Rap steht häufig in der Kritik: Gewaltverherrlichend, frauenfeindlich, vulgär. Der Sieger beim Jenny- Heymann-Preis der Gesellschaft für christlich jüdische Zusammenarbeit, Christoph Ziegler, hat auch antisemitische Tendenzen entdeckt.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Rap steht häufig in der Kritik: gewaltverherrlichend, frauenfeindlich, vulgär. Auch Antisemitismus wird einigen Rappern vorgeworfen. Christoph Ziegler, Schüler am Albertus Magnus-Gymnasium, hat dies anhand von Texten aus den letzten zwei Jahren recherchiert und wurde fündig. Auch in Songs, die er selbst bisher gehört hatte. „Das ist mir nicht aufgefallen, dass da antisemitische Klischees verwendet werden“, sagt der 18-Jährige. „Ein paar Wochen, bevor ich die Arbeit begonnen habe, fand ich manchen der Texte noch cool.“ Mit seiner Seminararbeit über Antisemitismus in Texten der deutschen Rapper Haftbefehl, Hannibal, Massiv oder Kollegah hat Christoph Ziegler nun den diesjährigen Jenny-Heymann-Preis gewonnen.

 

Rap statt Johannespassion

Den Rap entdeckte er für sich, als er ein Jahr lang in den USA die Schule besuchte. „Der amerikanische ist viel besser als der deutsche.“ Das stellte er fest, als er plötzlich verstand, was in den Texten drinsteckt. Zurück in Waiblingen, stieß der Pfarrerssohn auf einen Zeitungsartikel, der hinterfragte, ob der Rap ein Antisemitismusproblem habe. Der Religionslehrer, unter dessen Betreuung die Arbeit entstand, hätte lieber die Untersuchung der Johannes-Passion unter der gleichen Fragestellung gesehen, stimmte aber schließlich zu und riet dem Schüler, die Arbeit beim Preisgericht der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit (GCJZ) einzureichen.

„Ich habe da eine Pionierarbeit geleistet“, sagt Ziegler stolz. Über einschlägige Suchportale, in denen die Texte schriftlich festgehalten sind, gab er antisemitische Begriffe ein, und immer wieder hatte er Treffer beim Künstlernamen Haftbefehl. Der vertritt in seinen Texten die sogenannte Rothschild-Theorie. Diese behauptet, dass es ein Weltjudentum gebe, das durch seine Finanzkraft in allen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bereichen versuche, die Welt zu regieren. An anderer Stelle fand Ziegler einen Holocaustvergleich zwischen dem israelisch-palästinensischen Konflikt und der israelischen Politik in Gaza. Auch hier werde eindeutig im Rap des Sängers Hannibal der Zusammenhang zwischen Geldgier und dem kriegerischen Konflikt hergestellt. „Wenn die Rapper das so singen, dann meinen sie das auch so“, lautet das Resümee Zieglers. Man könne solche Passagen nicht damit verharmlosen, dass man sage, die Rapper wollten sich nur inszenieren. Dieser Meinung ist auch der Zentralrat der Deutschen Juden, der einen geplanten Auftritt des Rappers Kollegah und anderer beim Hessentag im Juni in Rüsselsheim wegen antisemitischer Texte scharf kritisierte und damit verhinderte.

Verharmlosung ist unzulässig

Am 7. März um 19 Uhr wird der Jenny-Heymann-Preis im Dillmann Gymnasium verliehen. Den zweiten Preis erhalten Katrin Dorfs und Clemens Adelmann für ihre Arbeit zum Thema „Was tut Stuttgart gegen das Vergessen der Opfer des Nationalsozialismus?“ Der dritte Preis geht an Annalena Volk, die über „Die Rolle der Geschlechter und Sexualität im Judentum und im Islam“ gearbeitet hat, und an Mimi Reisinger mit ihrem „Vergleich der gesellschaftlichen Akzeptanz von Soldatinnen in Israel und in der BRD“. Sonderpreise erhalten Sandra Belschner, Sabrina Herschlein und Hannah Krank (Wirtschaftsgymnasium Bad Mergentheim) für das Zeitzeugenprojekt „Puzzleteile der Geschichte“.