufhalten. Die neuen Schüler stellen Verwaltungen, Behörden und Pädagogen vor einige Herausforderungen. Das fängt damit an, dass vor Ort erst kurzfristig klar wird, ob unter den zugewiesenen Flüchtlingen überhaupt Kinder sind. „Wir versuchen, möglichst früh eine Beschulung hinzubekommen“, erklärt Sabine Hagenmüller-Gehring vom Staatlichen Schulamt Backnang.

 

Das Bildungsniveau unter Flüchtlingskindern klafft schwankt

Die Flüchtlingskinder besuchen sogenannte Vorbereitungsklassen (VKL). „Dort lernen sie in erster Linie die deutsche Sprache, aber auch ethische Themen kommen vor“, sagt Hagenmüller-Gehring. Also Grundsätze, was Demokratie und Toleranz angehe. Wurden an den Schulen im Rems-Murr-Kreis bislang rund 1200 Schüler in 71 VKL unterrichtet, sind es im neuen Schuljahr neun Klassen mehr – die genaue Schülerzahl steht erst im Lauf dieser Woche fest.

Die Hoffnung ist, dass die jungen Asylbewerber möglichst rasch in die Regelklassen wechseln können. „Unter den Flüchtlingen sind nicht wenige pfiffige und vorgebildete Kinder.“ Andere dagegen hätten deutlichen Nachholungsbedarf: Manche seien – zumindest in lateinischer Schrift – Analphabeten, andere haben laut Hagenmüller-Gehring noch nie einen Stift in der Hand gehabt, einige seien auch traumatisiert von den Erlebnissen in ihren Herkunftsländern

Bislang galt: Flüchtlinge im Alter über 15 Jahre wechseln auf eine Berufsschule oder das Gymnasium. „Das war aber nicht immer zielführend“, erklärt Hagenmüller-Gehring. Zum Beispiel seien dadurch Geschwisterpaare auseinander gerissen worden. Eine neue Koordinierungsstelle soll die Schüler jetzt sinnvoller verteilen.

Die Zahl der Vorbereitungsklassen ist stark gestiegen

Zahlen dazu, wie viele Asylbewerber nach welcher Zeit auf welche Schularten wechseln, existieren laut dem Schulamt nicht. Auf beruflichen Schulen besuchen die Asylbewerber Vorbereitungsklassen (Voba). Der Leiter des Schulplanungsamtes, Michael Vogt, erklärt, im kommenden Schuljahr rechne man mit 32 solcher Klassen . Zuletzt hatten 409 Flüchtlinge 27 Vabo-Klassen besucht. Im Jahr 2014 hatte es nur zehn Klassen gegeben.

Der Unterricht zielt zunächst darauf ab, dass die Flüchtlinge besser Deutsch lernen. Seit 2015 gibt es auch Analphabeten-Klassen. Wenn sie so weit sind, können die Flüchtlinge dann in reguläre Klassen eingegliedert werden. Vogt sieht noch einige Baustellen: So sei der regelmäßige Schulbesuch für einige noch ungewohnt.

Die Sprachbarriere koste Zeit. Erst nach einem halben bis ganzen Jahr werden die Asylbewerber aus den Vabo-Klassen an die regulären Klassen und später an Praktika oder eine duale Ausbildung herangeführt. „Wir stehen noch ganz am Anfang“, so Vogt.