Als erste Schule in Stuttgart hat das Ferdinand-Porsche-Gymnasium eine Internationale Klasse eingerichtet. In der zehnten Klasse werden alle Fächer in englischer Sprache unterrichtet, nur Sport und Chemie nicht.

Stuttgart - Wenn du heute einen guten Job finden willst, musst du Sprachen können“, sagt Nicolás Peña. Der 16-jährige Argentinier besucht deshalb für ein Jahr als Gastschüler die Internationale Klasse am Ferdinand-Porsche-Gymnasium in Zuffenhausen. In dieser zehnten Klasse werden alle Fächer in englischer Sprache unterrichtet, nur Sport und Chemie nicht. Deutsch lernen Nicolás und seine sieben Mit-Gastschüler aus Irland, Italien, Mexiko, Moldawien, der Mongolei, Tschechien und der Türkei natürlich auch – aber gesondert. Und ihre 22 Stuttgarter Mitschüler unterhalten sich inzwischen sogar in den Pausen auf Englisch. Mit diesem Schulversuch betritt das Porschegymnasium Neuland – als erstes Gymnasium in Stuttgart und als zweites im Land. Nur das Schillergymnasium in Marbach bietet Schülern eine solche Möglichkeit.

 

Die Voraussetzungen: gutes Englisch und Interesse

„Uns war es wichtig, dass unsere Schüler einen Gewinn davon haben“, sagt Sonja Schanz. Sie unterrichtet nicht nur Deutsch als Fremdsprache, sondern hat diesen Schulversuch am Porschegymnasium von langer Hand mitgeplant. Eigentlich ist eine solche Internationale Klasse für ein Gymnasium, das bereits zwei Klassen mit bilingualem Englisch-Profil führt, naheliegend. Kein Wunder, dass alle 22 Stuttgarter Teilnehmer aus dem Bili-Zug kommen, bei dem einzelne Fächer wie Erdkunde, Geschichte und Biologie auf Englisch unterrichtet werden. Denn als Voraussetzung für ihre Teilnahme an der Internationalen Klasse mussten die hiesigen Bewerber nicht nur gutes Englisch nachweisen, sondern insgesamt ordentliche Leistungen, angemessenes Sozialverhalten und Interesse an anderen Menschen und Kulturen.

„Leute kennenzulernen, die von wo ganz anders her kommen, stand für mich an erster Stelle“, sagt Anel Kojic, der regulär am Porschegymnasium ist. Und er ergänzt: „Englisch ist die wichtigste Sprache der Welt.“ Für die Gastschüler stehen naturgemäß andere Dinge im Vordergrund. „Ich wollte sehen, wie man in Deutschland lebt – und ich möchte mein Deutsch verbessern“, sagt Selene Franchini, die Italienierin. Für die Mexikanerin Mariana Corona ist hingegen wichtig, „neue Leute und Kulturen kennenzulernen – und Spaß zu haben“. Dass man sich als Jugendliche hierzulande viel freier bewegen könne als daheim, schon aus Sicherheitsgründen, kommt ihr entgegen. Dass sie in ihrer Gastfamilie mithelfen muss, etwa die Spülmaschine einräumen oder ihr Bett selber machen, daran habe sie sich erst gewöhnen müssen, räumt die Mexikanerin ein. Und Idertsogt Ganbaatar aus der Mongolei hat zum ersten Mal in seinem Leben Weihnachten gefeiert. Wie die anderen ist auch er über das Internet auf das Projekt aufmerksam geworden.

Das Konzept funktioniert bislang reibungslos

Mehr als 40 ausländische Bewerber hätten sich gemeldet, berichtet die Schulleiterin Christana Stengel. Mit 20 von ihnen habe man per Skype Auswahlgespräche geführt. Ihre Deutschkenntnisse hätten keine dabei Rolle gespielt. Ob dies in der zweiten Tranche so bleiben soll, überlege man noch, sagt Schanz.

Ansonsten funktioniere das Konzept reibungslos. Ungewöhnlich rasch habe sich eine Klassengemeinschaft gebildet, die ausländischen Schüler seien bestens aufgenommen worden. Auch die Sorgen von Stuttgarter Eltern hätten ausgeräumt werden können. Diese hatten zunächst befürchtet, durch den komplett auf Englisch gehaltenen Unterricht würden ihre Kinder in einzelnen Fächern überfordert – und unzureichend auf die Kursstufe vorbereitet.

Statt dessen stellen die Lehrer fest, dass ihre Schüler jetzt „viel motivierter“ sind, wie Klassenlehrerin Ulrike Bacher sagt. Das gebe auch ihr einen Extra-Kick. Die Stuttgarter Schülerin Alia Petzold formuliert das so: „Ich finde den Unterricht auf Englisch besser, ich versteh alles und ich fang an, alles auf Englisch zu denken. Das ist eine Umstellung fürs Gehirn, was Erfrischendes, Neues.“ Auch Frieda Weckerle beteuert, das Verstehen funktioniere doch genauso, nur eben auf Englisch. „Mein Kopf ist im englischen Modus“, sagt Laura Glöck. Unterdessen bereitet die Schule bereits die zweite Tranche vor. Denn auch im nächsten Schuljahr soll eine der zehnten Klassen wieder international werden. Einige Neuntklässler hätten bereits im Unterricht hospitiert, berichtet Bacher, und gleich mitgemacht. Schwierig ist es aber laut dem Vize-Schulleiter Kai Salmen, genügend Gastfamilien zu finden. Für viele sei es eine große Hürde, jemand Fremdes aufzunehmen, so Schanz. Die Schüler indes genießen das Zusammensein mit ihren Kameraden aus anderen Ländern und finden wie Anel den Gedanken schlimm, dass ihre neuen Freunde wieder gehen. Deshalb müsse man auch „so viel wie nur möglich gemeinsam mit ihnen machen“.