1978 hat die Stadt das Badeverbot für den Neckar verhängt. Die örtliche CDU fordert nun die Aufhebung. Erlaubt wäre das Schwimmen aufgrund des Schifffahrtsrechts trotzdem nicht überall. Eine Übersicht über die Rechtslage.

Bad Cannstatt - Eine Abwehrhaltung nennt es Roland Schmid. Schon im Jahr 2012 hatte die CDU-Gemeinderatsfraktion auf Bestreben des Sprechers der Bad Cannstatter Christdemokraten bei der Stadt angefragt, ob das 1978 auferlegte Badeverbot für den Neckar und den Max-Eyth-See für den Fluss denn nicht mittlerweile hinfällig sei. Die Wasserqualität habe sich enorm verbessert. Doch die Stadt erteilte der CDU eine Abfuhr. Diese kategorische Ablehnung „ist mir zu wenig“, sagt Schmid. Deshalb versucht er es nun erneut. In einem Antrag fordert die Fraktion, dass die Stadt das Badeverbot aufheben soll – und stellt sogar deren Befugnis in Frage.

 

Die bereits realisierten Uferrenaturierungen hätten die Menschen wieder näher ans Wasser gebracht, argumentieren die Christdemokraten in dem Papier. Gegenüber der Anlegestelle des Neckar-Käpt’n oder auch um das Viadukt könne man mittlerweile gut ins Wasser gehen und auch wieder herauskommen, sagt Roland Schmid – und widerspricht damit der Aussage der Stadt von 2012, Schwimmer würden am steilen Ufer nicht mehr aus dem Wasser kommen. Auch auf die Wasserqualität bezieht sich die Bad Cannstatter CDU: „Der Erlass des Badeverbots liegt nun 37 Jahre zurück, und es hat sich in der Wasserqualität einiges verändert und verbessert“, schreibt sie. Zur Befugnis der Stadt heißt es: Es stellt sich die Frage, „ob es überhaupt in die Zuständigkeit der Stadt Stuttgart fällt, ein Badeverbot zu erlassen oder ob hierfür nicht der Bund mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt zuständig wäre.“

Der Neckar gehört dem Bund

Letztere Frage kann Walter Braun, der Leiter des Wasser- und Schifffahrtsamtes Stuttgart, nach einigem Paragrafen-Wälzen nur mit „Jain“ beantworten. Aufgedröselt sehe es folgendermaßen aus: Was den Schutz der Schwimmer vor den Gefahren durch die Schifffahrt betreffe, habe die Stadt keine Befugnis, etwas zu verbieten. „Sie darf nicht in meine Rechtshoheit eindringen“, sagt Braun. Denn der Neckar gehöre dem Bund und der habe seine eigenen Regeln aufgestellt: In der Binnenschifffahrtsstraßenordnung steht zum Beispiel, dass hundert Meter ober- und unterhalb eines Wehres, einer Brücke, einer Hafeneinfahrt oder einer Anlegestelle Schwimmen verboten sei. Ebenso dort, wo seine Behörde entsprechende Schilder aufstelle. Für die Betriebsanlagen wie Wehre oder Schleusen treffe seine Behörde mit der Betriebsanlagenverordnung auch eigene Richtlinien.

„Bliebe das Wasserhaushaltsgesetz“, erklärt Walter Braun. Darauf beruft sich die Stadt in ihrer Rechtsversordnung von 1978. „Aus Gründen des Wohls der Allgemeinheit [...], des Schutzes der Natur oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche [...] Ordnung, können die Wasserbehörden und die Ortspolizeibehörde durch Rechtsverordnung oder im Einzelfall“ das Schwimmen beschränken oder verbieten, heißt es im entsprechenden Paragrafen des Gesetzestextes.

Zweifel an den Begründungen

Rechtlich sei die Stadt damit auf der sicheren Seite – ob das Schwimmen nun eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstelle oder den Naturschutz gefährde, „daran können sich die Geister scheiden“, sagt Braun. Er persönlich habe daran Zweifel. Dennoch betont er, dass der Neckar zwar „Quantensprünge in Sachen Wasserqualität“ gemacht habe, jedoch an einigen Stellen sehr eng sei. „Und wenn Enge entsteht, gibt es immer Konflikte“, warnt er. Aufgrund von Schiffverkehr und Strömung sei der Fluss maximal ein Trainingsort für geübte Schwimmer, aber keinesfalls ein Gewässer zum unbeschwerten Planschen.

Die Stadt verweist auf Nachfrage erneut auf die Antwort aus dem Jahr 2012. Auch im vergangenen heißen Sommer habe es immer wieder Anfragen gegeben, ob nicht im Neckar gebadet werden dürfe, berichtet der Sprecher Fabian Schlabach. Trotz der gestiegenen Wasserqualität „ist nicht daran zu denken“, sagt er. Die Keimbelastung sei noch immer zu hoch. Was die Befugnis für das Verbot angeht, werde das Rechtsamt den Gesetzestext noch einmal eingehend prüfen, verspricht die Stadt nach der Konfrontation mit den Zweifeln des Experten vom Wasser- und Schifffahrtsamt.

Für Roland Schmid ist es dafür höchste Zeit. Das Thema sei nicht mehr aufzuhalten. Immerhin hat Oberbürgermeister Fritz Kuhn höchstpersönlich im Sommer seinen Masterplan für den Fluss verkündet. Demnach sollen weitere interessante Uferzugänge entstehen. Schmid versteht, dass die Stadt „Angst vor der Verantwortung hat.“ Die müsse sie aber gar nicht tragen, denn eine Aufhebung des Verbots sei ja noch immer keine Empfehlung.