Stuttgart braucht Investitionen in dies und das – auch in Fröhlichkeit, findet Lokalchef Jan Sellner. Das ist weniger eine Frage des Geldes als der inneren Bereitschaft.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Stuttgart - Ist Stuttgart eine Stadt des Lächelns, wie eine Zeitungsserie behauptet, die für ihren – bewusst positiven – Inhalt mit einem Preis bedacht wurde? Wenn man’s genau nimmt, natürlich nicht. Genauso gut könnte man feststellen, Stuttgart sei eine Stadt der Übellaunigkeit. Auch dafür fänden sich Beispiele. Egal was man pauschal behauptet, man bildet stets nur Teilwahrheiten ab. In Wirklichkeit ist Stuttgart das eine wie das andere – eine Stadt der Weltoffenheit und eine Stadt der Enge, eine Stadt der „hälingen“ Reichen und der versteckten Armen. Eine Stadt der Anteilnahme und der Gleichgültigkeit. Eine Stadt der Spießer und der Kreativen. Eine Stadt der hängenden und der hochgezogenen Mundwinkel.

 

Was man von Stuttgart allerdings sicher sagen kann, ist: In der Stadt sollte mehr gelächelt werden. Wie auch an vielen anderen Orten. Der Titel „Stadt des Lächelns“ drückt diese Hoffnung aus.

Freude am Hiersein und Neugier am Anderen

Gemeint ist nicht das aufgesetzte Lächeln aus der Warenwelt, auch nicht das abgeklärte Lächeln derjenigen, die nichts mehr überraschen kann, oder das abfällige müde Lächeln der Herrschaften, die Empathie als Gutmenschentum abtun. Bedarf besteht an jener Sorte Lächeln, die beim Gegenüber als Geschenk ankommt. Es geht um pure Freundlichkeit, die man daran erkennt, dass sie ansteckend ist – wie das Lächeln des Kuriers in diesem Hause, nennen wir ihn ruhig mit Namen: Bratislav Bojic. An ihn denkt man unwillkürlich, wenn man ein Beispiel für die personifizierte gute Laune sucht.

Jeder kennt in seiner Umgebung solche Menschen. Sie haben freundliche Augen. In ihnen spiegelt sich etwas, was in der Kindheit jeder in sich getragen hat: Freude am Hiersein und Neugier am Anderen. In manchen Erwachsenen klingt das reine Lachen der Kinder lange nach. Hat mal jemand gefragt, wie ihnen das gelingt?

Auch die Aktion Weihnachten bringt Lächeln in die Stadt

Lächeln hilft. Man kann es lernen. Meist geht damit Gelassenheit einher. Sie ist ein gutes Mittel gegen die Aufgeregtheiten des Alltags. Das heißt nicht, dass sich alles weglächeln lässt. Im Angesicht von Schicksalsschlägen erstirbt das Lachen. In solchen Situationen braucht es Menschen mit geduldigem Herzen. Es spricht für eine Stadtgesellschaft, wenn sie solche Beispiele würdigt – wie diese Woche bei der Auszeichnung ehrenamtlich engagierter Bürger als „Stuttgarter des Jahres“ durch die „Stuttgarter Zeitung“. Auffallend ist die Zufriedenheit von Menschen, die sich für andere einsetzen. An diesem Abend war Stuttgart tatsächlich eine Stadt des Lächelns.

Und dabei bleibt es nicht. Wenn in wenigen Wochen wieder die Aktion Weihnachten startet, die große Benefizaktion unserer Zeitung zugunsten Bedürftiger in Stuttgart, steht dahinter auch das Bemühen, mehr Lächeln in die Stadt zu bringen. Am Ende ist es doch die Frage, worauf jeder von uns den Blick richtet. Warum nicht häufiger auf Positives?

jan.sellner@stzn.de