Die Auspflanzung der Jungpflanzen auf dem Feld war eine Arbeit, die der Ernte in keiner Weise nachstand – und den Einsatz der ganzen Familie erforderte. Erste Setzmaschinen brachten in den 1950er Jahren eine Erleichterung.

Rems-Murr: Sascha Schmierer (sas)

Filder - Auf den ersten Blick sieht die Maschine ganz gemütlich aus. Auf einer eisernen Konstruktion sind zwei schmale Sitze befestigt. Wer darauf Platz nimmt, sitzt sich Auge in Auge und könnte – zumindest theoretisch – ein unterhaltsames Schwätzchen halten. Ausgestattet ist das vom Pferd gezogene Gefährt außerdem mit zwei aus rundgebogenen Eisenbändern bestehenden Rädern und einer Vorrichtung, in die hölzerne Pflanzkästen mit den Spitzkraut-Setzlingen gestellt werden.

 

Für die Landwirte auf den Fildern war die Erfindung der ersten Setzmaschinen ein wahrer Segen. Endlich musste sich die Bauersfrau bei der Bepflanzung der für den Krautanbau vorgesehenen Äcker nicht mehr bei jedem einzelnen Setzling bücken, um die Jungpflanze in die tags zuvor mit der Egge nochmals gelockerte Erde zu drücken. Marie von Brand spricht in ihrer 1933 erschienenen Dissertation zur Lage der Bäuerin auf den Fildern ausdrücklich von „Großkampftagen“ und liefert eine anschauliche Beschreibung der mühevollen Arbeit.

Das Auspflanzen der Setzlinge erforderte die ganze Familie

„Am frühen Morgen werden jeweils die stärksten Pflänzchen hundertstückweis aus dem Garten geholt und genau gezählt. Bauersleute holen alle erreichbaren Hilfskräfte heran, um die Riesenarbeit, die der Ernte in keiner Weise nachsteht, zu bewältigen. Die Männer hacken rasch und unentwegt in genauen Abständen Vertiefungen in die Erde. Halbwüchsige Kinder schütten aus Kannen, die sie am mitgebrachten Fasswagen füllen, eiligst Wasser in jedes Loch. Und in langer Reihe, gebückt nebeneinander, stecken die Frauen die Pflanzen in die Erde.“

„Links neben sich hat jede einen mit Setzlingen gefüllten Henkelkorb. Taktmäßig wiederholen sich die Handgriffe, ständig rückt die Kette der Arbeitenden vor. Keine will zurückbleiben, jede geschickter sein wie die andere. So hilft ein lustiger Ehrgeiz diese für die Frauen so schwere Arbeit zu überwinden, die mehrere Tage in Anspruch nimmt. Denn ist der eigene Acker fertig, hilft man bei Freunden und Verwandten. Auch die schwangere Frau muss diese Arbeit machen, denn ein Ausfall einer Arbeitskraft ist kaum ersetzbar“, heißt es leicht gekürzt in dem von den Stadtarchiven Filderstadt und Leinfelden-Echterdingen gemeinsam veröffentlichten Band zur Geschichte des Filderkrauts.

Schöne und gerade Reihen waren der Stolz der Bauern

Auch der Plieninger Wilhelm Hertig nennt in seinen Erinnerungen die Bäuerin „das A und O im Kraubau, bei der Aussaat, beim Auspflanzen und erst recht im Herbst beim Abernten“. Er nennt einen Setzabstand von 80 Zentimetern sowohl zwischen den einzelnen Pflanzen als auch zwischen den einzelnen Reihen und spricht vom Stolz der Bauern, schöne und gerade Pflanzzeilen zu erzielen.

Das Herausziehen der Setzlinge im Hausgarten, auf schwäbisch „raiffen“, begann morgens um vier Uhr. Die Kinder hatten in der Schule um Erlaubnis bitten müssen, Ende Mai für die Feldarbeit frei zu bekommen. Laut dem Echterdinger Manfred Schäfer kalkulierten die Bauern mit 700 Setzlingen pro Tag und Arbeitskraft. Der Sinkflug beim Personalbedarf setzte erst ein, als in den 1950er Jahren die ersten Setzmaschinen auf den Markt kamen.

Ein High-Tech-Traktor setzt 80 000 Setzlinge am Tag

Zwar war bei dem Zweisitzer nicht an Komfort zu denken, die Pflanzleistung stieg aber auf 2000 Setzlinge. Mit Traktoren und einer zweireihigen Setzmaschine waren 8000 Setzlinge drin, die vierreihige Setzmaschine katapultierte die Leistung auf 20 000 Pflanzen, beschäftigte aber fünf Personen. Nur zum Vergleich: Inzwischen setzt der Landwirt mit dem High-Tech-Schlepper etwa 80 000 Setzlinge täglich – und sitzt dank vollautomatischer Bestückung beim Pflanzen bequem in seiner Fahrerkabine.

Dung, Jauche und Kalk
: Die Krautsetzlinge sind jetzt im Boden. Doch was folgten für Arbeiten, um die Pflanzen mit Nährstoffen zu versorgen und gleichzeitig die Erdflöhe fern zu halten? Antworten gibt es im nächsten Teil von „Was isch au des?“