Priska Kaufke ist seit Jahrzehnten unterwegs, um Tieren zu helfen. Derzeit hilft sie vor allem Kröten, Fröschen und Molchen über die Straße.

Korntal-Münchingen - In normalen Nächten hat Priska Kaufke zurzeit alle Hände voll zu tun, um Leben zu retten. Mit anderen Naturschützern zieht sie die Wege rund um den Grünen Heiner entlang auf der Suche nach Molchen, Kröten und Fröschen. Sie haben Hochsaison, sind unterwegs zu ihren Laichplätzen – und hüpfen dabei Gefahr, überfahren zu werden. Doch in dieser Nacht ist alles ruhig. Zu schnell sind die Temperaturen gefallen, zu kurz war die Zeitspanne, um die Rettungsaktion abzublasen, und zu kalt ist es nun für die Tiere. Priska Kaufke und ihr Mann Heinz leuchten in die Büsche. Doch außer Zigarettenschachteln und anderem Unrat finden sie nicht viel.

 

In einer etwas wärmeren Nacht zuvor war das ganz anders: 32 Tiere habe sie binnen einer Viertelstunde mit ihrem Mann aufgesammelt und zu einer Wiese in der Nähe eines beliebten Teiches gebracht. Die leidenschaftliche Tierschützerin gerät ins Schwärmen über das „schöne Hochzeitskleid“ der Bergmolche, das die Tiere derzeit tragen, über Kröten, die eine andere huckepack tragen oder darüber, wie unlängst einige mitten auf dem Weg im Kreis saßen. „Das sah aus, als ob sie beraten, wohin es geht“, sagt die 77-Jährige. Stören lassen haben sich die Tiere nicht, auch nicht, als sie angefangen habe, mit ihnen zu sprechen, so wie so oft. „Sie sind wehrlos, sie kennen keine Gefahr.“

Das kann ihnen zum Verhängnis werden. Von 300 binnen kurzer Zeit überfahrenen Erdkröten habe ihr vor fast 30 Jahren eine Bekannte erzählt. Sie habe damals nicht einmal gewusst, dass es in der Gegend überhaupt welche gebe. „Von dem Moment an war ich in heller Aufruhr.“ Bei einer Mitgliederversammlung des Deutschen Bunds für Vogelschutz (heute: Nabu) habe sie um Hilfe gebeten und 20 Leute zusammengetrommelt. Für diesen Einsatz wurde sie ausgezeichnet, 1989 gab es vom Land für sie und die Helfer einen Preis, ebenso von der Stadt. 20 Jahre später gab es wieder Ehrungen, diesmal den Umweltpreis des Landkreises und den Ehrenamtspreis der Stadt.

Die Liebe zu den Tieren habe sie schon immer. „Ich bin glaub’ so geboren“, sagt Priska Kaufke und lacht. Und erzählt von der Heimat im Südschwarzwald, vom Onkel, der Bienen, Ziegen und Schäferhunde hatte und dessen Ställe und Wiesen für sie als Kind zur zweiten Heimat geworden seien. „Kühe liebe ich auch über alles“, sagt sie. Und ihren Mann, den sie kurz vor dessen Umzug nach Hirschlanden kennenlernte und ihm folgte. Hier engagierte sie sich, neben ihrem Beruf im Textileinzelhandel, weiter für Tiere. 20 Jahre für die Katzenhilfe Stuttgart, ebenso lange zog sie verletzte oder verwaiste Vögel auf. „Mir ist selten einer gestorben“, berichtet sie stolz.

Doch sie kümmert sich nicht nur um Tiere. Regelmäßig besucht sie eine ältere Frau im Altenheim. Und jahrelang haben sie und ihr Mann sich um einen Alkoholkranken gekümmert, der ihr dann wiederum beim schweren Nistkastenputz half.

Ihr Engagement für Vögel reicht lange zurück: 1983 trat sie in den Deutschen Bund für Vogelschutz ein, 1985 baute sie den ersten Schleiereulenkasten, der wie viele andere in Bauernställen aufgehängt werde. Manchmal sei sie bis Mitternacht dort gesessen und habe mit einem Fernrohr beobachtet, was sich in den Nistkästen tue. Es dauerte aber bis 1990, bis es mal Nachwuchs gab. Hilfe bei der Arbeit für die Vögel bekommt sie von der Eulen-Forschungsgemeinschaft. Deren Leiter Herbert Keil hilft ihr, die Tiere zu beringen oder Nistkästen zu kontrollieren.

Über die Schleiereule kam sie zum Turmfalken. Denn die Vögel nutzten gern die Nistkästen für die Eulen und brüten vor ihnen darin. Doch nicht immer gibt es so leicht eine Unterkunft für die geschützte Art. Ein Pärchen etwa hat bislang in dem alten Trafohäuschen gebrütet, das aber Erschließungsarbeiten für die Erweiterung des Gewerbegebiets Kornwestheimer Straße weichen musste. Um ihnen und weiteren Turmfalken ein neues Zuhause zu bieten, arbeiteten Priska Kaufke, der Nabu und die Umweltbeauftragte Angelika Lugibihl eng zusammen – der Turmfalken-Turm wurde eine Alternative.

Das Engagement scheint sich gelohnt zu haben. Glücklich berichtet sie von ihren Sichtungen, erzählt von ihren Arbeiten im Lauf des Jahres. Viel hänge vom Nahrungsangebot ab, kleinen Tieren wie Mäusen, die sich auf den Streuobstwiesen tummeln. Oder eben auch Amphibien. Denen hilft Priska Kaufke nicht nur über die Straße, sondern erfasst dabei noch ihren Bestand. Voriges Jahr zählte sie 450 Erdkröten, 26 Huckepack-Pärchen und 56 Molche. Es waren mehr als 2013 (339 Kröten, acht Pärchen und 66 Molche) – aber deutlich weniger als 2011, als sie auf insgesamt rund 1200 Tiere kam, die sie an Lugibihl melden konnte. 1989, im Jahr der ersten Zählung, waren es gar mehr als 2000.

Ursachen für die Rückgänge sieht sie in der verschlechterten Wasserqualität sowie in Schadstoffen durch Müll und die Landwirtschaft. Auch sonst hat sich einiges geändert. Die 20 Ehrenamtlichen, die zu Beginn beim Krötentragen halfen, sind weniger geworden. „Wir sind inzwischen alle älter“, sagt die 77-Jährige, der man ihr Alter nicht ansieht. Ein Aufruf im Amtsblatt brachte neue Helfer, durch Ehrenamtliche an der Spitze des Nabu und des Bund gibt es weitere. „Aber mir ist es sehr wichtig, dass es auch Leute gibt, die das noch in zehn , 20 Jahren machen.“ Und ihr fehlt jemand für die Koordination derjenigen, die abends am Grünen Heiner unterwegs sind: „Ich würde mir wünschen, dass jemand künftig die Arbeit in die Hände nimmt.“