Ein bekiffter Fahrer, ein verrosteter Hublift, heruntergefahrene Bremsen: die Polizei hat heftige Mängel an Schulbussen der US Army gefunden. Für Busunternehmer aus der Region wirft der Fall ein Schlaglicht auf die mögliche Zukunft des Busverkehrs unter verschärftem Preisdruck.

Region Stuttgart - Sicherheit ist das am meisten benutzte Wort bei diesem Ortstermin. Der Kultusminister Andreas Stoch (SPD) ist gekommen, die Stadt Remseck und der örtliche Busunternehmer Matthias Knisel präsentieren stolz, wie viel sie tun, damit Schüler den Weg zur Schule sicher zurücklegen. In den Türen könne auch beim größten Gedränge niemand eingeklemmt werden, die Dekra prüfe regelmäßig die Ausstattung, Fahrer und Schüler würden trainiert – das alles freiwillig. „Der Schulbus ist das sicherste Verkehrsmittel auf dem Schulweg“, sagt Witgar Weber, der Chef des Busunternehmerverbands WBO.

 

Umso mehr Aufregung hat deshalb eine kleine Pressenotiz ausgelöst, die vor Kurzem publiziert wurde. Die Polizei hatte in Stuttgart vier Kleinbusse kontrolliert, die im Auftrag der US-Army Schüler zu den Elementary und High Schools der Patch- und Robinson-Baracks beförderten. Die Liste der Beanstandungen war lang: Mängel an der Auspuffanlage und den Bremsen, an der Lenkung und am Fahrwerk. Sitze waren nicht richtig befestigt, wichtige Teile waren mit Kabelbindern befestigt, eine Hubplattform für Behinderte war durchgerostet und fiel bei der Kontrolle auf die Straße. Ein Fahrer hatte zuvor Marihuana konsumiert, ein Drogentest ergab noch Rückstände in seinem Blut. Die vier Schulbusse wurden aus dem Verkehr gezogen.

„Das darf nicht zum Muster werden“

Das bringt die Busunternehmer in der Region Stuttgart gleich zweifach auf die Palme: erstens, weil Sie um den guten Ruf des Schulbusverkehrs fürchten. Und zweitens, weil sie in den Zuständen der Busse, die im Auftrag der Army fuhren, einen Vorgeschmack auf die ab Ende 2016 anstehenden Wettbewerbsverfahren im Busverkehr sehen. „Wenn die Buslinien nach einem reinen Preiswettbewerb ausgeschrieben werden, dann treibt das solche Blüten“, sagt Witgar Weber, „das darf nicht zum Muster für die ganze Region werden.“

Anders als bislang bei den regulären Buslinien gelten für die Schulbusse der US Army nämlich bereits jetzt die Regeln des freien Marktes. Die Fahrten – 76 Busse für 1900 Schüler, die jährlich fast 67 000 Kilometer zurücklegen – werden von der Army-Verwaltung in Wiesbaden ausgeschrieben. Sicherheit spiele bei den Bedingungen durchaus eine Rolle, betont Robert Purtinam, Pressesprecher der Army. Am Ende erhielten aber ganz einfach die Unternehmen den Zuschlag, die das günstigste Angebot abgeben. „Das ist der Hauptgesichtspunkt.“

„Da sitzen Hausfrauen oder Rentner hinterm Steuer“

Die Armyverwaltung habe mit den beiden betreffenden Unternehmen, zu denen die vier Busse mit den Mängeln gehören, ernste Gespräche geführt. Konsequenzen, etwa eine Vertragsstrafe oder gar eine Vertragsaufhebung, hätten die Betriebe aus dem Kreis Böblingen und aus Bayern aber erst „nach wiederholter Verletzung von Sicherheitsregeln“ zu befürchten.

Matthias Knisel sieht in dieser Form der Ausschreibung einen „ruinösen Preiswettbewerb. Da wird mit Hausfrauen oder Rentnern auf 450-Euro-Basis als Fahrern gearbeitet“. Auch sein Unternehmen habe bis vor einigen Jahren solche Linien gefahren. „Aber das hat sich für uns nicht mehr gerechnet.“ Die Folgen der günstigeren Preise seien haarsträubend: „Da fahren uralte Schemel rum.“

„Solche Busse können eine Zeitbombe sein“

Auch das Böblinger Unternehmen Pflieger war lange im Auftrag der US Army unterwegs – 23 Jahre lang, wie der Chef Hermann Pflieger berichtet. Vor einigen Jahren hätten aber verstärkt Anbieter auf den Markt gedrängt, die rund ein Drittel billiger seien. Er erinnere sich noch gut an die strengen Sicherheitskontrollen der US Army auf den Schulgeländen. „Aber solche Oldtimer-Busse können selber eine Zeitbombe darstellen. Das wird anscheinend nicht geprüft“, sagt Pflieger. Bei den bislang praktizierten Konzessionsverfahren bei der Vergabe der Linien sei Zuverlässigkeit ein wichtiger Faktor. Das drohe beim Ausschreibungswettbewerb unter die Räder zu kommen, befürchtet Pflieger.

Ein Streitpunkt zwischen den mittelständischen Busunternehmen und den öffentlichen Behörden ist der Umgang mit den Einnahmen aus der Schülerbeförderung. Bislang landet das Geld der Ticketerlöse in den Kassen der Unternehmer. Zurzeit erwägt das Land, dieses Geld der öffentlichen Hand zuzuschlagen, die es dann verteilt. Das klingt unspektakulär, habe aber für die Unternehmer womöglich harte Konsequenzen, wie Witgar Weber vom WBO erläutert. Wenn Unternehmen genügend eigene Einnahmen hätten, könnten sie damit einen Preiswettbewerb vermeiden. Gälten die Einnahmen aber als öffentliche Zuweisungen, „dann kommen womöglich alle Unternehmen in die Ausschreibung“. Welche Folgen das haben könne, hätten die US-Schulbuskontrollen gezeigt.