Von Schmieröl bis zu Billigflügen: die Berliner Künstlerin Nanna Lüth spürt im Alltag sexistische Werbung auf. Die Motive für die Serie „Einblenden“ gehen ihr auch nach zehn Jahren nicht aus.

Stuttgart - Das muss man den Frauen schon lassen: Ohne sie geht auf dieser Welt so gut wie gar nichts. Ohne Frauen bekämen Hotels ihre Zimmer nicht voll und würde sich Caramba-Schmieröl nicht verkaufen. Billigflüge wären nicht an den Mann zu bekommen, und exklusive Werbeflächen blieben leer. Ist die wahre Macht der Frauen, dass sie über den Erfolg eines Produkts entscheiden? Anders kann man es sich nicht erklären, dass in der Werbung immer wieder auf weibliche Reize gesetzt wird. Ob es um Lakritzbonbons oder Dachrinnensysteme geht, um Halspastillen oder die Deutsche Agrarwirtschaft, Handytarife oder den neuen Reisekatalog – immer wieder greifen Werbedesigner zu weiblichen Reizen und spicken ihre Konzepte und Slogans mit sexuellen Anspielungen und pubertären Doppeldeutigkeiten. Als wäre der Mensch nichts als ein triebgesteuertes Tierchen.

 

Deshalb gehen Nanna Lüth die Motive auch nicht aus. Die in Berlin lebende Künstlerin und Kunstvermittlerin hat 2004 damit begonnen, sexistische und rassistische Werbung, die ihr im Alltag begegnet, zu fotografieren. Seither wächst und wächst „Einblenden“, wie sie die Serie genannt hat. Nanna Lüth fotografiert große Werbetransparente und Schaufensterdekorationen, Plakate und Baustellenbanner, aber auch beiläufige Slogans. In der öffentlichen Wahrnehmung scheint diese Art der Werbung längst selbstverständlich und akzeptiert, schließlich wird überall mit nackter Haut geworben.

Betrachtet man die Werbung dagegen gebündelt in der Serie von Nanna Lüth, wird das Prinzip dahinter augenfällig: Es werden leicht bekleidete Frauen gezeigt, tiefe Dekolletés oder Hinterteile. Es mag Ansichtssache sein, ob man das für Ausdruck einer freien Gesellschaft hält – oder ob man überzeugt ist, dass nackte Körper nichts im öffentlichen Raum zu suchen haben. Problematisch ist diese Werbung aber vor allem, weil sie immer noch auf der Vorstellung basiert, dass die einzige Funktion der Frau ist, Objekt der Begierde zu sein – wobei sie dabei auch noch uralten Klischeebildern zu folgen hat. Wie eine Ware wird sie mitverkauft, als verfügbares Lustobjekt, das dem Käufer mit dem Schmieröl oder dem Flug nach Kroatien gleich mitgeliefert wird.

Nanna Lüth, 46, arbeitet als Künstlerin und Kunstvermittlerin in Berlin und Zürich. Sie forscht zu den Themen Kunst und Medien aus geschlechtsspezifischer Sicht.

Weitere Informationen im Internet: www.nannalueth.de