Die Regierung zeigt sich spendierfreudig. Dabei wird häufig nur eine Klientel bedient. Teuer bezahlen müssen es dagegen alle Bürger – meint die StZ-Kolumnistin Sibylle Krause-Burger.

Stuttgart - Die großen Fragen unserer Republik sind unter der Regie bedeutender deutscher Politiker längst entschieden. Konrad Adenauer führte uns nach Hitlers Gräuelregime über die Westintegration in die Gemeinschaft der gesitteten Völker zurück. Willy Brandt stand für die Aussöhnung mit dem Osten. Helmut Schmidt wies den Terror der RAF in die Schranken. Helmut Kohl betrieb die Wiedervereinigung mit staatsmännischem Geschick. Gerhard Schröder setzte mutig auf die Agenda 2010 und stellte die Weichen für Wirtschaftswachstum und Wohlstand. In jedem dieser Fälle war klar, welche Probleme einer Lösung harrten. Die Adenauer-Brandt-Schmidt-Kohl-Schröder-Kanzlerei samt ihren Mitstreitern konnten einfach zugreifen, um sich vor dem Wähler und vor der Geschichte kenntlich zu machen. Die Nachfolger haben es viel schwerer. Sie müssen nach Federn suchen, die sie sich an den Hut stecken können.

 

Woran soll man also sehen, was die nordische Maid Manuela Schwesig im Köcher hat? Mit dem Elterngeld Plus für Paare, die in Teilzeit arbeiten, könnte sie punkten, auch wenn die Kanzlerin vorerst nein sagt. Ein hübscher Gedanke ist es trotzdem. Und womit wollte uns der im Saarland immer wieder gescheiterte Herr Maas jetzt im Bundesjustizministerium beeindrucken? Mit Widerstand gegen die doch dringend benötigte Vorratsdatenspeicherung. Wie praktisch, dass ihn der Europäische Gerichtshof darin unterstützt. Seine Feder biegt sich im Wind.

Andrea Nahles besiegt Müntefering zum zweiten Mal

Weitaus origineller ist der Vorschlag von Aydan Özoguz, der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung. Die Gleichheitsfreundin will alle Ausländer – nicht nur die aus dem EU-Raum - bei Kommunalwahlen mitwählen zu lassen. Toll! Da kommt in der Mehrheitsgesellschaft gewiss Freude auf, und mancher Hiesige fragt sich, ob auch ihm solche globalen Rechte zustehen und er – oder sie – künftig nicht nur in Gaisburg, sondern auch in Ghana zur Urne schreiten darf. Großartig, Frau Özoguz! Hallo, Huuhuuu! Ja, wir hören und sehen Sie. Doch keine schmückt sich so wirkungsvoll wie Ursula von der Leyen, die mittlerweile ganze Federbüsche auf dem Haupte trägt. Ihr danken wir die Kita-Initiative und den Hype um die Frauenquote. Sie wirbt, nun als Verteidigungsministerin, für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auch in der Bundeswehr, obwohl keiner so recht weiß, wie das zwischen Augsburg und Afghanistan denn gehen soll. Noch als Arbeitsministerin machte sie sich für die Mütterrente stark. Wenn die nun kommt, federflattert auch dieses Vorhaben an von der Leyens Kopfbedeckung. Und wenn es den Volksbeglückungsorden erster Klasse am Band gäbe – , ihr vor allem müsste er umgehängt werden.

Allerdings wäre auch Andrea Nahles, die neue Arbeitsministerin eine verdiente Aspirantin. Denn sie hat den Knüller schlechthin im Tornister – die Rente mit 63 natürlich. Nach Münteferings ungeliebter, aber notwendiger Rente mit 67 nun die Rolle rückwärts. Wunderbar! Ein Aufatmen geht durch die SPD, endlich ist die Partei wieder ganz bei sich selbst. Und wem hat sie, wem haben wir das zu danken? Der Genossin Nahles mit ihrer Durchsetzungskraft. Seht also, wie die Frau strahlt, wie überzeugend sie sich selbst feiert. Tor! Tor! Tor! Jetzt hat sie Münte, den sie 2005 vom SPD-Vorsitz vertrieb, zum zweiten Mal besiegt. Verneigt Euch vor der Feder an ihrem Hut. Dazu ist die da. Sonst wüssten wir armen und dummen Bürger gar nicht, welch menschenfreundliches politisches Genie sich darunter verbirgt.

Die Union will mit der Mütterrente brillieren

Dabei handelt es sich doch in jedem dieser Fälle um Wohltaten, die zwar für uns gedacht, bisweilen – wie etwa der Kita-Ausbau – auch im Interesse der ganzen Gesellschaft notwendig sind. Häufig wird jedoch nur eine Klientel bedient. Zu bezahlen sind die Gefälligkeiten jedoch von uns allen. Und in diesem Verwöhnprogramm kommt ja tatsächlich einiges zusammen.

Die FDP wollte mit dem Nachlass auf die Mehrwertsteuer die Hoteliers streicheln. Die schnurren immer noch vor Wonne. Edmond Stoiber musste der berufsfrauenfreundlichen Kita-Initiative seiner Unionsfreundin von der Leyen etwas Hausmütterlich-Konservatives entgegensetzen. Schwupp, war das Betreuungsgeld geboren. Eine Feder zunächst am Stoiber-Hut, danach an dem der ganzen CSU. Die ließ nicht mehr locker. Denn nicht nur die einzelnen Personen, auch ihre Parteien stecken sich diesen und jenen Schmuck auf, um wahrgenommen, geliebt und gewählt zu werden. Und was einmal steckt, das steckt. Oder sollte der Irrsinn des Betreuungsgeldes, der sogenannten Herdprämie, nicht mit der Regierungsbeteiligung der SPD fallen? Die Genossen konnten es nicht durchsetzen.

Jetzt also der nächste Streich. Die Union will mit der Mütterrente brillieren, die SPD mit der Rente mit 63. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben. Wir sollen es froh und munter sein, sollen unsere Kinder und Enkel belastet sehen, obwohl die Fachleute an den unzeitgemäßen Plänen in unserer jetzt schon überalterten Gesellschaft kein gutes Haar lassen. Macht nichts. Platz für die Gerechtigkeit, heißt das Panier, selbst wenn der Segen den falschen Leuten zugute kommt. Die Kanzlerin, um des Erhalts ihrer Macht willen, schaut völlig ungerührt zu. Also bleibt man dabei, auf dass die Federn im Frühlingslicht flirren. Ein Ende der Bedürfniserfinderei ist nicht abzusehen.