Secondhand-Kleidung für Kinder ist günstig und enthält weniger Schadstoffe als Neuware. Stuttgarter Geschäfte, die sich auf gebrauchte Klamotten spezialisiert haben, konkurrieren mit Flohmärkten und Internet-Auktionen.

Stuttgart - Kinderkleidung einzukaufen, macht Spaß. Allein der Anblick winziger Strampler, cooler Mini-Jeans oder süßer Kleidchen versetzt Eltern, Großeltern oder Paten in Entzücken. Kinderkleidung einzukaufen, ist aber auch teuer: mal sind die Pulloverärmel schon nach wenigen Wochen zu kurz, mal hängt der Schneeanzug nach einem milden Winter kaum benutzt im Schrank.

 

Deshalb ist es kein Wunder, dass Kinderkleidung immer schon weitergegeben wurde. Früher wanderten Hosen oder Jacken durch ganze Großfamilien – heute gibt es häufig nur wenige Kinder in der Verwandtschaft. Was liegt da näher, als sich in Kinder-Secondhand-Shops einzudecken – und gebrauchte Kleidung dort auch wieder abzugeben? Trotzdem gibt es in Stuttgart nur drei kommerziell betriebene Läden, die sich auf gebrauchte Kleidung für Kinder spezialisiert haben.

Zauberwald heißt das Geschäft von Angelika Götz unweit des Marienplatzes. An der Tübinger Straße ist in den vergangenen Jahren ein richtiges Cluster für gebrauchte Klamotten entstanden: nebenan betreibt die Schwester von Götz einen Laden für erwachsene Frauen, um die Ecke ist die bekannte Boutique Second Dreams. Vor zehn Jahren hat Götz ihren Laden eröffnet und verkauft neben Kleidung auch Spielzeug, Kinderbücher, Autositze oder Hochstühle. „Sehr gut laufen auch Kinderwagen“, erzählt Angelika Götz. Das ist kein Wunder: der Neupreis für angesagte Modelle wie den wendigen Bugaboo liegt bei über tausend Euro. Und viele Eltern wollen einen gebrauchten Kinderwagen lieber im Laden als im Internet kaufen, weil sie ihn ausprobieren möchten.

Auch Luxusmarken haben eigene Linien für Kinder

Andere kaufen und verkaufen gebrauchte Kinderbekleidung vor allem im Internet – oder auf Flohmärkten. Allein an diesem Wochenende finden in der Region Stuttgart drei Dutzend statt, vom Zwillingsbasar in Hemmingen (Landkreis Ludwigsburg) bis zum Windelflitzerbasar in Korb (Rems-Murr-Kreis). Secondhand-Shops müssen sich gegen diese Angebote behaupten.

Cornelia Kaufmann setzt dabei vor allem auf Exklusivität und Beratung. Ihr Geschäft Der kleine Prinz an der Neuen Weinsteige ist von außen eher unscheinbar, Laufkundschaft verirrt sich selten hierher. Doch hinter der Tür öffnet sich eine ganz eigene Welt: von der Decke hängen glänzende Stoffbahnen, ein Sofa verschwindet unter neu angelieferten Kleiderstapeln, an der Kasse hängt eine ausgefallene Mädchenjacke mit Pelzbesatz der Marke Oilily. Kinderkleidung von günstigen Ketten – H&M etwa oder C&A – findet man in dem Laden nicht. Cornelia Kaufmann hat sich auf Designerkleidung für Kinder und erwachsene Frauen spezialisiert. Der kleine Prinz ist der älteste Kinder-Secondhand-Shop Stuttgarts, es gibt ihn bereits seit 1975. Kaufmann hat viele Stammkundinnen, „eine fährt sogar vom Starnberger See hierher“, erzählt die Inhaberin stolz.

Viele Kleidermarken haben in den vergangenen Jahren eigene Linien für Kinder und sogar für Babys aufgelegt. Und so findet man bei Kaufmann kleine Gucci-Schuhe und einen pastellfarbenen Mini-Schneeanzug der Pariser Edelmarke Chloé. „Gut laufen auch die klassischen gestreiften Shirts von Petit Bateau“, berichtet Kaufmann. Die französische Marke, deren Name „kleines Schiff“ bedeutet, ist unter jungen Eltern beliebt, der Neupreis für einen Strampler liegt allerdings bei 40 Euro. „Eltern oder Großeltern kaufen aber häufig nicht nur wegen des Preises bei mir ein“, sagt Kaufmann. „Für sie ist es auch wichtig, dass bei gebrauchter Kleidung die Schadstoffe bereits herausgewaschen sind.“ Andere lehnen die Wegwerf-Mentalität ab, die sich durch billige Textilien immer weiter verbreitet.

Praktische Hilfe mit dem Autositz

Wieder andere schätzen die praktische Hilfe, die sie in Secondhand-Shops erhalten. „Was glauben Sie, wie vielen Großmüttern ich schon den Autositz eingebaut habe?“, fragt Annette Jeddi. Im Stuttgarter Osten steht sie im Laden s’Windrad hinter der Kasse, Inhaber ist ihr Mann. Es gibt kaum etwas, was es im Geschäft nicht gibt: neben Kinderkleidung findet man Skiausrüstung, Dreiräder, Laufgitter oder Fahrradhelme. „Ich recherchiere im Internet die Preise und achte darauf, dass man es bei mir eher günstiger bekommt“, sagt Jeddi.

Reich wird man mit einem Kinder-Secondhand-Shop nicht. Dafür erleben die Inhaberinnen viele emotionale Momente – beispielsweise, wenn Eltern gebrauchte Kleidung zum Verkauf vorbeibringen. Viele erinnern sich dann, wie süß ihr Kind bei einem Fest oder einem Ausflug in einem Kleidchen oder einer Jacke ausgesehen habe. Wenn Eltern sich gar nicht von einem Kleidungsstück losreißen können, hat Angelika Götz vom Zauberwald deshalb einen guten Rat: „Dann behalten Sie es doch lieber!“