Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Seine Sorge war berechtigt. Die Atomlobby machte umgehend mobil, die CDU-Ministerpräsidenten intervenierten bei Kanzlerin Angela Merkel - schon war der Forderungskatalog vom Tisch. Wie erahnt wurde ein geschlossenes Gremium mit der Aufarbeitung von Fukushima beauftragt - die Reaktorsicherheitskommission, kurz RSK. Als Röttgen und der RSK-Chef Rudolf Wieland Ende März ihre Prüfliste vorstellten, sahen sich die Skeptiker bestätigt. Es handele sich um eine "schwammige Auflistung von Themen", die weit hinter den Forderungen der Fachbeamten zurückbleibe, rügte die Karlsruher Grünen-Abgeordnete und Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl. Der angebliche Stresstest gerate zum "Weichspülprogramm".

 

Auch eine weitere Befürchtung von Niehaus' Team erwies sich als begründet. "Die Bundesaufsicht erhält ohne Einschränkungen alle gewünschten Unterlagen und zieht die RSK zu übergeordneten Fragen hinzu", hieß es vorsorglich in dessen Papier. Es kam genau umgekehrt. Das Sagen hat die eigentlich dem Ministerium unterstehende Kommission, die Ministerialen dürfen nicht einmal richtig mitreden. Bei den entscheidenden Redaktionssitzungen sind sie nicht mit dabei, bestätigte Röttgens Staatssekretärin indirekt in einer Antwort an Kotting-Uhl. Es sei "mehr als seltsam", befand die Grüne, dass die Experten vor der Tür bleiben müssten. Auch zentrale Dokumente wie der umfassende Fragenkatalog der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) werden ihnen vorenthalten - offenbar auf Drängen von Ländern wie Baden-Württemberg, die Auftraggeber der GRS sind. Intern ist als Begründung für den Ausschluss zu hören, die Reaktorsicherheitskommission solle nicht durch "Aufpasser" brüskiert werden.

Abteilungschef Hennenhöfer ist empört

Auf der Arbeitsebene des Ministeriums herrsche nun "helle Empörung", verlautet aus Fachkreisen. Ohne eine unmittelbare Beteiligung könne sie den Prüfprozess nicht kritisch begleiten. Empört sei auch der Abteilungschef Hennenhöfer - aber nicht über den Ausschluss seiner Leute, sondern über deren Intervention beim Minister. Wie Röttgen mit dem Hilferuf umgeht, bleibt zunächst offen; noch gibt es von ihm offenbar keine Reaktion darauf. Auf StZ-Anfrage sagte einer seiner Sprecher lediglich, zur "internen Willensbildung im Ministerium" äußere man sich grundsätzlich nicht.

Bisher konnte sich Hennenhöfer, schon zu Zeiten der Umweltministerin Merkel einmal Chef der Atomaufsicht, auf die Rückendeckung Röttgens verlassen. Bei seiner erneuten Berufung 2009 hatten die Umweltverbände den Juristen wegen seiner Tätigkeit für den Eon-Konzern scharf attackiert: nun übernehme ein Atomlobbyist die Kontrolle der Kernkraftwerke. Doch der Minister ließ die Vorwürfe scharf zurückweisen. An den fachlichen Qualitäten des obersten Aufsehers bestünden so wenig Zweifel wie an seiner "strikten Sicherheitsorientierung". Angesichts des Eklats fragt man sich im Ministerium schon, wie Hennenhöfer und Niehaus weiter zusammenarbeiten sollen. Bis zur Pensionierung des Spitzenbeamten (Jahrgang 1947) zu warten könne schwierig werden. Vorher wird in der deutschen Atomaufsicht freilich noch ein Posten frei, bei dessen Wiederbesetzung kritischer Sachverstand gefragt sein dürfte. Im Oktober erreicht der Abteilungschef im Stuttgarter Umweltministerium, Oskar Grözinger, das Rentenalter.

