Seit einem Jahr ist die Bezirksvorsteherin Andrea Lindel nun im Amt. Inzwischen hat sie sich gut eingelebt in Birkach und Plieningen. An manche Dinge hat sie sich aber noch immer nicht gewöhnen können.

Klima & Nachhaltigkeit: Judith A. Sägesser (ana)

Birkach/Plieningen - Andrea Lindel kennt ihre Achillesferse. „Meine große Klappe“, sagt sie. Sie beschreibt sich selbst als jemanden, der sofort sagt, was er denkt, offen und unverblümt. Lindel stellt diese Eigenschaft nicht grundsätzlich infrage, doch vergangenes Jahr hat sich herausgestellt, dass sich diese Spontanität in manchen Situationen eher schlecht mit ihrer neuen Rolle als Bezirksvorsteherin verträgt. Dass die direkte Art die Leute durchaus vor den Kopf stoßen kann.

 

Das ist eine der Lektionen, die Andrea Lindel in ihrem ersten Jahr als Vorsteherin für Birkach und Plieningen gelernt hat. Seit fast auf den Tag genau einem Jahr ist sie im Amt im Rathaus an der Garbe. Vorher war Lindel Stellvertreterin in Mühlhausen und in Sillenbuch.

Andrea Lindel ist in ihren Stadtbezirken angekommen

Wenn sie jemanden an der Hundersinger Straße in Birkach oder an der Gerstenstraße in Plieningen besuchen soll, braucht Andrea Lindel keinen Stadtplan mehr. „Für die meisten Straßen nicht mehr“, sagt sie. Das zeigt ihr, dass sie in ihren beiden Stadtbezirken auf den Fildern angekommen ist, dass sie nicht mehr in erster Linie die Neue ist. Sie sagt: „Ich weiß, wie die Stadtbezirke ticken.“ Im Vergleich zu Mühlhausen läuft hier doch einiges anders, sagt sie. So gebe es in Mühlhausen beispielsweise mehr als doppelt so viele Sozialhilfeempfänger wie in Birkach und Plieningen – und das bei ähnlicher Größe. Und über Jugendliche, die auf einer öffentlichen Sitzbank ein Bierchen zischen, sagt in Mühlhausen keiner was. In Birkach und Plieningen kann es hingegen schon vorkommen, dass sich die Leute von so etwas gestört fühlen. Gemeinsam hätten diese Bezirke derweil „das dörfliche Miteinander“, wie sie sagt.

Die zentralen Figuren in Birkach und Plieningen hat die noch recht frische Bezirksvorsteherin längst kennengelernt. „Das ging sehr schnell“, sagt sie. War sie es, die vor einem Jahr allen möglichen Leuten vorgestellt worden ist, führt sie zurzeit den jungen Mann, der im Rathaus ein Freiwilliges Soziales Jahr macht, durch die Bezirke. Manchmal fühlt sich Andrea Lindel deshalb an ihre Anfangszeit erinnert.

Zu Terminen fährt Lindel am liebsten mit dem Rad

Die Wahrscheinlichkeit, dass Bürger Andrea Lindel auf der Straße treffen, ist ziemlich groß. Sie sagt, sie sei gern und viel draußen. Schon allein aufgrund der Tatsache, dass sie in aller Regel zur Arbeit radelt. Von Kemnat aus ist sie in einer Viertelstunde an der Garbe. „Hier ist man fix unterwegs mit dem Rad“, sagt sie. Ortstermine macht sie am liebsten so.

Andrea Lindel musste sich im Laufe des vergangenen Jahres in einige Themen einarbeiten: Sei es das neue Flüchtlingsheim beim Hallenbad, sei es die Smartphone-App für einen historischen Rundweg in Plieningen, sei es die Sanierung der Zehntscheuer, sei es die Nahversorgung in Birkach, seien es die fehlenden Betreuungsplätze in Kindergärten in Birkach.

Große Klappe und Ungeduld

„Es passiert ziemlich viel“, sagt Andrea Lindel. „Aber es dauert einfach immer etwas länger. Die Mühlen mahlen ein bisschen langsam.“ Sie weiß, dass niemand bei den anderen Ämtern der Stadt an Unterbeschäftigung leidet. Trotzdem, ihr wäre es lieber, wenn die Dinge etwas schneller vor-an gehen würden. Sie denkt zum Beispiel an den Ärger wegen der Ampelschaltung im Zentrum Plieningens, der ist nach wie vor nicht ganz vom Tisch. Zu Andrea Lindels großer Klappe kommt also auch noch die Ungeduld hinzu. Die Erfahrung wird wohl beides mit der Zeit etwas abschleifen. Aber hoffentlich nicht ganz.