Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will sofort handeln, aber ihre Schiffe brauchen Zeit für die Reise ins Mittelmeer. Helfer kritisieren derweil die EU und fordern mehr Einsatz für Flüchtlinge.

Berlin - Kaum dass die EU beschlossen hat, die Seenotrettung zu Gunsten der Flüchtlinge aufzustocken, kann es Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht schnell genug gehen. „Wir sind fest entschlossen, jetzt sofort die Schiffe dort hinzusenden“, sagte sie am Freitag bei einem Truppenbesuch im polnischen Stettin. Ein Versorgungsschiff und eine Fregatte könnten innerhalb weniger Tage in der „kritischen Gegend“ sein.

 

Doch ganz so schnell schießen auch die Preußen nicht; von jetzt auf sofort kann auch die Marine zwei Schiffe nicht 2500 Seemeilen weit vom Golf von Aden ins Mittelmeer befehlen. Dort sind der Einsatzgruppenversorger Berlin und die Fregatten Karlsruhe und Hessen derzeit unterwegs. Zwölf bis vierzehn Tage werde die Reise ins Mittelmeer schon dauern, teilte das Verteidigungsministerium mit, zumal der Konvoi den Suezkanal passieren müsse. An diesem Nadelöhr des internationalen Schiffsverkehrs muss man sich anstellen, bis man an die Reihe kommt. Außerdem ist noch nicht sicher, ob die EU die beiden Schiffe, die die Bundesregierung beim Gipfel in Brüssel für die Seenotrettung angeboten hat, auch braucht. Es wird noch dauern, bis die Operationspläne fertig und die Aufgaben zwischen den Nationen verteilt sind.

Offiziersanwärter dürfen früher heimkehren

Dennoch können viele der Offiziersanwärter der Marine, die zusätzlich zu den Stammbesatzungen an Bord der drei fraglichen Schiffe auf Ausbildungsfahrt sind, sich auf eine schnellere Heimkehr freuen. Die Marine-Azubis müssen ihre Kojen räumen und werden wahrscheinlich auf Kreta ausmustern, damit der Einsatzgruppenversorger und die Fregatte überhaupt Platz für gerettete Flüchtlinge haben. Hilfsorganisationen wie Amnesty International, Oxfam oder Ärzte ohne Grenzen kritisierten die Gipfelbeschlüsse zur Seenotrettung als ungenügend und forderten eine stärkere Ausweitung der Hilfsmission. Auch die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sprach von einem denkbar mageren Ergebnis.

EU strebt robustes Mandat für Aktionen gegen Schleuser an

Nach Angaben der Bundesregierung bemüht die EU sich zugleich um ein „robustes Mandat“, das es erlaubt, auch gegen Schleuserbanden vorzugehen. Regierungssprecher Steffen Seibert bestätigte, dass beim Gipfel neben der Rettungsmission auch über eine Gesamtstrategie gesprochen wurde, die die Schleuserbekämpfung einschließt. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini sei beauftragt, eine solche Mission im Rahmen des Völkerrechts vorzubereiten und strebe dafür ein Mandat der Vereinten Nationen an. Das Außenministerium legte dar, dass die Vorgaben des Völkerrechts bei der Bekämpfung von Schleuserbanden komplizierter seien als etwa bei Piraten. Erst wenn der Rechtsrahmen und die Mandatsbestimmungen dieser EU-Mission feststünden, entscheide sich, ob bei einer Beteiligung der Bundeswehr auch ein Mandat des Bundestags notwendig werde. „Wenn alles rechtlich sauber geregelt ist, steht die SPD-Fraktion auf der Seite derjenigen, die Kriminalität bekämpfen“, kündigte der sozialdemokratische Verteidigungspolitiker Rainer Arnold gegenüber der StZ an.