Ministerialen dürfen richtig mitreden

Seine Sorge war berechtigt. Die Atomlobby machte umgehend mobil, die CDU-Ministerpräsidenten intervenierten bei Kanzlerin Angela Merkel - schon war der Forderungskatalog vom Tisch. Wie erahnt wurde ein geschlossenes Gremium mit der Aufarbeitung von Fukushima beauftragt - die Reaktorsicherheitskommission, kurz RSK. Als Röttgen und der RSK-Chef Rudolf Wieland Ende März ihre Prüfliste vorstellten, sahen sich die Skeptiker bestätigt. Es handele sich um eine "schwammige Auflistung von Themen", die weit hinter den Forderungen der Fachbeamten zurückbleibe, rügte die Karlsruher Grünen-Abgeordnete und Atomexpertin Sylvia Kotting-Uhl. Der angebliche Stresstest gerate zum "Weichspülprogramm".

Auch eine weitere Befürchtung von Niehaus' Team erwies sich als begründet. "Die Bundesaufsicht erhält ohne Einschränkungen alle gewünschten Unterlagen und zieht die RSK zu übergeordneten Fragen hinzu", hieß es vorsorglich in dessen Papier. Es kam genau umgekehrt. Das Sagen hat die eigentlich dem Ministerium unterstehende Kommission, die Ministerialen dürfen nicht einmal richtig mitreden. Bei den entscheidenden Redaktionssitzungen sind sie nicht mit dabei, bestätigte Röttgens Staatssekretärin indirekt in einer Antwort an Kotting-Uhl. Es sei "mehr als seltsam", befand die Grüne, dass die Experten vor der Tür bleiben müssten. Auch zentrale Dokumente wie der umfassende Fragenkatalog der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) werden ihnen vorenthalten - offenbar auf Drängen von Ländern wie Baden-Württemberg, die Auftraggeber der GRS sind. Intern ist als Begründung für den Ausschluss zu hören, die Reaktorsicherheitskommission solle nicht durch "Aufpasser" brüskiert werden.

Abteilungschef Hennenhöfer ist empört

Auf der Arbeitsebene des Ministeriums herrsche nun "helle Empörung", verlautet aus Fachkreisen. Ohne eine unmittelbare Beteiligung könne sie den Prüfprozess nicht kritisch begleiten. Empört sei auch der Abteilungschef Hennenhöfer - aber nicht über den Ausschluss seiner Leute, sondern über deren Intervention beim Minister. Wie Röttgen mit dem Hilferuf umgeht, bleibt zunächst offen; noch gibt es von ihm offenbar keine Reaktion darauf. Auf StZ-Anfrage sagte einer seiner Sprecher lediglich, zur "internen Willensbildung im Ministerium" äußere man sich grundsätzlich nicht.

Bisher konnte sich Hennenhöfer, schon zu Zeiten der Umweltministerin Merkel einmal Chef der Atomaufsicht, auf die Rückendeckung Röttgens verlassen. Bei seiner erneuten Berufung 2009 hatten die Umweltverbände den Juristen wegen seiner Tätigkeit für den Eon-Konzern scharf attackiert: nun übernehme ein Atomlobbyist die Kontrolle der Kernkraftwerke. Doch der Minister ließ die Vorwürfe scharf zurückweisen. An den fachlichen Qualitäten des obersten Aufsehers bestünden so wenig Zweifel wie an seiner "strikten Sicherheitsorientierung". Angesichts des Eklats fragt man sich im Ministerium schon, wie Hennenhöfer und Niehaus weiter zusammenarbeiten sollen. Bis zur Pensionierung des Spitzenbeamten (Jahrgang 1947) zu warten könne schwierig werden. Vorher wird in der deutschen Atomaufsicht freilich noch ein Posten frei, bei dessen Wiederbesetzung kritischer Sachverstand gefragt sein dürfte. Im Oktober erreicht der Abteilungschef im Stuttgarter Umweltministerium, Oskar Grözinger, das Rentenalter.

Zweigleisige Aufsicht

Länder: Die Atomaufsicht ist in Deutschland Sache der Bundesländer mit Kernkraftwerken. Die Zuständigkeit liegt meist - wie in Baden-Württemberg - bei den Umweltministerien. Sie überwachen, ob das Atomgesetz, Genehmigungen und Auflagen eingehalten werden.

Bund: Die Länder handeln im Auftrag des Bundes, der im Umweltressort eine Abteilung für Reaktorsicherheit unterhält. Sie soll dafür sorgen, dass rechtliche und Sicherheitsvorschriften einheitlich gelten. Überlegungen, die Aufsicht beim Bund zu zentralisieren, stießen auf Widerstände und wurden nicht realisiert.