Frühe Dunkelheit, Eisglätte, Nässe und Nebel: Passionierte Radfahrer lassen den Drahtesel auch in der kalten Jahreshälfte nicht in der Garage, sollten nun aber einige Dinge beachten.

Stuttgart - Dunkel, neblig, nass und glatt – für Radfahrer stellt die derzeitige Wetterlage ein großes Risiko dar. Dennoch wollen viele Menschen ihr Fahrrad in der dunklen Jahreszeit nicht im Keller oder in der Garage stehen lassen. Immer mehr Deutsche radeln bei jedem Wetter. Laut dem „Fahrrad-Monitor 2017“, einer Untersuchung des Verkehrsministeriums, nutzt jeder dritte Bundesbürger das Rad regelmäßig – sei es für den täglichen Weg zur Arbeit, für eine ausgedehnte Tour am Wochenende oder zum Sport in freier Natur. Zugleich fühlt sich fast die Hälfte der Befragten beim Radfahren nicht sicher – etwa wegen fehlender oder ungepflegter Radwege, dichten Verkehrs oder rücksichtsloser Autofahrer. Schlechte Witterungsverhältnisse im Winter erschweren das Radfahrerleben zusätzlich.

 

Denn das Radfahren bei winterlichem Schmuddelwetter birgt gleich mehrere Probleme: Einerseits muss der Körper vor Nässe und Kälte geschützt werden – doch die dicke Kleidung, Mütze und Schal schränken die gewohnte Bewegungsfreiheit und das Gesichtsfeld teilweise ein. Zugleich ist auch das Fahr- und Bremsverhalten auf nassen oder gar eisglatten Wegen anders als gewohnt. Und dann sieht man wegen der frühen Dunkelheit, Spiegelungen auf nasser Fahrbahn sowie Nebel schlechter als sonst und wird von anderen Verkehrsteilnehmern leichter übersehen. Unter diesen erschwerten Umständen kann Radfahren schnell Unfälle nach sich ziehen, die im schlimmsten Fall dauerhafte körperliche Beeinträchtigungen zur Folge haben können.

„Daher ist es im Herbst und Winter besonders wichtig, das Licht am Fahrrad einzuschalten“, betont Rudolf Kayser, Unfallexperte bei der Ergo-Versicherungsgruppe. „Dadurch verbessert sich nicht nur die eigene Sicht, auch andere Verkehrsteilnehmer können Radfahrer besser sehen.“

Dünn und atmungsaktiv, winddicht und wasserabweisend

Gesetzlich vorgeschrieben sind Licht und Reflektoren vorne und hinten sowie Reflektoren an Reifen, Speichen und Pedalen. Der Radexperte der Stiftung Warentest, Ulf Hoffmann, hält einen Nabendynamo für die erste Wahl: kein Laden, kein Batteriewechsel. Dynamoscheinwerfer werden allgemein als zuverlässig, wartungsarm und als immer betriebsbereit bezeichnet. Selbst wenn der Radler an einer Ampel halten muss, leuchtet die Lampe dank Standlichtfunktion weiter. Hoffmann empfiehlt, dazu batteriebetriebene LED-Leuchten zu verwenden: „Sie bieten ein zusätzliches Plus an Sicherheit.“

Auch die richtige Kleidung ist wichtig für eine sichere Fahrt: Am besten sollte man helle, reflektierende Farben wählen. „Eine reflektierende Sicherheitsweste oder ein Schultergurt verbessern die Sichtbarkeit zusätzlich“, sagt Kayser. Die optimale Oberbekleidung für Radfahrer, die auch bei frostigen Temperaturen unterwegs sind, sollte laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) „dünn und atmungsaktiv, winddicht und wasserabweisend sein“.

Frieren sollte man dennoch nicht, weshalb Ulf Hoffmann in seinem Buch „Das Fahrradbuch“ zum Zwiebelprinzip rät: „Möglichst mehrere Lagen übereinanderziehen.“ Er hält Fleecebekleidung für die beste Lösung. Zudem gibt es Radhosen, die an den Schenkeln und Schienbeinen durch wasser– und winddichtes Material vor Auskühlung schützen. Bei der Wahl der Kleidung gilt die Regel: Hauptsache, gesehen werden. „Deshalb unbedingt reflektierende Kleidung oder eine Warnweste anziehen“, rät Hoffmann. „Auch die Handschuhe sollten mit Reflektoren versehen sein.“ So werden bei Dunkelheit Handzeichen vor dem Abbiegen besser wahrgenommen. Damit der Kopf warm und trocken bleibt, rät Hoffmann, eine Regenhaube über den Helm zu ziehen oder offene Helme mit Klebeband abzudichten.

„Auf scharfe Bremsmanöver verzichten“

Für die Fahrt selbst gilt, aufmerksam und langsam zu fahren. Feuchtes Laub oder überfrierende Nässe können Radwege rutschig machen. „Um die Rutschgefahr zu verringern, sollten Radfahrer auf abrupte Schlenker und scharfe Bremsmanöver verzichten“, sagt Unfallexperte Kayser. „Außerdem kann es helfen, etwas Luft aus den Reifen zu lassen. Dadurch vergrößert sich die Auflagefläche des Rades.“ Wer die Pedale mit Schmirgelpapier etwas aufraut, hat zudem besseren Halt, wenn sie nass sind. Und ein Fahrradhelm ist natürlich gerade in der kalten Jahreszeit unverzichtbar.

Nicht zuletzt sollte das Rad regelmäßig gewartet werden. Kälte, Nässe und Streusalz machen der Technik zu schaffen – egal wie robust das Modell ist. Hoffmann empfiehlt, die Bowdenzüge gut mit dünnem Öl oder Teflonfett zu schmieren, damit Bremse und Schaltung nicht schwergängig werden. Eingefettet gehören auch Schrauben und Hebel sowie das Fahrradschloss, damit sie bei frostigen Temperaturen nicht einfrieren. Wenig Hilfe gibt es jedoch, wenn die Kette durchrutscht. Das kann bei Schneematsch recht schnell passieren, wenn sich Eis zwischen die Ritzen setzt. Daher rät der ADFC dazu, das Rad öfter zu putzen – vor allem die Kette, die dann wieder geölt werden muss – sowie vor jeder Fahrt Licht und Bremsen zu prüfen. Generell gilt: Die Bremsklötze müssen spätestens getauscht werden, wenn die Querrillen nicht mehr deutlich zu erkennen sind. Die Deutsche Vermögensberatung AG rät zudem zur Verwendung einer Notfall-App. Eine Sicherheits-App schicke im Ernstfall die wichtigsten Infos an die Helfer und zeige die Position des Nutzers an. Vor allem für Radler, die oft allein unterwegs sind, sei eine solche App eine Überlegung wert.

Wo fährt man am besten bei Eis und Schnee?

Ausweichen: Radwege müssen nur geräumt oder gestreut werden, wenn sie als verkehrswichtig angesehen werden oder es sich um einen bekanntermaßen gefährlichen Straßenabschnitt handelt. Ist ein Radweg nicht gestreut oder von Eis und Schnee befreit, die Straße aber schon, darf der Radler auch auf die Straße ausweichen.

Schadenersatz: Die Sturzgefahr bei Winterfahrten mit dem Rad ist besonders hoch. Doch Schadenersatz können gestürzte Radfahrer nur erwarten, wenn die Gemeinde ihren Winterdienst vernachlässigt hat, zitiert der Rechtsexperte des ADFC, Roland Huhn, aus einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH III ZR 200/63).