1972 werden die deutschen Hockeyspieler zum ersten Mal Olympiasieger und verändern damit ihre Sportart. In München setzen sich Dynamik und Teamgeist nach langer Zeit gegen das von Einzelkönnern dominierte Spiel Indiens und Pakistans durch. Teil drei unserer Serie „Die Mannschaft“.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Peter Stolterfoht (sto)

Stuttgart - Wenn am 5. Juni in Mannheim der Deutsche Hockey-Meister 2016 gekürt wird, dann spielt wie seit vielen Jahren Olympia 1972 mit in dieses Finale hinein.

 

Schließlich bekommt der Titelträger einen Pokal überreicht, der ganz eng mit dem Gold der deutschen Hockey-Männer in München verbunden ist. Diese Trophäe ist ein Geschenk des pakistanischen Hockey-Verbands und somit die Pokal gewordene Entschuldigung für die Vorkommnisse nach dem olympischen Endspiel am 10.  September 1972, als die deutsche Mannschaft zuerst 1:0 gewonnen und sich danach das pakistanische Team bei der Siegerehrung danebenbenommen hatte. Dazu später mehr.

Dieser riesige pakistanische Pokal des schlechten Gewissens ist ja auch nur so etwas wie eine pompöse Verzierung dieses bedeutenden deutschen Olympiasiegs, der sowohl stilprägend wie auch historisch war. Hatten doch vor 1972 über vier Jahrzehnte hinweg die indischen und pakistanischen Nationalmannschaften den Olympiasieg ganz konsequent unter sich ausgemacht.

Mit dem deutschen Überraschungssieg hielten Dynamik und Taktik als wichtige Erfolgsfaktoren Einzug ins Hockey, wo zuvor in erster Linie die technische Finesse im Mittelpunkt gestanden hatte. Während sich die indischen und pakistanischen Teams aus lauter Einzelkünstlern zusammensetzten, die ihr Können am liebsten in Dribblings unter Beweis stellten, begegnete die deutsche Mannschaft der lange Zeit dominierenden asiatischen Spielweise mit schnellen Kombinationen, hoher Laufbereitschaft und einem ausgeprägten Teamgedanken. Deutschland hat das Hockey, das bis dahin von der individuellen Klasse der Inder und Pakistani geprägt war, 1972 zu einer Mannschaftssportart gemacht.