Nach den Anschlägen von Paris spielen die Scorpions aus Hannover als eine der ersten internationalen Bands wieder ein Großkonzert in der französischen Hauptstadt. Sänger Klaus Meine verspricht im Interview in Paris „ein Fest des Lebens“.

Paris - Ein Konzert in Paris ist für die Scorpions immer etwas Besonderes. Hier haben sie 1984 die Riesenhalle Bercy eingeweiht. Mit Blick auf die Pariser Terrorattacken soll das aktuelle Konzert für Sänger Klaus Meine vor allem eines zeigen: Solidarität mit den französischen Fans.

 
Die Scorpions haben oft in Paris gespielt. Wie fühlt sich die Stadt nach den Anschlägen an?
Das ist schon ein bedrückendes Gefühl. Diese Frankreichtour ist überschattet von diesen traurigen, schrecklichen Ereignissen hier in Paris. Wir haben uns sehr intensiv mit der Frage auseinandergesetzt: spielen wir diese Tour, spielen wir in Bercy? Nach intensiven Gesprächen mit unserem französischen Promoter haben wir nicht lange überlegt.
  
Was war die Konsequenz?
Wir haben gesagt: Wir kommen, wir spielen. Die Konzerte - besonders das in Paris - werden ein Fest fürs Leben. Damit wollen wir gleichzeitig unsere Solidarität mit unseren französischen Freunden unterstreichen.
Gab es Diskussionen in der Crew?
Von unserer Seite war es ganz klar, dass wir diese Tour spielen. Was uns interessiert hat: Ist die Sicherheit für unsere Fans, für die Band und die Crew, für alle Mitarbeiter gewährleistet? Man hat uns gesagt, dass die Sicherheitsvorkehrungen für alle Konzerte in Frankreich - und besonders für das in Paris - hochgefahren werden und das alles unternommen wird, was in Sachen Sicherheit umsetzbar ist.
Es gab nach den Anschlägen schon ein Konzert in Frankreich.
Diese Tour hat am Samstag in Lille angefangen und es war einfach großartig zu sehen, wie die französischen Fans trotz dieser sehr schwierigen Situation zusammenstehen. Es ist sehr berührend, wenn man auf der Bühne steht und die Fans große Banner hochhalten: „Thank you Scorpions for healing our wounded hearts“.
Es geht also nicht nur um Musik?
Wir kommen natürlich auch, um sehr respektvoll mit der Situation umzugehen, respektvoll mit der Ereignissen vor wenigen Tagen hier in Paris, dieser Tragödie. Gleichzeitig aber wollen wir das auch nicht symbolisch überhöhen, sondern wir wollen einfach unseren Beitrag leisten - und das ist sicher nur ein kleiner Beitrag - diese Tour zu spielen, die Konzerte zu spielen. Wir wollen unseren Fans hier in Paris und in all den anderen Städten die Möglichkeit geben, für einen Augenblick, für diese zwei Stunden die Realität auszublenden und ein Fest des Lebens zu feiern. Ein Ja für das Leben und ein Ja dafür, dass wir uns nicht unterkriegen lassen. Und dass wir uns unsere Lebensart nicht verbieten lassen wollen.
Was hat die Absage des Länderspiels in Hannover, der Heimatstadt der Scorpions, für die Band bedeutet?
Ich hatte mich auf das Fußballspiel in Hannover gefreut als Fußballfan und aber auch, um nicht zuletzt in Hannover Flagge zu zeigen und zu sagen, ok, da werde ich dabei sein. Wir waren dann alle ganz entsetzt. Das hat noch einmal deutlich unterstrichen, dass diese Anschläge hier in Paris uns alle treffen.
Eine der Attacken von Paris war während eines Konzerts. Was heißt das für die Scorpions?
Man geht mit gemischten Gefühlen zu Großveranstaltungen in diesen Tagen, sei es beim Sport, zum Fußball oder auch Musikveranstaltungen. Wenn man bedenkt, dass im „Bataclan“ so viele junge Menschen ums Leben gekommen sind, nur weil sie bei einem Rockkonzert waren - das trifft uns alle mitten ins Herz. Trotzdem ist es schön zu sehen, dass besonders die Franzosen soviel Stärke zeigen und sagen: wir lassen uns nicht unterkriegen! Wir versuchen, ein kleines bisschen dazu beizutragen, damit wieder ein kleines Stück mehr Normalität Einzug erhält in unser Leben.
Haben die Scorpions das Programm nach den Anschlägen geändert?
Wir spielen das Programm, wie es geplant war. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob es in dieser Situation angebracht ist, Songs wie „Dynamite“ zu spielen. Wir haben uns aber entschieden, unser Programm zu lassen, wie es ist. Das wollten wir uns zum einen nicht von außen diktieren lassen. Zum anderen kommen unsere Fans, um unsere Show zu sehen. Ich weiß, wie viel das unseren französischen Fans bedeutet.
Ein besonderer Moment?
Wir erklären uns solidarisch, aber wir wollen es nicht symbolisch überhöhen. Es ist eine Rockshow, und wir wollen zusammen mit unseren Fans einfach einen geilen Abend haben: Ein Statement für das Leben!
Gibt es dennoch eine Message an die Fans?
Natürlich kann man so ein Konzert nicht spielen, ohne auf diese Situation mit ein paar Worten einzugehen. Wir werden das unterstreichen: wir fühlen uns alle bedroht, wir fühlen uns alle angegriffen, es hat uns alle verletzt. Trotzdem wollen wir gemeinsam ein Zeichen setzen, zusammen singen und dabei auch all die Opfer und ihre Hinterbliebenen, ihre Familien mit einbeziehen. Wir werden die Akustiknummer „Send me an angel“ spielen und unsere französischen Fans werden ganz besonders mitsingen. Wir werden all die Menschen, die ihr Leben gelassen haben bei diesen schrecklichen Anschlägen, im Herzen haben und diesen Song zusammen mit unseren französischen Fans performen für die Opfer und ihre Angehörigen

Zur Person

Klaus Meine (67), ist seit 1969 Leadsänger der aus Hannover stammenden Hardrock-Band Scorpions. Er schreibt auch viele der Songs. Aus seiner Feder stammt unter anderem „Wind of Change“, das berühmteste Lied der international gefeierten Band. Aktuell sind die 1965 gegründeten Scorpions auf einer Welttour zum 50. Jubiläum auf der Bühne.