Stuttgart braucht mehr Geld für die Sanierung seiner Schulen. Das räumt auch OB Schuster ein.

Stuttgart - Die bisher für die Sanierung von Schulen eingeplanten Mittel reichen bei weitem nicht aus. Das räumte OB Wolfgang Schuster am Dienstag vor der Presse ein, ebenso jahrelange Versäumnisse der Stadt bei der Bauunterhaltung. Die Folgen davon hat der Projektsteuerer Drees und Sommer im Auftrag der Stadt in einem Gutachten aufgelistet. 465 Schulgebäude wurden im Auftrag der Stadt unter die Lupe genommen. "Der überwiegende Teil ist mangelhaft", berichtete Technikbürgermeister Dirk Thürnau. "Wir haben einen Handlungsbedarf von 900 größeren Maßnahmen."

Die dringendsten Sanierungen müssen schon aus Sicherheitsgründen noch in diesem Jahr erfolgen. Kostenpunkt: 25 Millionen Euro zusätzlich. "Die bisher für dieses Jahr vorgesehenen 70 Millionen Euro reichen nicht aus", so Schuster: "Ich werde dem Gemeinderat vorschlagen, die 25 Millionen aus zusätzlichen Einnahmen zu finanzieren", erklärte Schuster im Blick auf die verbesserte Wirtschaftslage.

Insgesamt beziffert das Gutachten bei den Schulgebäuden einen Sanierungsbedarf von rund 350 Millionen Euro in den kommenden fünf Jahren - plus weitere 50 Millionen Euro für Überraschungen, die erfahrungsgemäß auftreten, etwa durch Dächer, die akut einzustürzen drohen, oder Asbest, der bei Sanierungen plötzlich zutage tritt. Die Stadt werde deshalb "auch über 2011 hinaus erhebliche finanzielle Anstrengungen" leisten müssen, so Schuster. Bereits im nächsten Doppelhaushalt, also für die Jahre 2012 und 2013, werde "ein großer Kraftakt" nötig sein, um die wichtigsten Vorhaben zu sanieren. "Mein Ziel ist es, für diese beiden Jahre jeweils 95 Millionen Euro für die Sanierung einzusetzen", sagte Schuster. Auch in den weiteren Haushalten würden zusätzliche Sanierungsmittel in einer Größenordnung von rund 50 Millionen Euro benötigt. "Wir könnten somit den Sanierungsstau in vier bis fünf Jahren abarbeiten."

Einstufung in vier Dringlichkeitsstufen


Die planerischen Voraussetzungen dafür hat der Projektsteuerer bereits entwickelt, nämlich eine Einstufung aller Gebäude in vier unterschiedliche Dringlichkeitsstufen. "Wir haben jetzt eine gute Objektdatenbank", sagte Thürnau, "die sollten wir pflegen." Auch Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann zeigte sich erfreut darüber, "dass wir jetzt einen guten Sachstand haben". Ziel sei, "dass wir solche Situationen wie jetzt künftig verhindern".

Entstanden ist die übergroße "Bugwelle" , weil die Stadt jahrelang viel zu wenig Geld in die Bauunterhaltung gesteckt hat, wie Schuster am Dienstag einräumte. Laut Thürnau beträgt der Richtwert hierfür 1 bis 1,5 Prozent des Wiederbeschaffungswertes der Gebäude. Man habe mit 17 Millionen Euro im Jahr (ein Prozent) hier zwar die untere Grenze erreicht, tatsächlich jedoch nur fünf bis sechs Millionen Euro im Jahr für Bauunterhaltung ausgegeben und mit dem Rest andere Aufgaben finanziert, etwa die Einrichtung von naturwissenschaftlich-technischen Räumen. Künftig, so Eisenmann, sollen 25 Millionen Euro jährlich für die Bauunterhaltung der Schulen bereitgestellt werden.

Bei Regen kein Sportunterricht


Die Folgen der jahrelangen Misswirtschaft bekommen die Schulen seit Jahren zu spüren. So fällt beispielsweise am Dillmann-Gymnasium seit zwei Jahren bei Regen immer wieder der Sportunterricht aus, weil das Dach undicht ist. Zwar sei es im vergangenen Jahr repariert worden, doch seit der Schneeschmelze vor einem Monat dringt wieder Wasser ein. "Dann muss der Sportunterricht komplett ausfallen, und der Lehrer unterrichtet dann in seinem anderen Fach im Klassenzimmer", berichtet der Schulleiter Manfred Birk. Doch das sei eigentlich mit Oberstufenkursen belegt. "Jetzt müssen wir im Halbjahreszeugnis sogar die Sportnoten aussetzen." Ursprünglich, so Birk, sei auch eine Innenrenovierung der Halle geplant gewesen, direkt nach dem Sport-Abitur. "Aber kein Häuslebauer baut sein Haus innen aus, solange das Dach nicht dicht ist- wir brauchen unbedingt eine rasche Sanierung der Halle."

Doch das brauchen viele andere Schulen auch. Darüber, wer bei der Sanierung Vorrang haben soll, berät am Mittwoch ein Unterausschuss des Gemeinderats. Doch diese Vorrangliste müsse noch mit den Plänen zur Schulentwicklung abgeglichen werden, so Eisenmann. "Wir haben 37 Schulstandorte, die wir hinterfragen." Das Ergebnis liege im Mai vor und soll bis Oktober in den Bezirken und Schulen beraten werden. Erst dann entscheidet der Gemeinderat.