Nach dem großen Polizeieinsatz ist an der Schule im Park in Ostfildern inzwischen alles ruhig. Erstklässler glaubten am Mittwoch, einen vermummten Mann mit einer Pistole gesehen zu haben. Die Polizei sucht weiter nach dem Verdächtigen.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

OstfildernAm Ende rollen dann doch die Tränen. Längst ist der Bub in Sicherheit gebracht, die Polizei hat die Schule verlassen, die Mutter ihr Kind abgeholt. Der Schüler wirft einen Blick zurück auf die Szene, sieht die Reihe von Rettungswagen, die vermummten SEK-Leute, die durch die Ortsmitte des Scharnhauser Parks gehen. Da verliert das Kind die Fassung, klammert sich an die Mama und weint los.

 

Die Lehrer schließen sich mit den Schülern ein

Dem Jungen steckt der gleiche Schreck in den Knochen wie allen rund 420 Schülern der Ostfilderner Schule im Park. Fast zwei Stunden lang harren sie in den abgeschlossenen Klassenzimmern aus, nachdem drei Erstklässlerinnen gemeldet hatten, auf dem Schulhof sei ein schwarz gekleideter, mit einer Sturmhaube vermummter Mann mit einer Schusswaffe gewesen. Um 11.37 Uhr geht dieser Alarm bei der Polizei ein. Die Schulleitung warnt die Lehrer über Lautsprecher, die Pädagogen verschanzen sich mit ihren Schützlingen in den Klassenräumen. Acht Minuten später fangen Streifenbeamte an, die Schule und das Gelände zu durchsuchen. „Sie sind in gesicherten Dreiergruppen rein“, berichtet Christina Tränkle, die Leiterin des Polizeireviers Filderstadt. Gegen 12.15 Uhr ist das Sondereinsatzkommando da und löst die Schutzpolizei ab. Systematisch durchkämmen sie das Gebäude, schauen in leer stehende Räume und geben um 13.45 Uhr Entwarnung: Es ist kein Fremder auf dem Schulgelände. Er soll beobachtet worden sein, wie er wegging, nachdem ihn die drei Grundschülerinnen gesehen hatten.

Die Schule ist vorbereitet: „Dieses Vorgehen haben wir geübt, so wie wir auch Feueralarmübungen machen. Die Schüler und Lehrer wussten, was zu tun ist“, sagt der Schulleiter Peter Bloos. Als die Polizei Entwarnung gibt, gehen die Klassen eine nach der anderen ins benachbarte Stadthaus. Das DRK führt Listen, die Eltern holen die Kinder ab. „Einige waren völlig cool, andere total verstört“, fasst der Schulleiter die Situation zusammen. Das gelte auch für seine Kollegen, die bei den Kindern waren. Nicht nur das Verhalten im Alarmfall ist eingeübt, die seit dem Jahr 2000 bestehende Schule ist auch baulich auf Zwischenfälle dieser Art vorbereitet: Im vergangenen Jahr wurden die Klassenzimmertüren mit Schlössern ausgestattet, die sich von außen nicht öffnen lassen, wenn die Lehrer von innen abschließen, sagt Bloos.

Die Polizei geht von einer ernsthaften Bedrohungslage aus

„Wir sind von einer ernsthaften Bedrohungslage ausgegangen“, sagt der Chef des Landeskriminalamts, Dieter Schneider, der kommissarische Präsident der zuständigen Polizeidirektion Reutlingen. Mit dem ersten Alarm läuft das Programm an, das für einen Amokverdachtsfall vorgesehen ist. Ein großes Aufgebot rückt an. 180 Polizeibeamte sind im Einsatz, die Hubschrauberstaffel sucht die Umgebung ab, die Verkehrspolizei kontrolliert und sperrt zum Teil die Ortszufahrten. Das Wort „Fehlalarm“ will der Polizeipräsident Dieter Schneider nicht gelten lassen. „Die Beobachtung der drei Mädchen hat uns veranlasst, so zu handeln. Ob sie nun verifiziert wird oder sich als falsch herausstellt, spielt keine Rolle.“ In den kommenden Tagen werde die Polizei sich darauf konzentrieren, die Spur des fremden Mannes aufzunehmen. An der Schule im Park kehrt am Donnerstag kein Alltag ein. „Wir haben Schulpsychologen eingeschaltet, zusammen mit ihnen wollen wir überlegen, wie wir das Geschehen aufarbeiten“, sagt Peter Bloos.

Der Einsatz erinnert an einen ähnlichen Fall, der sich am Montag in Ettlingen bei Karlsruhe ereignete. Dort hatten vier Mädchen gemeldet, einen Mann mit einem Messer im Schulgebäude gesehen zu haben. Auch dort entdeckten die Einsatzkräfte bei der Durchsuchung keinen Verdächtigen. Am vergangenen Freitag löste eine Schule in Ludwigsburg Alarm aus, nachdem mehrere Schüler bedroht worden waren. Der Fall am Mittwoch ist der dritte Einsatz wegen eines Amokverdachts in diesem Jahr gewesen, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. Im Jahr 2013 hatte die Polizei in Stuttgart sieben solcher Fälle zu bewältigen. An die Öffentlichkeit drang ein Fall kurz vor Weihnachten in Vaihingen. In Baden-Württemberg ermittelte die Polizei 2013 in 22 Fällen wegen Amokalarms.