Neu bei „Zeitung in der Schule“ (Zisch) in diesem Jahr ist ein Schwerpunkt auf dem elektronischen Bereich mit Online-Ausgabe und E-Paper. Aber das Printprodukt wird trotzdem nicht vernachlässigt. Anmeldeschluss ist der 6. Oktober.

Böblingen: Carola Stadtmüller (cas)

Stuttgart - Nicht immer sei das morgendliche etwa 20 Minuten dauernde Zeitunglesen erfolgreich gewesen im Sinne von: „Ich weiß jetzt, was in der Welt Wichtiges passiert ist und kann es einordnen.“ Das erzählt Doris Caumanns, die mehr als 30 Jahre Lehrerin an der berufsbildenden Kerschensteinerschule in Stuttgart war und seit Kurzem im Ruhestand ist.

 

Bei ihren Berufsschülern aus den Bereichen Werkstoffprüfung oder Ver- und Entsorgung, vorwiegend junge Männer, habe nämlich nahezu ausgelassene Begeisterung geherrscht, wenn in der Zeitung Werbung für Unterwäsche beigelegen habe. Dann hätten die Schüler erst mal ausführlich kichern müssen – Zisch kann also auch unterhalten. Aber das war für Doris Caumanns nicht der Grund, „ich weiß nicht, wie oft“ beim Projekt „Zeitung in der Schule“ der Stuttgarter Zeitung mitzumachen.

Seit mehr als 30 Jahren gibt es Zisch bei der Stuttgarter Zeitung. Allein im vergangenen Jahr haben mehr als 7000 Schüler aus der Region Stuttgart sämtlicher Schularten daran teilgenommen. Die Zisch-Ziele sind: die Tageszeitung kennenlernen, elektronisch wie gedruckt, ein Gefühl für Nachrichten, Kommentare, Meinungsbeiträge zu entwickeln, letztlich Medienkompetenz zu erwerben.

Das Projekt ist dreiwöchig und sechswöchig möglich, für untere Klassenstufen der weiterführenden Schulen ist dabei das kürzere Projekt geeignet. In den sechs Wochen Zisch ist die Arbeit mit der Zeitung etwas anspruchsvoller, aber natürlich gibt es auch besondere Höhepunkte, wie etwa den monatlichen Newsletter aus der Redaktion während des restlichen Schuljahrs oder das wöchentliche aktuelle Arbeitsblatt durch das Institut Promedia Maassen, mit dem die Stuttgarter Zeitung seit vielen Jahren bei der pädagogischen Betreuung des Projekts zusammenarbeitet.

Um das Projekt besser kennenzulernen, bietet die StZ allen Lehrern ein Vorbereitungsseminar am 24. Oktober im Pressehaus in Möhringen an. „Ein Schwerpunkt des Vorbereitungsseminars wird das digitale Programm werden. Wir haben ja zum ersten Mal das ePaper komplett für alle Lehrer zur Verfügung. Damit sie damit auch im Unterricht etwas anfangen können, wollten wir ihnen das ePaper an diesem Mittag live zeigen“, erklärt Wilhelm Maassen. Die Lehrer können Fragen stellen und sich einführen lassen in die digitale Welt der Stuttgarter Zeitung. Dabei ist für den erfahrenen Medienpädagogen klar: Man dürfe weder Schulen noch Lehrer überfordern. Maassen: „Es gibt aber Lehrer, die uns sagen, kommt uns nicht mit Digital, wir sind froh, dass die jetzt mal das Papier in die Hand nehmen.“

Anderer Rahmen als das „komische Netz“

Für Doris Caumanns war dieser Spagat auch immer ein Thema: „Das Internet wurde irgendwann als glaubwürdiger und echter betrachtet von meinen Schülern.“ Die Tageszeitung als Printprodukt sei weit weg für die jungen Erwachsenen. „Die digitalen Medien liefern Ereignisse in Echtzeit, da ist man live beim Erdbeben dabei, völlig irre.“ Was Hintergründe angehe oder Analysen, so habe sie oft den Eindruck gehabt, dass das die jungen Erwachsenen einfach immer weniger interessiere. „Ja, Zeitunglesen ist anspruchsvoll“, sagt sie.

Zisch gehört übrigens nicht nur in den Deutschunterricht: Doris Caumanns nahm die Zeitungsprojekt auch mit in den Gemeinschaftskundeunterricht, erläuterte Themen wie Presserecht, das Recht auf freie Meinungsäußerung oder Informationsfreiheit. So etwas wie einen Pressekodex einzuhalten, was Journalisten müssen, das sei ein ganz anderer Rahmen als in dem „komische Netz“, erklärte sie den Schülern.

Die Stuttgarter Zeitung bietet mit Zisch beides: die digitale Welt und den Qualitätsjournalismus, den die Leser bei einer klassischen Tageszeitung gewohnt sind; für junge Leute vielleicht eine ganz neue Erkenntnis. Und sie erleben bei Zisch eine Wertschätzung, so empfand es Doris Caumanns immer. „Ich kam morgens mit einem Stapel Zeitungen rein, da fragten die Schüler, ob ich einen Kiosk überfallen habe. Die Schüler staunten, dass sie persönlich und kostenlos eine Zeitung bekamen.“