In einer Serie stellen wir Berufe am Theater vor. Heute: Marc Dobmaier, Leiter Schreinerei und Schlosserei.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Feuerbach - Für Marc Dobmaier gibt es kaum ein handwerkliches Problem, das nicht gelöst werden kann. Ein Tischbein, das während einer gesamten Vorstellung wackelt und genau beim letzten Satz umfällt, oder ein Käfig, der beim Berühren metallisch klingt, dessen Stäbe sich aber am Schluss auseinanderbiegen lassen – für den Daniel Düsentrieb des Theaterhauses ist nichts davon unmöglich. „Man muss Fantasie haben und sich vor seinem geistigen Auge vorstellen können, wie etwas funktioniert“, sagt der Werkstatteiter. „Sonst würde man ständig ins Blaue rein arbeiten und müsste 15 verschiedene Versionen machen. Die Zeit hat man gar nicht.“

 

Im Falle des Tischbeins hat Dobmaier einen Hebel installiert, den der Schauspieler im gewünschten Moment betätigt, woraufhin das Tischbein umkippt. Beim Käfig hat er zwei Gummistangen zwischen die Metallstangen gefügt. „Da musste ich lange gucken, was die Industrie an geeignetem Material hergibt. Als ich dann das passende gefunden habe, wurde ich gefragt, wie viele Tonnen ich davon bestellen will“, sagt der 50-Jährige und lacht. Das Grundprinzip seines Schaffens sei, möglichst einfach und solide zu bauen und Elektronik durch Mechanik zu ersetzen.

Von einer Idee zum konkreten Bühnenbild

Als Leiter von Schlosserei und Schreinerei ist Marc Dobmaier zusammen mit einem weiteren Kollegen für die Umsetzung des kompletten Bühnenbildes, das sich der jeweilige Bühnenbildner ausgedacht hat, zuständig. Sessel, Schränke, Hausfassaden, Wände – alles wird selbst gebaut und malfertig an die Kollegen der Ausstattung weitergegeben, die dann mit dem richtigen Pinselstrich dafür sorgen, dass zum Beispiel aus einer aus Holz gezimmerten Wand eine Betonwand wird. Bevor das Bühnenbild jedoch endgültig angefertigt wird, bauen Dobmaier und sein Kollege zunächst ein Testmodell aus Holzlatten. „Bei der Bauprobe schauen wir dann, wie der Aufbau auf der Bühne wirkt. Ist er zu groß oder zu klein? Haben die Schauspieler Platz, um sich zu bewegen?“ Dann erst werden die endgültigen Maße festgelegt.

An großen Häusern werden die Schreiner- und Schlosserarbeiten normalerweise von separaten Abteilungen angefertigt, „ich mache das in Personalunion“, sagt Dobmaier. Als gelernter Rollladen-, Jalousiebau- und Sonnenschutztechniker habe er Grundkenntnisse in beiden Bereichen. Er weiß sowohl Metall als auch Holz und Kunststoff zu verarbeiten, kann ebenso schmieden wie nähen oder zimmern. Engagiert wurde er vor 16 Jahren, als er die Jalousien des Theaterhauses reparieren sollte. Alle zwei Jahre muss er eine Prüfung ablegen, um seine Schweißerlaubnis zu verlängern. Da er teilweise Dinge zusammenschweißt, die über der Bühne oder über dem Publikum hängen, muss er diese Technik perfekt beherrschen. Bei der Prüfung gibt es deshalb nur zwei Noten: eins und sechs, also bestanden oder durchgefallen.

So leicht und so stabil wie möglich

Wenn eine neue Produktion ins Haus steht, bekommt Dobmaier vom Bühnenbildner meist eine Zeichnung oder ein Modell des Bühnenbildes vorgelegt, nur selten schon exakte Pläne. Dann ist es die Aufgabe des Werkstattleiters, auszutüfteln, wie sich die Idee umsetzen lässt. Als Grundprinzip gilt: „Es muss so leicht und stabil wie möglich sein.“ Leicht deshalb, da das Bühnenbild von Menschen aufgebaut wird. Stabil, damit es immer wieder zerlegt werden kann. Wichtig sind auch Details wie der Klang. Wird eine Tür zugeknallt, muss es satt klingen. „Die Illusion wäre kaputt, wenn es nach einem Holzbrettle klingen würde“, sagt Dobmaier.

Er vergleicht seine Arbeit mit der eines Handwerkers des realen Lebens: „Eine Ikea-Küche baut man an einem ganzen Tag auf, und sie wird höchstens zweimal umgezogen.“ Die Küche in einem Bühnenbild hingegen müsse innerhalb von zwei Stunden aufgebaut werden, und das hundertmal. Dobmaiers Vorteil: Er kann auf der Rückseite tricksen. Vorne Illusion, hinten verschraubte Bretter. Hin und wieder arbeitet aber auch er für das wirkliche Leben: Viele Dinge der Hausausstattung wie die Stehtische oder Kartenständer im Foyer sind in Handarbeit von ihm angefertigt. Und auch die Möbel seiner eigenen Wohnung sind Marke Eigenbau. Gewiss ist: Dort sind die Tischbeine alle fest verankert.