Als ehemaliger Leichtathlet hat Jürgen Scholz Durchhaltequalitäten. Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage, sobald der Sersheimer Bürgermeister seinen Gerechtigkeitssinn verletzt sieht. Bei der Verteilung der Pensionslasten zwischen den politischen Ebenen sieht er ein derart großes Ungleichgewicht, dass er seine Gemeinde auf dem Rechtsweg von Instanz zu Instanz führt.

Sersheim - Als ehemaliger Leichtathlet hat Jürgen Scholz Durchhaltequalitäten. Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage, sobald der Sersheimer Bürgermeister seinen Gerechtigkeitssinn verletzt sieht. Bei der Verteilung der Pensionslasten zwischen den politischen Ebenen sieht Scholz ein derart großes Ungleichgewicht, dass er seine Gemeinde auf dem Rechtsweg von Instanz zu Instanz führt.

 

Konkreter Hintergrund: seine Gemeinde soll für die Pensionsansprüche ihres ehemaligen Kämmerers aufkommen – und zwar auch für die zwölf  Jahre, die der Mann bei der Bundeswehr gearbeitet hat. Jeweils 53 000 Euro soll Sersheim deshalb über fünf Jahre hinweg überweisen. „Das ist unlogisch und gemeindeunfreundlich“, sagt Jürgen Scholz Scholz. Inzwischen liegt der Fall beim Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim, der höchsten diesbezüglichen Instanz im Lande. Zuvor hatte die Gemeinde beim Verwaltungsgericht Stuttgart eine Niederlage hinnehmen müssen. Weder der Bund noch der spätere Arbeitgeber – die Gemeinde Neuenbürg im Enzkreis – müssten nach geltender Rechtslage für die Pensionslasten aufkommen. Doch genau gegen diese geltende Rechtslage richtet sich die Kritik des Sersheimer Bürgermeisters. „Das verstößt für mich gegen verfassungsmäßige Grundsätze“, sagt Jürgen Scholz.

Potenziell sind alle Kommunen im Land betroffen

Von dem Rechtsstreit sind potenziell alle Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg betroffen. Immerhin kommt es häufiger vor, dass Zeitsoldaten nach ihrer Karriere bei der Bundeswehr in eine Kommunalverwaltung wechseln. Der Hintergrund des Verfahrens ist eine Neuregelung der Pensionslasten, auf die sich Bund und Länder vor drei Jahren geeinigt haben. Zuvor hatte die Regelung gegolten, dass alle Dienstherren beim Jobwechsel eines Beamten gemeinsam anteilig, je nach Anzahl der dort geleisteten Dienstjahre, für dessen Pension aufkommen müssen.

Nach Ansicht des baden-württembergischen Finanzministeriums ist diese Regelung kompliziert und bürokratisch gewesen. So habe es etwa Fälle gegeben, bei denen ein Beamter im zarten Alter von 25 Jahren den Dienstherrn gewechselt habe. Und dann, 40 Jahre später, habe sich der frühere Dienstherr plötzlich mit einer Rechnung für alte Pensionspflichten konfrontiert gesehen. Mit der Neuregelung sei der ehemalige Dienstherr – im geschilderten Fall: die Bundeswehr – von solchen Pflichten befreit. „Bund und Länder sanieren sich auf Kosten der Städte und Gemeinden“, hält Jürgen Scholz dem entgegen.

Nun muss der Verwaltungsgerichtshof entscheiden

Kurios ist die Sache auch deshalb, weil bei einem Wechsel über eine Landesgrenze hinweg eine andere Regelung gilt. Hätte der ehemalige Sersheimer Kämmerer später einen Job in Rheinland-Pfalz angetreten, dann müsste der Bund anteilig für die zwölf Jahre währende dortige Dienstzeit aufkommen. „Logisch und kommunalfreundlich“, sei so eine Lösung, findet Jürgen Scholz. Allerdings wird sie von der geltenden Rechtslage ausgeschlossen.

Mit Spannung blickt der Rathauschef deshalb der Frage entgegen, ob sich die Richter des VGH in Mannheim lediglich mit der aktuellen Rechtslage auseinander setzen – oder ob sie die Frage stellen, inwieweit die Umverteilung die kommunale Ebene strukturell benachteiligt und deshalb gegen die Verfassung, beispielsweise das Föderalismusprinzip, verstößt.