Keiner in Amerika und Europa kommt ihm gleich. Dafür ist die politische Dummheit auf dem Vormarsch, meint unsere Kolumnistin Sibylle Krause-Burger.

Stuttgart - Dieser lässige, fast tänzerische Schritt über den Rasen des Weißen Hauses zu den Mikrofonen der Medienmeute! Diese Eleganz aller seiner Bewegungen! Diese Treffsicherheit in seinen Reden. Diese Staunen machende Vielseitigkeit. Unvermittelt stimmt er ein Gospel auf einer Trauerfeier für die Opfer eines Amoklaufes an. Aus dem Stand lässt er sich vor den Kameras der Welt zum Tango-Tanzen auffordern. Vor der White House Press gibt er zum Abschiedsfest den Entertainer. Einfühlsam ist er, heiter und humorvoll.

 

Mut hat er und Elan. Die Gesundheitsreform hat er durchgeboxt. Den Kubanern reicht er die Hand zur Versöhnung, in Japan verneigt er sich vor den Opfern der amerikanischen Atombombe. Und dass er etwas falsch gemacht hat – nämlich in Libyen nicht über die Zeit nach Gaddafis Tod hinauszudenken – gesteht er selbstkritisch ein. Ich werde Barack Obama vermissen, wenn seine Amtszeit abgelaufen ist, selbst wenn ihm eine Frau als erste Präsidentin der USA nachfolgen sollte.

In Wien blüht vielleicht ein Pflänzchen

Denn wer von denen, die derzeit ein Quäntchen Weltmacht ausüben, kann da mithalten? Francois Hollande vielleicht, das Abziehbild eines Präsidenten, der gerade die französische Revolutionslust schmerzlich zu spüren bekommt und allenfalls in der Damenwelt – man versteht nicht, warum – offenbar einen Hauch von Charisma verströmt? Oder David Cameron, dieser brav gescheitelte Eliteschuleabsolvent aus gutem Haus, den der Brexit hinwegzufegen droht? Oder gar unsere matronenhafte Angela, die Frau ohne Ausstrahlung, der auch zum weiblichen Demosthenes alles fehlt und die den Zenit ihrer Möglichkeiten spätestens seit dem Türken-Deal überschritten hat? Sie ist beharrlich, ja, das ist sie, und darin dem Erzfeind Seehofer weit überlegen. Vielleicht trägt sie deshalb seit neuestem dieses selbstzufriedene Lächeln durch die Gipfel-Landschaften, obwohl es doch sonst wenig Grund zur Freude gibt? Aber sie ist ja auch schon zwei Jahre länger im Amt als der amerikanische Kollege. Da glaubt man eben, alles richtig zu machen und unersetzlich zu sein.

Wen aber gibt es noch? Vielleicht die Brüsseler Herren? Ach, sie sind zwar so charmant, besonders die Luxemburger, aber im Vergleich zu Obama auch schon ein bisschen alt und ziemlich machtlos. Die Dame Lagarde, obwohl auf der Weltbühne und von großem Einfluss, spielt auf einem völlig anderen Feld. Alexis Tsipras ist nicht nur dauerhafter Insolvenzverwalter, er hat auch die Lehrzeit in Realpolitik noch nicht ganz abgeschlossen. Doch in Wien, wo die Diplomatie seit Alters her zu Hause ist, blüht vielleicht ein Pflänzchen: Sebastian Kurz, ein blutjunger, noch nicht einmal dreißig Jahre alter Außenminister, gescheit, beredt, mit politischem Gespür ausgestattet, maßvoll, gut aussehend, ein Metternichchen. Nur schade für diese Karriere, dass Habsburgs Zeiten vorbei sind und die Macht inzwischen woanders haust.

Ein moderner Kennedy – ohne polygame Charakterfehler

Sie haust nicht ausschließlich, doch zu einem gewichtigen Teil nach wie vor in den Vereinigten Staaten. Und von dort leuchtet uns für ein paar Monate noch Obamas Stern. Es ist zwar wahr, dass er nicht alles erreicht hat, was er erreichen wollte. Auch Guantanamo besteht noch. Doch wo er scheiterte, hat das mehr mit der konsequent gewaltenteiligen amerikanischen Verfassung und den republikanischen Mehrheiten im Kongress zu tun als mit seiner Person. Im Gegensatz zum deutschen Kanzler, den das Parlament wählt, wird der amerikanische Präsident vom Volk auf den Schild gehoben und wenn er Pech hat – wie Obama in seiner zweiten Amtszeit – dann stehen die Mehrheiten in beiden Kammern des Parlaments gegen ihn.

Dass dies so ist, liegt aber auch an dem Hass, der mit seiner Wahl und Wiederwahl und all seinem Charme längst nicht besiegt ist. Die Widerstände gegen einen Afroamerikaner im Weißen Haus, und sei er noch so begabt, oder auch gerade deshalb, sind immer heftiger geworden. Umso erstaunlicher, dass Amerika diesen Mann zwei Mal gewählt hat. Und fast wundersam, dass er, ein moderner Kennedy (ohne dessen polygamen Charakterfehler) im Land der Waffennarren noch lebt.

Denn da hat sich etwas zusammengebraut. Es sammelt sich hinter Donald Trump, einem Anti-Obama, einem unfeinen, ungebildeten, groben, verleumderischen Verächter von Minderheiten, von Einwanderern, von Frauen, einem Volksverhetzer und Gewaltverherrlicher, der so tut, als ob das unendlich schwierige Geschäft der Politik ganz einfach sei; als ob im Zeitalter der Globalisierung rein-nationale Lösungen die Rettung wären; als ob Amerika wieder so groß und weltenbewegend sein könne wie einst im Mai.

Das kommt uns bekannt vor. Da hören wir den Mini-Trump Höcke heraus, die Wilders, Le Pens und wie sie alle heißen. Wenn Obama, der Feinsinnige, für das steht, was man heute „good governance“ nennt, so stehen Trump und die ihm verwandte Klientel für „bad governance“ und das darauf folgende unausweichliche Chaos. Die Obamesen wenden sich an das aufgeklärte Publikum. Trump ist Manna für die politische Dummheit. Die triumphiert aber bloß mit einem wirkmächtigen Vormann. Ein Glück für uns Deutsche, dass die AfD nur Witzfiguren an ihrer Spitze hat.