Am Freitag ist der StZ-Kolumnist Gerhard Raff mit dem Sebastian-Blau-Ehrenpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. In einer launigen Laudatio schilderte Werner Mezger, wie er dem Historiker, Theologen und Degerlocher aus Überzeugung vor Jahrzehnten erstmals begegnete.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es ist eine erlauchte Gesellschaft gewesen, die sich in der Andreaskirche zu Uhlbach eingefunden hat, um „dem Festochs’ Schmotz om d’ Backa z’schmiera“. Der sich auf diese Art rustikal äußerte, heißt Wolfgang Wulz und ist Vorsitzender des Vereins Mundart e.V. Jener wiederum, den Wulz angesprochen hat, weiß das derbe Wort durchaus zu schätzen: Gerhard Raff, Bestsellerautor („Herr, schmeiß Hirn ra“) und seit mehr als vierzig Jahren Kolumnist der Stuttgarter Zeitung.

 

Am Freitagabend ist der Historiker, Theologe und Degerlocher aus Überzeugung mit dem erstmals vergebenen Sebastian-Blau-Ehrenpreis für sein Lebenswerk ausgezeichnet worden. In einer launigen Laudatio schilderte Raffs früherer Kommilitone Werner Mezger, der es auf den Lehrstuhl für Landeskunde an der Uni Freiburg geschafft hat, wie er dem „blitzgescheiten Kerle“ an der ehrwürdigen Universität zu Tübingen erstmals begegnet ist.

Er bringt Dialekt und Dialektik zusammen

Raff, der Ältere der beiden, sei praktisch der einzige Student gewesen, der schwäbisch mit ihm geschwätzt habe, erzählte Mezger, der aus Rottweil stammt und sich immer darüber gewundert hat, wie eklatant der Anteil schwäbisch parlierender Zeitgenossen abgenommen habe, je näher man den Hörsälen gekommen sei. Dort, am vermeintlichen Hort der Intelligenzia, sei gepredigt worden, dass Dialekt und Dialektik gar nicht zusammenpassten. Doch wie oft habe sich später herausgestellt, „dass viele Möchtegern-Hannoveraner aus Kleinengstingen angereist waren“.

Gerhard Raff sei anders gewesen. Geprägt von seinem geistigen Ziehvater Hansmartin Decker-Hauff, der in Tübingen das Institut für geschichtliche Landeskunde leitete, habe der „brillante Historiker“ Raff bis heute zwar einen „tiefen Respekt vor manchen Persönlichkeiten aus dem Haus Württemberg“. Vor anderen aber, vorzugsweise vor solchen, die im Stuttgarter Rathaus säßen, habe er überhaupt keinen Respekt – und das spürten die dann auch.

Sein Honorar kriegt der, der es dingend braucht

Mit seinen auf schwäbisch verfassten Kolumnen und Büchern habe Raff Pionierarbeit geleistet, sagte Mezger, „und er hätte damit Millionär werden können“. Ist er aber nicht. Denn abgesehen vom Lohn, den er von der StZ für seine dienstags erscheinenden Beiträge erhält, spendet Raff seit Jahren seine gesamten Einkünfte – mal für soziale Zwecke, mal für den Unterhalt von historischen Gebäuden. Zudem hat er bisher 23 Stauferstelen finanziert, die in ganz Europa an das Adelsgeschlecht erinnern. Mehr als zehn Millionen Euro sollen das über die Jahre gewesen sein, berichtete Mezger und nannte Gerhard Raff so, wie der Geehrte sich selbst am liebsten bezeichnet, „einen Benefizschwätzer“.

Ganz rot sei er geworden ob all des Lobes, bekannte Raff später bei seinen Dankesworten, die ihm, sichtlich gerührt, ungewöhnlich schwer fielen. Aber Raff wäre nicht Raff, wenn er nicht selbst etwas zu verschenken gehabt hätte: eine Sonnenbrille an den Mundart-Vorsitzenden Wulz, ein Paar Lederhandschuhe an den Laudator Mezger. Beide Gegenstände habe er einst aus dem Hausstand von Josef Eberle alias Sebastian Blau gerettet, als dieser nach dem Tod des Poeten und Herausgebers der Stuttgarter Zeitung aufgelöst wurde. Ein seltenes Buch aber, das Raff am Freitag auch dabei hatte, werde er behalten: Es stammt von Sebastian Blau und enthält eine persönliche Widmung des Dichters.