Bärbel Vorrink ist seit mehr als 20 Jahren Übungs- und Abteilungsleiterin Turnen bei der GSV Hemmingen. Vor allem in der Arbeit mit Kindern geht sie auf, sagt sie. Vor kurzem hat sie noch ein weiteres Ehrenamt übernommen – „ein Vollzeitjob“, sagt sie.

Hemmingen - Es geht hoch her in der alten Turnhalle in Hemmingen. Während in einem Teil kleine Kinder auf Matten turnen oder auf Bänken balancieren, sollen die größeren im Vorschulalter nebenan Purzelbäume schlagen. Nicht jedem will das gelingen, nur mit viel Hilfestellung landet ein Junge überhaupt – und das etwas schief – auf der Matte. „Es wird immer schwieriger mit der Motorik“, beobachtet Bärbel Vorrink. Dem will die Abteilungsleiterin Turnen der Gesang- und Sportvereinigung mit einem abwechslungsreichen Programm entgegentreten.

 

Und einem, das Spaß macht. „Wir achten hier darauf, dass die Kinder das Geräteturnen lieben lernen“, sagt die 65-Jährige mit einem kleinen Seitenhieb auf so manchen Schulsport. Das gelte auch für den Jungen, der trotz mancher Schwierigkeiten gern kommt. „Und er strahlt immer.“ So auch bei der Übung fürs Foto. Im Kreis sollen die Kinder um den Stuhl laufen. Doch der Kreis wird mal eine Welle mit zwei Enden, mal ein langgezogenes Oval. Geduldig und mit einem Strahlen im Gesicht versucht Bärbel Vorrink immer wieder, die Mädchen und Jungen auf Kurs zu bringen. „Ich geh’ auf bei den Kleinen“, sagt sie.

Seit gut einem halben Jahr gibt Vorrink auch die Richtung beim Turngau Neckar-Enz vor – als erste Frau an der Spitze. 132 Vereine mit mehr als 64 000 Mitglieder zählt der Verband. 17 Jahre lang war sie die Stellvertreterin, dann hörte der Präsident Gunter Bretschneider auf. Er hatte sie zwar schon einige Jahre zuvor gefragt, ob sie seine Nachfolgerin werden wolle. Als es dann aber soweit war, habe sie doch einige Bedenkzeit gebraucht, erzählt Bärbel Vorrink.

Denn schon vor ihrer Wahl steckte sie viele Stunden in den Sport. 1973 war sie mit ihrem Mann und der ältesten Tochter von Niedersachsen nach Hemmingen gezogen. Sie trat in die GSV ein und engagierte sich auch ehrenamtlich, wurde Übungs- und Abteilungsleiterin, saß zudem lange im Vorstand. „Ich war immer im Turnverein“, sagt sie, „das ist ein unheimlich schöner Sport“. Auch wenn vergleichweise viele wieder abspringen, da die Anforderungen immer höher würden und Turnen eher etwas für Einzelkämpfer sei. 1997 kam die Anfrage vom Turngau herein – „und ich dachte, ich muss was machen“.

Das kann Bärbel Vorrink nach ihrem Aufstieg zur Präsidentin nun auf alle Fälle – „das ist ein Vollzeitjob. Aber ich werde so toll aufgenommen und es macht Spaß, weil so viel zurückkommt“, sagt sie. „Das Reizvolle ist der Kontakt zu den vielen Vereinen und Kommunen.“ Zu den Treffen des Präsidiums, mit den Vertretern der Vereine, Übungsleitersitzungen und Tagungen des Hauptausschusses des Schwäbischen Turnerbunds, in dem sie das Turngau vertritt, kommen viele Veranstaltungen, unter anderem Lehrgänge, Tagungen und Ehrungen. Sie sollen künftig attraktiver werden, um mehr Jüngere anzulocken, so ihr Ziel. Aushängeschild sind die Wettkämpfe sowie das Gauturn- und Gaukinderturnfest. Das Turngau muss dafür einen Verein als Gastgeber finden. Kein leichtes Unterfangen: „Der Ausrichter braucht alleine 150 bis 180 Helfer.“ Ist ein Verein gefunden, hört die Arbeit nicht auf: „Da muss alles organisiert und besprochen werden“, sagt Vorrink.

Was konkret anfällt, weiß sie nur gut. 2011 richtete die GSV das Gaukinderturnfest mit 1700 Teilnehmern aus, sie war damals die zweite Vorsitzende und maßgeblich verantwortlich für die Organisation. Es gab aber Hilfe, etwa von der Gemeinde und den Bauhofmitarbeitern, die den Transport der Geräte auf den Platz übernahmen.

Über mangelnde Unterstützung kann sie also nicht klagen, sagt Vorrink – sie wünscht sich aber noch mehr. Immer zwei Ehrenamtliche sollten die Turnstunden für die älteren Kinder – der Rekord liegt bei 26 – beaufsichtigen. „So macht das mehr Spaß, und man kann eine Gruppe auch teilen.“ Übungsleiter zu bekommen sei aber allgemein schwierig, gerade ältere Jugendliche würden nach ihrer Schulzeit oft wegziehen. „Ohne Übungsleiter kann ein Verein nicht bestehen. Von ihnen gibt es nie zu viel.“

Und die brauchen die Turner nicht zuletzt wegen ihrer Mitgliederzahl, auch wenn die Abteilung bei einer insgesamt stabilen Mitgliederzahl („Wir machen viel Werbung, dass Kinder in den Verein kommen. Hauptsache, sie machen etwas.“) etwas verloren hat. „Wir sind die größte Abteilung. Dann kommt erst Fußball. Da bin ich ganz stolz drauf“, sagt Vorrink. Als sie 1995 die Seniorengruppe („das Kontrastprogramm“) übernahm, waren zwölf Frauen mit dabei, mittlerweile sind es 30, die älteste ist 88 Jahre alt. Und sportlich laufe es bei den Leistungsturnerinnen richtig gut.

Die haben mittlerweile nebenan ihr Training begonnen. Darunter sind auch einige, die selbst in der Vorschulgruppe angefangen haben. Purzelbäume? Für die Schülerinnen, die gerade zum Aufwärmen in den Handstand gehen, kein Problem.