Seit Kurzem steht ein gelber Turm auf dem Schwabenplatz in Stuttgart-Vaihingen und sorgt nicht nur bei Kindern für neugierige Blicke. Wir haben geschaut, was es mit dem Turm auf sich hat.

Vaihingen - Der gelbe Turm ist jetzt schon eine Attraktion auf dem Schwabenplatz. Noch keine Woche hat er seinen Platz zwischen Schwabengalerie und Häussler-Bürgerforum eingenommen. Trotzdem wuseln zahlreiche Kinder um das kleine Häuschen herum und klopfen neugierig an die Fenster. Und auch die Erwachsenen beobachten den Neuankömmling genau. Übehaus, so nennt sich der fünf Meter hohe Bau. Hier sollen heimatlose Musiker einen Ort zum Proben finden. Das Übehaus kann kostenlos genutzt werden. Vorher muss man sich unter www.uebehaus.com registrieren, am Telefon vorstellen und kann dann den gelben Turm nach Belieben reservieren. Über einen Zahlencode, den man an der Eingangstür eintippt, wird einem Einlass gewährt.

 

Das Innere des Übehauses erinnert an eine Bienenwabe. Das Licht fällt angenehm durch die 210 gelben Holzkästen, die nach innen offen sind. Es riecht nach Holz, die Retro-Glühbirnen geben warmes Licht ab. Es gibt Strom, ein elektrisches Klavier und genug Platz für eine Handvoll Musiker. Für den Winter soll noch eine Heizung installiert werden. Ist die Türe erst einmal zu, bekommt man das, was draußen vor sich geht, nur noch gedämpft mit.

Probenräume sind rar und oft teuer

Die Idee für das öffentliche Probehäuschen hatte Nicola Missel. Sie ist selbst Musikerin und kennt das Problem, mit ihrer Tuba einen ungestörten Platz zum Üben zu finden. Mit ihrer Band Impala Ray ging das anfangs so weit, dass im Waschsalon musiziert wurde. Das Problem: Proberäume in der Stadt sind nicht nur schwer zu finden, sondern oft auch extrem teuer. Das Übehaus soll Abhilfe schaffen und gleichzeitig ein Statement setzten. „Wir wollen Bewusstsein schaffen für den Probenraummangel und zeigen, dass das Üben in der Öffentlichkeit eine Bereicherung ist“, sagt Missel. Im Zuge ihrer Masterarbeit an der Universität Stuttgart entwarf sie den mobilen Proberaum.

Es ist die zweite Station für das Projekt. Vorher war das Übehaus auf dem Leonhardsplatz im Zentrum von Stuttgart aufgebaut. Es soll aber keine feste Installation sein – das ist baurechtlich ohnehin schwierig – sondern immer wieder umziehen. Bis Ende Februar wird es erst einmal vor der Schwabengalerie bleiben, danach zieht es nach Esslingen.

Schwabengalerie und Musikschule sind Kooperationspartner

Besonders attraktiv am neuen Standort seien die Kooperationspartner: „Die Schwabengalerie trägt die Kosten für den Strom und übernimmt die Reinigung“, sagt Missel. Eine große Erleichterung für sie und ihre freiwilligen Helfer. Thomas Nagelschmitz, der Centermanager, freut sich über den Zuwachs vor dem Einkaufszentrum. „Ich finde es eine fantastische Idee“, sagt er. Die Musiker, die im Übehaus proben, werden auch immer wieder die Möglichkeit bekommen, in der Schwabengalerie aufzutreten, so Nagelschmitz.

Die dritte im Bunde ist die Stuttgarter Musikschule, die unter anderem im Bürgerforum am Schwabenplatz probt. Bezirksleiterin Katharina Künstler gab den Impuls, das Projekt nach Vaihingen zu holen. „Der Schwabenplatz wird im Winter kaum genutzt, es ist ein toter Platz“, sagt sie. Das Übehaus soll dem Ort neues Leben einhauchen und die Musikschule um einen Raum erweitern. „Die Schüler können hier unterrichtet werden, üben und zusammen musizieren“, sagt Katharina Künstler. Die Geigenlehrerin hat jetzt schon ein Programm für Veranstaltungen im gelben Bau zusammengestellt. Geplant sind zum Beispiel offener Unterricht und weihnachtliches Musizieren.

Das Übehaus bringt den Leuten einen Mehrwert

Von so viel Zuspruch ist Nicola Missel begeistert. Das Projekt wurde fast ausschließlich durch Förderer finanziert, Auf- und Abbau und alles Weitere ehrenamtlich erledigt. Das Material im Wert von rund 20 000 Euro wurde gespendet, die Organisation macht Missel neben Job und Band auf eigene Faust. Bisher blieb am Ende noch kein Geld übrig. „Es ist ein Baby, das man in die Welt gesetzt hat und um das man sich dann auch kümmern muss“, sagt die Koordinatorin und lacht. Was sie immer weiter antreibt, sind die Nutzer und Freunde des Übehauses: „Wir haben hier etwas geschaffen, das den Leuten einen Mehrwert bringt. Das motiviert mich“, sagt Nicola Missel.

Am Samstag, 21. Oktober, um 11 Uhr wird das Übehaus auf dem Schwabenplatz eröffnet. Es werden Ensembles der Musikschule spielen, die Schwabengalerie übernimmt das Catering. Missel und ihr Team haben ein Übehaus-Quiz vorbereitet. Im Anschluss können die Besucher noch bleiben und den gelben Turm in aller Ruhe begutachten.