Bei einer Aktionswoche soll den Kindern Lust gemacht werden, zur Schule zu laufen, statt gefahren zu werden. Aber nicht nur die Schüler müssen überzeugt werden, auch so manche Eltern gehören zu den Adressaten.

Sillenbuch - Stolz präsentieren die Viertklässler ihre selbst gemachten Buttons. Die bunten Anhänger sollen ab jetzt jeden Morgen auf dem Weg zur Schule die Jacken der Kinder zieren. „Supergänger“ steht darauf oder „ Schulwegexperte“. Hinter den Bezeichnungen steckt die Motivation, die Kinder sicher durch den Verkehr zu bringen.

 

Unter dem Motto „ Wer zu Fuß geht, gewinnt“ will das Staatliche Schulamt gemeinsam mit insgesamt 29 beteiligten Schulen nicht nur den Kinder zu mehr Selbstständigkeit verhelfen, sondern auch an die Eltern appellieren, ihre Kinder den Schulweg alleine gehen zu lassen. Auch die Deutsch-Französische Grundschule in Sillenbuch hat sich an der Aktion beteiligt.

Eine Woche lang drehte sich im Unterricht alles um den eigenen Schulweg. „Das gemeinsame Laufen zur Schule ist für die Kinder eine wichtige Erfahrung“, sagt die Schulleiterin Damaris Scholler. Sie ist begeistert von der veränderten Verkehrssituation, seitdem die Aktion am vergangenen Montag begonnen hat. „Es ist unglaublich, wie entspannt und gelöst hier morgens alle zur Schule kommen“, erklärt sie erstaunt. Vor der Aktion habe es auf der Straße vor dem Schulgebäude ein Verkehrschaos gegeben, erzählt Scholler.

Preis für die laufwütigste Klasse

Der Schulleiterin ist eine gute Verkehrserziehung wichtig. Die Kinder lernen in den Klassen ihren Schulweg und den der anderen spielerisch auswendig. Auf Schulweg-Rallyes gehen sie gemeinsam die unterschiedlichen Wege ab. „Ich gehe am liebsten mit meinen Freunden in die Schule“, sagt die neunjährige Noa. Sie wohnt in Sillenbuch und läuft daher schon immer zu Fuß zur Schule. Für manche wäre der Fußweg aber einfach viel zu weit. „Ich wohne in Rohr. Den ganzen Weg kann ich nicht laufen, da würden mir ja die Füße wehtun“, stellt die zehnjährige Emilia fest. Kinder, die in der näheren Umgebung wohnen, treffen sich morgens, um gemeinsam zur Schule zu laufen. Jeder Schüler sammelt dabei für seine Klasse Laufpunkte. Am Ende der Woche erhält die laufwütigste Schulklasse dann einen Preis.

Viele Eltern unterstützen das Projekt und verteilen sogar Flyer vor der Schule. Die Aktionswoche soll aber vor allem Helikopter-Eltern zeigen, wie wichtig es für die Kleinen ist, selbst zur Schule zu laufen. Bei manchen stößt das Projekt auf Unverständnis. Besonders für französische Familien ist dieser Ansatz neu. „In Frankreich werden die Schüler entweder mit dem Schulbus abgeholt oder direkt vor das Schulgebäude gefahren“, erklärt Benedicte Ehmann. Sie ist gebürtige Französin und wohnt in Degerloch. Sie kann es gut verstehen, wenn Eltern nicht wollen, dass ihre Kinder den weiten Weg alleine zurücklegen. „Ich habe meine Kinder auch immer nach Sillenbuch gefahren, es gibt hier ja keinen Schulbus“, sagt die Mutter.

Laufgruppen haben Signalwirkung

Auch dafür hat die Aktion nun eine Lösung gefunden: Wer wie Emilia von weit herkommt, kann sich zu Mitschülern fahren lassen, die in Sillenbuch wohnen. Von dort können die Kinder dann gemeinsam zur Schule laufen. Für Autofahrer haben diese Laufgruppen eine größere Signalwirkung. Auch die Buttons an den Jacken der Kinder kennzeichnen die Schüler als selbstständige Verkehrsteilnehmer.

Sare fährt ihren Schulkameraden gerne mit dem Roller davon. „Ich bin aber nicht immer die Erste“, ruft sie. Die Zehnjährige hat deshalb auch einen Rollerfahrer auf ihren Button gemalt. Der kleine Tim will seinen Anhänger ab jetzt immer tragen und damit ein Zeichen setzten. Darauf steht schlicht: I love walking, ich liebe laufen.