Als Mann im Rollstuhl entspreche er eben nicht dem Ideal des starken Beschützers, erklärt er mit denselben Klischees, die ihn gleichzeitig ärgern. Der Umgang mit Sexualität in der Gesellschaft sei schwieriger als früher, obwohl man heutzutage mit Aufgeklärtheit kokettiere, sagt Müller. Kommt ihm mal ein lockerer Spruch über die Lippen, herrsche gerade bei Frauen, die sich selbstbewusst geben, gleich ein betretenes Schweigen. „Ich will ja nicht den Brüderle machen, aber früher wurde einem noch eher verziehen, wenn man geflirtet hat.“

 

Zu einigen weiblichen Bekannten spürte er schon eine emotionale Nähe, jedoch war jede von ihnen verheiratet. „Wenn eine auf mich zu gekommen wäre und gesagt hätte, ihr mache ein Seitensprung nichts aus, dann wäre ich wohl schwach geworden. Ich kann mir auch vorstellen, eine Partnerin mit jemandem zu teilen, um nicht ganz allein dazustehen.“

Manchmal telefoniert Müller einer verheirateten Frau hinterher. Von selbst ruft sie nie an. Sie habe so viel zu tun, sagt sie. Er sagt, sie seien Freunde. Eine andere Frau, mit der er sich gut verstand, meidet ihn inzwischen. Er hatte sie in einem Lokal kennen gelernt. Anfangs verstanden sie sich gut, „wenn Sie nicht da sind, fehlt was“, hat sie manchmal gesagt und ihm in die Jacke geholfen. Er konnte sich mehr vorstellen, auch freundschaftlich. Sagte ihr, dass er sie schätze. Doch plötzlich schlug ihre Sympathie um, als fühlte sie sich provoziert. „Jetzt bin ich der Bösewicht, dabei habe ich doch gar nichts getan. So was belastet mich.“

Friedrich Müller hat Sex mit Prostituierten, doch Tiefe und Nähe kann er nicht kaufen. Mit 22 ging er das erste Mal in ein Bordell. „Nun ist es ein fester Bestandteil in meinem Leben, leider. Und ein kostenintensiver.“ Am besten gefällt ihm eine Prostituierte, die er mal angesprochen hat und die ihn seitdem regelmäßig besucht. Er hat deswegen schon Schulden gemacht. Lange Zeit schämte er sich und war gleichzeitig wütend, offenbar keine andere Möglichkeit zu haben, sexuelle Erfahrungen zu machen. Inzwischen seien Scham und Wut abgelegt, sagt Friedrich Müller. „Aber wirkliche Erfüllung wäre für mich eine Beziehung, die auf gegenseitigem Einverständnis beruht und frei ist von Abhängigkeiten.“