Menschen und ihre Tiere: das ist eine ganz besondere Beziehung, der wir in einer Serie nachgehen. Heute: Polizeihauptmeisterin Sanne Thomann und ihre beiden vierbeinigen Kollegen.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Akira läuft nervös auf dem Waldweg hin und her. Dann biegt sie doch in die Rückegasse ein und zerrt Sanne Thomann hinter sich her. Die 40-jährige Polizeihauptmeisterin kann auf dem holprigen Grund kaum Schritt halten. Im normalen Hundeleben wäre Akira wohl ein Fall für Martin Rütter, der im Fernsehen und alljährlich auch in der EWS-Arena Hund und Herrchen die elementaren Regeln des Benimms erklärt. Akira aber macht alles richtig, denn genau das ist der Job der anderthalbjährigen Hündin – oder soll es jedenfalls werden.

 

Akira hat eine ganz besondere Nase

Seit einem Jahr ist die baden-württembergische Polizei dabei, eine eigene Personenspürhundegruppe aufzubauen. Einer einfachen Fährte über ein paar hundert Meter folgen kann eigentlich jeder Polizeihund. Doch Akira und ihre vier vierbeinigen Kollegen sind Bayerische beziehungsweise Hannoversche (Gebirgs-)Schweißhunde und haben besonders feine Nasen. Die sollen sie künftig im Dienste des Landes einsetzen. Gerade läuft die Ausbildung bei der Polizeihundeführerschule auf dem Gelände der Göppinger Bereitschaftspolizei. „Wir glauben, dass wir in einem Jahr so weit sind“, sagt Sanne Thomann.

Was Akira schon gelernt hat, zeigt sie an diesem Morgen bei einer sogenannten Differenzierungsübung. Sanne Thomann legt ihr den Schal und das T-Shirt einer Kollegin vor die Nase, Akira schnüffelt ein bis zwei Sekunden, und schon geht es los, zuerst über einen Asphaltweg und dann immer tiefer in den Göppinger Stadtwald hinein, der Suchperson hinterher. Drei andere Beamte haben derweil als sogenannte Verleitung den Weg der Flüchtenden gekreuzt, doch Akira lässt sich nicht beirren und folgt der Beamtin, auch als die sich hoffnungslos im Wald verirrt. „Gut gemacht“, lobt Sanne Thomann und gibt ihrer schmusebedürftigen vierbeinigen Kollegin eine Streicheleinheit.

Dragen kennt elf Sprengstoffarten

Zu Hause räkelt sich derweil Dragon auf dem Wohnzimmerteppich. Bis vor anderthalb Jahren war er Sanne Thomanns treuer Begleiter. Der belgische Schäferhund ging mit auf Demos, durchsuchte dunkle Kellerräume nach Weltkriegswaffen und schnüffelte vor Großveranstaltungen, ob die Luft rein war und die Halle oder der Marktplatz für Auftritte von Angela Merkel, Winfried Kretschmann oder den Bundespräsidenten freigegeben werden konnten.

„Dragon kann elf Sprengstoffarten erkennen“, sagt Sanne Thomann. Doch dann erlitt der Rüde im Training einen Bandscheibenvorfall. Eine Operation brachte nur kurzfristig eine Linderung. Jetzt ist Dragon mit acht Jahren Frühpensionär und hat sich seither gut erholt. Weggegeben hat Sanne Thomann ihn nicht. „Die meisten Beamten behalten ihren Hund, auch wenn es dafür keine Verpflichtung gibt“, sagt sie. Schließlich gehört der in aller Regel zur Familie. „Ich habe mit ihm mehr Zeit als mit meinem Partner verbracht und bin mir sicher, dass er mich auch verteidigen würde“, beschreibt Sanne Thomann das innige Verhältnis.

Vom Land gibt es eine kleine Pension

Auch das Land zeigt gegenüber seinen vierpfotigen Ermittlern eine gewisse Dankbarkeit. 35 Euro pro Monat beträgt die Pension für einen Polizeihund außer Dienst. Das reicht locker für einen Knochen täglich. Beihilfeberechtigt sind die Hunde aber nicht. Die Tierarztrechnungen bleiben an Herrchen oder Frauchen hängen.

Auf den Hund gekommen

In Baden-Württemberg sind gegenwärtig 360 Polizeihunde im Einsatz. In der Regel sind es deutsche und belgische Schäferhunde, die sich als Schutz- und Spürhunde besonders eignen. Es gibt aber auch zwei Riesenschnauzer und neuerdings drei Bayerische Gebirgs- und zwei Hannoversche Schweißhunde.

Mit der Polizeireform und der Umbenennung der Göppinger Bereitschaftspolizei zum Polizeipräsidium Einsatz ist vor eineinhalb Jahren auch das Konpetenzzentrum für Polizeihundeführer hier angesiedelt worden. Es ersetzte die Polizeihundeführerschulen in Stuttgart und Karlsruhe.