Der Echterdinger Landwirt Uwe Beck spricht in unserer Serie „Unterwegs“ über Konflikte auf den Straßen und Feldwegen der Filder und darüber, wie man Ärger vermeiden kann.

Leinfelden-Echterdingen - Langsam wird es heiß in der Fahrerkabine. Die Sommersonne brennt durch die Scheibe des Traktors. Die Maschine heizt die Luft im Innenraum zusätzlich auf. Es schaukelt, ruckelt und rattert. Uwe Beck sitzt hinter dem Steuer seines Ackerschleppers. Der Echterdinger Landwirt lenkt das 2,70 Meter breite Fahrzeug über eines seiner Felder zwischen Echterdingen und Leinfelden.

 

An dem Traktor hängt ein Kreiselheuer. Das Gerät wendet nass gewordenes Stroh. Dieses muss erst beidseitig trocken sein, bevor der Landwirt es „heim holen“ kann, wie er sagt. Laut Beck ist das eine der „unproduktivsten Tätigkeiten“ des Jahres. Eine Arbeit, die aber dennoch erledigt werden muss, sonst fängt das Mähgut an zu schimmeln.

Selbstbedienung im Hofladen

Während der Traktor seine Runden dreht, spricht der 47-Jährige über seinen Beruf, den er mittlerweile seit 30 Jahren ausübt. „Es war nie einfach“, sagt er. Aber: „Die Luft ist dünner geworden.“ Der Echterdinger bestellt gemeinsam mit seiner Familie 65 Hektar, versorgt 100 Tiere. Er baut Kartoffeln und Filderkraut an.

Seine Produkte und die von Kollegen gibt es im Hofladen zu kaufen. Selbstbedienung heißt hier das Motto. Kameras sorgen dafür, dass die Kunden nicht nur Waren einpacken, sondern dafür auch das passende Geld da lassen.

Zu Uwe Becks Alltag gehören auch immer wieder Reibungspunkte im Umgang mit Menschen: Das fängt bereits an, wenn er mit seinem Ackerschlepper aus der Hofausfahrt rollt. Er muss sich vorsichtig an die Leinfelder Straße herantasten. Der Landwirt kennt die Ampelschaltung an der Lamm-Kreuzung genau. „Sonst würde ich hier niemals herauskommen.“ Auf der Straße angekommen, bildet sich hinter dem Traktor schnell ein Autoschlange. „Die meisten Fahrer bleiben brav hinter mir“, sagt er. Andere aber können es nicht erwarten, schneller voranzukommen. „Sie sind offenbar zu spät auf die Welt gekommen und müssen jetzt alles nachholen“, sagt Beck und lacht dabei.

Die Schlepper sind breiter geworden

Manchmal ist ihm aber überhaupt nicht zum Scherzen zumute: Dann nämlich, wenn die Drängler zu teilweise gefährlichen Überholmanövern ansetzen. Sie würden dabei oftmals die Schnelligkeit und die Länge der modernen landwirtschaftlichen Maschinen unterschätzen, erklärt der Landwirt. Die Folge: Die Autofahrer drängen sich mit Gewalt vorbei. Dabei gefährden sie den Gegenverkehr oder müssen sich zurück in die Schlange einsortieren.

Weil die Schlepper auch breiter sind, als früher, seien mittlerweile manche Straßen fast zu eng, um durchzukommen. Wenig Verständnis hat der Landwirt deshalb auch dafür, wenn die Stadtverwaltung beschließt, wichtige Verbindungswege zu verengen, indem „erstaunlich breite Fußwege gebaut werden“.

Auch die vielen Staus in und um die Große Kreisstadt machen den Bauern auf den Fildern die Arbeit nicht wirklich leichter. „Zu manchen Uhrzeiten kommt man hier nicht brauchbar vom Fleck“, sagt Beck dazu. Das Ausfahren der Gülle haben er und seine Familie deshalb bereits in die Nachtstunden verlegt. „Dann sind die Straßen wieder frei.“

Angst der Spaziergänger ist nachvollziehbar

„Früher“, erzählt Beck, „früher, waren die Traktoren klein. Man kannte sich im Dorf, grüßte sich vom Traktor herunter. Heutzutage kommen die Bauern nicht selten in großen, vollverglasten Maschinen daher.“ Dass es Spaziergänger da mit der Angst zu tun bekommen, versteht Beck gut. Manche Gruppen, die auf Feldwegen unterwegs sind, versteht er trotzdem nicht.

Sie könnten sich zunächst nicht entscheiden, auf welche Seite sie ausweichen wollen, berichtet er. Und würden dann just jene auswählen, auf die der Staub, den die landwirtschaftliche Maschine aufwirbelt, hinzieht. „Das würde einem Landwirt nie passieren“, sagt er.

Schmutz auf Feldwegen: Darüber hätten sich die Leute schon immer beschwert. „Neu aber ist“, sagt Beck, „dass manch einer sofort sein Smartphone zückt, den Dreck fotografiert und diese Fotos dann wenige Minuten später auf dem Rechner eines Mitarbeiters im Ordnungsamt auftauchen.“ Da könne man teilweise nur noch staunen, wie schnell so ein bisschen verlorene Erde zum großen Skandal stilisiert werde. „Dabei räumen nur wenige Landwirte ihren Dreck nicht weg“, erklärt er weiter. Diese wenigen Vorfälle würden dann auf alle zurückfallen.

Vermeidbare Konflikte

Beck und seine Kollegen ärgern sich derweil über Radler und Inline-Skater, die auf den Verbindungswegen der Filder „erstaunlich schnell unterwegs sind“. Und zwar auch dann, wenn beispielsweise hoch gewachsener Mais die Sicht versperrt. „Gottvertrauen gehört ja zum Leben“, sagt der Landwirt dazu. „Eine gewisse Vorsicht aber auch. Vor allem dann, wenn man mit wenig Knautschzone unterwegs ist.“

Viele Probleme, keine Lösung? Weit gefehlt: Alle diese Konflikte könnte man nach Ansicht des Landwirtes mit „ein paar simplen Dingen“ vermeiden und in ein „gutes Miteinander“ verwandeln. Autofahrer sollten in der Schlange bleiben, bis der Landwirt sein Feld erreicht hat. „Das sind meistens nicht mehr als zwei Kilometer.“ Gruppen auf Feldwegen sollten gemeinsam auf einer Seite einem nahenden Traktor ausweichen. Und für alle Verkehrsteilnehmer gilt: Sie müssen ihre Fahrweise den Gegebenheiten anpassen. Für die Landwirte gilt: „Wir machen nichts mit Absicht.“

Mittlerweile ist der Traktor am Ende des Ackers angekommen. Uwe Beck rollt seinen Schlepper auf die Straße. Er will zurück zum Hof. Hinter dem Fahrzeug bildet sich erneut eine beträchtliche Autoschlange. Diesmal bleiben alle Fahrzeuge dahinter. Niemand drängelt, niemand schert aus. So als hätten sie den Landwirt gehört.