Der Aufsteiger SG BBM Bietigheim hat für eine kleine Sensation gesorgt und das Handball-Derby gegen Frisch Auf Göppingen 29:25 gewonnen. Kapitän Timo Salzer (9 Tore) und Torwart Darko Stanic (20 Paraden) ragten dabei heraus.

Sport: Joachim Klumpp (ump)

Ludwigsburg - Gelegentlich stehen in der Ludwigsburger MHP-Arena auch Konzerte auf dem Programm. Am Samstag übernahm Julius Emrich die Rolle des Dirigenten, nachdem seine eigentliche Arbeit als Handballer getan war. Der Kreisläufer jedenfalls mischte sich unter die 3800 Fans auf den ausverkauften Tribünen und schnappte sich dort eine Trommel, um den Rest der Mannschaft unten auf dem Parkett der Halle in den richtigen Takt einzustimmen. Das gelang zwar nur bedingt, doch viel wichtiger war an diesem Abend, dass die SG BBM Bietigheim zuvor mächtig auf die Pauke gehauen – und das übermächtig erscheinende Frisch Auf Göppingen im ersten Derby der Handball-Bundesliga mit 29:25 (7:9) geschlagen hatte.

 

Die Ansage lautet: Hurra, wir leben noch – im Abstiegskampf. „Wir haben immer daran geglaubt“, sagte anschließend der SG-Trainer Hartmut Mayerhoffer: „Nur die anderen nicht.“ Kein Wunder, dass die Mannschaft diesen Sieg mehr als ausgiebig feierte, eine große Last ist von den Schultern gefallen, nachdem der Aufsteiger schon in vielen Begegnungen 40 Minuten lang mithalten konnte, am Ende dann aber mit leeren Händen dastand. „Das war schon oft deprimierend“, gab Mayerhoffer zu. „Heute haben wir auch in kritischen Situationen kühlen Kopf bewahrt.“

Vielleicht bleibt das ja so nach diesem starken Auftritt. „Ich hoffe, dass es eine Initialzündung war“, sagte auch der Kapitän Timo Salzer, einer der Hauptdarsteller bei diesem Überraschungscoup, immerhin gegen den Tabellenfünften. Vor allem nach der Pause, zu der die SG noch standesgemäß 7:9 hinten lag, übernahm der Ex-Nationalspieler Initiative und Verantwortung, was sich in acht seiner insgesamt neun Treffer widerspiegelte, auch wenn er das bescheiden herunterspielte. „In der zweiten Hälfte war mehr Platz da.“

Göppinger Fehler ermöglichen Bietigheim Ballgewinne

Warum? Viel zu spät versuchte es Göppingen mit einer Manndeckung gegen Salzer, doch nicht nur dann sprangen auch andere in die Bresche. In erster Linie war da Darko Stanic, der Torhüter, der mit Pfiffen von den Göppinger Schlachtenbummlern begrüßt worden war, weil er vor zweieinhalb Jahren bei Frisch Auf seinen Vertrag nicht erfüllt hatte. „Natürlich bin ich froh darüber“, sagte Coach Mayerhoffer angesichts von 20 Paraden. „Die brauchen wir für unsere Gegenstöße.“ Bei denen zeigte sich vor allem der Rechtsaußen Marco Rentschler (6 Tore) als Meister seines Fachs. Mayerhoffer: „Wir haben eben nicht die Spieler, die aus elf Metern Tore schießen wie Göppingen.“

Doch deren Rückraumraketen zündeten nicht so recht. Zarko Sezum schoß sein erstes und letztes Tor in der 36. Minute, Kevynn Nyokas (2) spielte zu überhastet und undiszipliniert, und auch bei den Einsätzen des zuletzt verletzten Spielmachers Michael Kraus (3) war mehr Schatten als Licht. Hinzu kamen haarsträubende Abspielfehler, die Bietigheim immer wieder zu einfachen Ballgewinnen verhalfen. Das soll die Leistung der Sieger aber keineswegs schmälern. „Es war unser bestes Spiel über 60 Minuten“, sagte Mayerhoffer.

Was für ein Kontrastprogramm zu seinem Kollegen Magnus Andersson, der setzte in seiner Analyse noch einen drauf: „Ich denke, es war mein schlechtestes Spiel als Trainer“, sagte der Schwede: „Ich stehe immer noch ein wenig unter Schock.“ Der färbte sich auf seine Mannschaft ab. „Im Moment regiert die Fassungslosigkeit“, sagte Felix Lobedank. Das einzig Positive war Niko Marinovic, der mit seinen gehaltenen Bällen seinem Gegenüber in fast nichts nachstand.

Am Samstag spielt Bietigheim gegen Balingen

Umso bedenklicher, dass Göppingen nach der Pause 22 Gegentore kassiert. „Viel zu viel“, sagte der Kreisläufer Manuel Späth, „das ist nicht unser Anspruch, darüber müssen wir sprechen.“ Redebedarf sieht auch der Trainer, der grübelte: „Ich kann nicht verstehen, wie so gute Spieler so viele Fehler machen.“ Ein Kopfproblem, nachdem die Mannschaft noch am Mittwoch in Balingen nach einer starken zweiten Hälfte die Weichen auf Sieg gestellte hatte?

Apropos Balingen: mit dem HBW bekommt es Bietigheim am Samstag zu tun. Die Partie findet kurzfristig in der Stuttgarter Porsche-Arena statt, nachdem die ursprünglich für diesen Tag vorgesehene „Aida“-Aufführung ausfällt. Rein musikalisch betrachtet werden Emrich und Co. diesen Ausfall nicht kompensieren können.