Hetero-, homo- oder bisexuell? Immer mehr junge US-Stars finden, dass das die Welt nichts angeht. Kristen Stewart, Miley Cyrus, Cara Delevingne oder Rihanna – zumindest offiziell wollen sie sich nicht festlegen.

Klima und Nachhaltigkeit: Julia Bosch (jub)

Stuttgart - Wie lange hat es gedauert, bis sich erstmals Prominente öffentlich zu ihrer Homosexualität bekannten? Jahrelang galt es als unvorstellbar, dass ein Spitzenpolitiker oder gar ein Profifußballer jenseits der klassischen Vorstellungen sein Liebesleben gestaltete. Und wenn doch, dann sollte dies bitteschön hinter verschlossenen Gardinen geschehen – und ja nicht öffentlich zum Thema gemacht werden.

 

Der ehemalige Berliner Bürgermeister Klaus Wowereit (61) rief im Juni 2001 große Aufregung mit der Aussage hervor: „Ich bin schwul und das ist auch gut so.“ Der Ausspruch wurde zum geflügelten Wort, „Wowi“ war der erste deutsche Spitzenpolitiker, der so offen zu seiner Homosexualität stand. Drei Jahre später bekannte sich der Ex-Vizekanzler Guido Westerwelle dazu, Männer zu lieben. Viel Aufmerksam erregte das Outing des ehemaligen Nationalspielers Thomas Hitzlsperger (33) im Januar 2014. Von anderen Sportlern, Sportfunktionären und Politikern wurde er für seinen Mut an die Öffentlichkeit zu gehen gelobt. Es galt: Homo ist voll okay.

Weg vom Outing, hin zur „Ist-doch-egal“-Einstellung

Immer mehr Prominente aus Politik oder Gesellschaft outeten sich öffentlich: die TV-Moderatorin Anne Will, die US-Schauspielerin Ellen Paige (beide lesbisch), Neil Patrick Harris, Hape Kerkeling (beide schwul), Angelina Jolie oder Lindsay Lohan (beide bisexuell).

Mittlerweile kräht kein Hahn mehr danach, wenn sich wieder mal ein Model, ein Schauspieler oder eine Sängerin zu seiner oder ihrer Homo- oder Bisexualität bekennt. Stattdessen ist eine ganz neue Entwicklung abzusehen: Weg vom öffentlichen Outing, hin zur „Ist-doch-egal“-Einstellung. Mehrere junge Damen aus der Promiwelt erklären das Coming-out für überholt.

„Für mich würde sich so etwas nicht richtig anfühlen“, sagte die US-Schauspielerin Kristen Stewart (25) der US-Zeitschrift „Nylon“. Seit kurzem führt die „Twilight“-Hauptdarstellerin mit ihrer Assistentin Alicia Cargile eine Beziehung. Sie wolle sich nicht in eine Schublade stecken lassen. „Wenn du das Gefühl hast, dich definieren zu wollen, und du die Möglichkeit hast, alle diese Faktoren zu artikulieren, die dich dann definieren, dann mach es. Ich bin aber eine Schauspielerin. Ich lebe in der verdammten Doppeldeutigkeit dieses Lebens, und ich liebe es. Ich glaube nicht, dass es für mich selbst richtig wäre, zu sagen: ,Ich oute mich.’“, sagte Stewart und fügte hinzu: „Ich glaube in drei oder vier Jahren wird es eine ganze Menge Leute geben, die es nicht für nötig halten werden, festzulegen, ob man homo- oder heterosexuell ist.“

Erst mit einem Mann liiert, dann mit einer Frau

Von ihren Kolleginnen bekommt Kristen Stewart allerlei Unterstützung, wie etwa von Miley Cyrus (22). Die US-Sängerin machte jahrelang mit Männergeschichten Schlagzeilen: Zuerst war sie mit ihrem Kollegen Liam Hemsworth verlobt, später wurde ihr eine Affäre mit Patrick Schwarzenegger, dem Sohn des Actionstars Arnold Schwarzenegger, nachgesagt. Nun führt sie seit kurzem eine Beziehung mit dem Victoria’s-Secret-Model Stella Maxwell. „Ich bin wirklich offen für alles – vorausgesetzt, es ist legal, es sind keine Tiere involviert, und alle Beteiligten sind volljährig“, sagte Cyrus dem „Paper Magazin“ in einem Interview und ergänzte: „Ich fühle mich weder als Junge noch als Mädchen, und ich erwarte auch nicht von meinem Partner, dass er oder sie sich als Junge oder Mädchen fühlt.“

Auch das britische Model Cara Delevingne (22), die bereits mit mehreren Männern und bis vor wenigen Wochen auch mit der US-Musikerin Annie Clark zusammen war, betonte, dass sie nicht nur eine „Phase“ durchmache, sondern dass sie eben „so ist, wie sie ist“. Auch die US-Sängerin Rihanna möchte sich nicht festlegen. Seit dem Ende ihrer Beziehung mit dem Hip-Hop-Musiker Chris Brown werden ihr immer wieder Affären mit unterschiedlichen Männern und Frauen nachgesagt, darunter auch mit Leonardo DiCaprio und der Schauspielerin Michelle Rodriguez, die bereits mit Cara Delevingne eine kurze Liaison hatte.

Bisher äußerten sich nur junge Promis in diesem Sinne

Das klassische Coming-out scheint für viele Promidamen nicht mehr zeitgemäß. Ihr Motto: Wir wollen nicht über unsere Sexualität definiert werden. Und auch andere sollen darüber nicht definiert werden. Liebt wen ihr wollt. Seid hetero-, homo- oder bisexuell. Es ist völlig egal.

Eines ist dabei auffällig: Bisher haben sich nur junge Promis in diesem Sinne geäußert. Das kann bedeuten, dass es der Beginn eines Trends ist, der naturgemäß seltener von den Älteren entwickelt wird. Oder es heißt, dass sich junge Erwachsene einfach ausprobieren wollen, bevor sie sich auf etwas festlegen. Und auch das ist dann völlig okay so.