Der neue Revierleiter auf den Fildern bringt den Degerlochern bei seinem Antrittsbesuch eine Nachricht mit, die nicht allen gefällt: Die Polizeirevierstation wird wohl in einen Posten umgewandelt.

Degerloch - Seit Anfang Juli leitet Martin Rathgeb das Polizeirevier 4, das an der Balinger Straße in Möhringen beheimatet ist. Bei seiner Vorstellung im Bezirksbeirat Degerloch in seiner jüngsten Sitzung sorgte er für lange Gesichter. Denn die Polizeirevierstation, so seine Einschätzung, werde mittelfristig in einen Polizeiposten umgewandelt. Eine Entscheidung sei zwar noch nicht gefallen, aber Rathgeb machte keinen Hehl aus seiner Abneigung gegen das „diskussionswürdige Instrumentarium“, wie er die Revierstation nannte.

 

Die Katze ist aus dem Sack

Dabei hatte der CDU-Bezirksbeirat Götz Bräuer am Anfang der Sitzung noch gehofft, dass es anders kommt. „Falls Sie da Mitsprache haben, legen Sie doch ein gutes Wort dafür ein, dass die Revierstation bleibt“, sagte Bräuer. Die Präsenz der Polizei sei wichtig und trage zum Sicherheitsgefühl der Bürger bei, so der Lokalpolitiker.

Wie die anderen Mitglieder des Beirats erwischte ihn die Einschätzung Martin Rathgebs auf dem falschen Fuß. „Jetzt ist die Katze aus dem Sack“, stellte die Bezirksvorsteherin Brigitte Kunath-Scheffold etwas konsterniert fest.

Rathgeb versuchte, die allgemeine Betroffenheit zu beschwichtigen. Die Umwandlung von einer Revierstation in einen Polizeiposten sei eigentlich nicht der Rede wert. „Das Personal wird nicht reduziert“, so der Revierleiter. Der einzige Unterschied bestehe darin, dass es keinen Wachhabenden mehr geben werde, der die ganze Nacht anwesend ist. „Aber der bringt sowieso nichts“, so Rathgeb. In akuten Fällen könne ein Beamter laut Vorschrift nämlich nicht allein handeln, sondern müsse auch erst Verstärkung anfordern.

Verlust subjektiver Sicherheit

Den Verlust subjektiver Sicherheit stellte Martin Rathgeb nicht infrage. Einen Kontakt aber habe man weiterhin auch nachts – nur, dass man dann künftig eben keinen Beamten aus Fleisch und Blut vor sich habe, sondern sein Anliegen über eine Sprechanlage kundtun müsse.

Trotzdem, so Götz Bräuer, gehe es um die gefühlte Sicherheit der Menschen. „Wenn die Polizei an neuralgischen Punkten Präsenz zeigt, finden wir vielleicht auch einen Weg ohne Revierstation“, sagte Bräuer schließlich.

Michael Huppenbauer (Grüne) regte an, einen Monitor zu installieren, so dass wenigstens ein visueller Kontakt mit einem Beamten bestehe. „Ich muss zugeben, bei dem Vorschlag musste ich erst mal schmunzeln“, sagte Rathgeb, versprach aber, über die Anregung nachzudenken. Tagsüber sei auch ein Polizeiposten immer von 7 bis 20 Uhr besetzt – das sei die Hauptsache, so der Revierleiter.

Info
Eine Polizeirevierstation wie an der Karl-Pfaff-Straße in Degerloch ist eine absolute Seltenheit. In Baden-Württemberg gibt es nur drei dieser Konstrukte, alle in der Landeshauptstadt (Degerloch, S-Süd, Untertürkheim). Der Normalfall einer dem Polizeirevier zugeordneten Dienststelle ist der Polizeiposten. „Die Polizeirevierstation war ein Zugeständnis an die Bürger nach der Polizeireform“, erklärt Stefan Keilbach, Pressesprecher im Polizeipräsidium. Nach dem Wegzug des Degerlocher Polizeireviers habe man diese Zwitterform geschaffen, um dem Sicherheitsgefühl der Bürger entgegenzukommen. Der Unterschied zum Polizeiposten bestehe darin, dass in der Polizeirevierstation ein Beamter auch nachts im Einsatz ist. Dieser Nachtposten würde aber kaum frequentiert, sagt Keilbach. Der Sinn der Polizeirevierstation sei deshalb sehr umstritten und eher von symbolischem Wert.