Der September 2016 war mit 18, 1 Grad im Durchschnitt der wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen – den Rekord muss er sich aber mit dem September 1999 teilen

Stuttgart - Für Menschen mit einer sensiblen Seele ist der September eigentlich nichts. Die Tage werden drastisch kürzer und die ersten Blätter fallen traurig vom Baum. Die Welt um einen herum erinnert sachte, aber stetig an die Vergänglichkeit, und gleichzeitig nehmen die englischen Wochen im Fußball zu, in denen sich viele Menschen – zugegeben nicht alle – bis zu dreimal pro Woche mit den Leistungen des Teams ihrer Wahl quälen lassen müssen. Für alle, die nicht das Gemüt eines schicksalsergebenen Bergbauern haben, keine ganz einfache Zeit also, zumal ja auch das Wetter im September normalerweise Tag für Tag schlechter wird.

 

Ferien sind aus – der Sommer gibt Gas

Das war in diesem Jahr allerdings überhaupt nicht so. Von wegen Sommer ade. Und an den Eiskratzer fürs Auto brauchte man nicht einmal zu denken. Im Gegenteil: Der Sommer gab im ersten Monat des meteorologischen Herbstes noch einmal derart Gas, als wolle er sich nachträglich bei den Menschen für den bitterböse verregneten Juni entschuldigen. Vom Monatsbeginn an war es sehr warm und trocken. Pünktlich zum Ferienende und zur Schließung der Freibäder zeigte das Thermometer dann drei Tage lang Temperaturen von mehr als 30 Grad an. Dabei wurde am 13. September mit exakt 32,3 Grad der Allzeitrekord für einen Septembertag nur ganz knapp verfehlt. Nur am 1. September 2009 war es mit 32,4 Grad an der Wetterstation Stuttgart Schnarrenberg noch ein ganz kleines bisschen heißer.

Der Septemberstart war auf jeden Fall auch heiß genug, um bei Heizöllieferanten und Händlern von Winterreifen erste Schweißperlen auszulösen. Das galt auch für die Verantwortlichen im Bäderamt der Stadt, die erklären mussten, warum um alles in der Welt man nicht flexibel auf die späte Hitze regieren könne und trotz 30 Grad am Abend des 11. September an vier der fünf städtischen Freibäder die Gitter bis zum nächsten Frühjahr zugezogen wurden. Für 2017 will man sich aber vorbereiten und über eine flexible Lösung nachdenken, die dann aber mutmaßlich nicht gebraucht werden wird, da eine derart lange Wärmeperiode im September doch sehr ungewöhnlich ist.

Viele Hochs lassen die Warmluft strömen

„Möglich wurde die späte Wärme durch eine ganze Reihe von Hochs, die sich eine lange Zeit sozusagen das warme Wetter nacheinander in die Hand gedrückt haben und heiße Luft aus dem Mittelmeeraum nach Norden strömen ließen“, sagt Klaus Riedl vom Deutschen Wetterdienst. Für den Meteorologen ein für diese Jahreszeit doch sehr ungewöhnliches Phänomen. Und beinahe hätte es der September 2016 auch ganz allein an die Spitze geschafft. Mit durchschnittlich 18,1 Grad war der Monat 3,4 Grad wärmer als der langjährige Durchschnitt von 14,7 Grad. Das ist eine absolute Rekordmarke, wenn auch eine geteilte. Auch der September 1999 erreichte im Schnitt 18,1 Grad.

Entsprechend aktiv war die Sonne. 225,2 Sonnenstunden sind knapp 135 Prozent eines durchschnittlichen Septembers, der es auf knapp 167 Stunden bringt. Große Wärme, viel Sonne – aber wenig Wasser. Lediglich 42,6 Liter wurden auf dem Schnarrenberg gemessen, das sind 80 Prozent eines normalen Septembers. Da aber der Juni 2016 mit 181 Liter pro Quadratmeter der nasseste aller Zeiten war, ist dieser Rückgang für die Natur eher kein Problem.

Jetzt wird es erst einmal kühler

Der September 2016 endete als warmer, sonniger und trockener Monat, der ungefähr so viel mit Herbst gemein hatte wie eine deftige Schlachtplatte mit veganer Ernährung. Die Frage ist jetzt natürlich – wie geht es weiter? Müssen sich die Brennstoffhändler tatsächlich ernste Sorgen ums Geschäft machen? Folgt dem Superspätsommer ein warmer Herbst wie zum Beispiel vor einem Jahr, als man noch am 8. November bei 21 Grad im Straßencafé sitzen konnte? „In den nächsten Tagen reicht es dafür sicher nicht“, sagt dazu Meteorologe Riedl. „Bis Ende dieser Woche wird es tendenziell immer kühler.“ Und was kommt dann? Abwarten und der Witterung entsprechend Tee oder Weißbier trinken.