Das Unternehmen gewinnt einen Rechtsstreit. Formal ist die Stadt Sindelfingen der Verlierer. Deren Oberbürgermeister jedoch bejubelt das Urtel. Dieses stärke die Städte gegen den Regionalverband Stuttgart.

Sindelfingen - Das Unternehmen Breuninger hat den jahrelangen Rechtsstreit um die Erweiterung seines Einkaufszentrums in Sindelfingen in letzter Instanz gewonnen. Mit sichtlich zufriedenen Mienen quittierten die Vertreter der Kläger am Dienstag die Entscheidung des Mannheimer Verwaltungsgerichtshofs (VGH). „Wir freuen uns natürlich“, sagte ein Breuningersprecher. Für alles weitere wolle man aber zunächst die schriftliche Urteilsbegründung abwarten.

 

Der Bauvorentscheid, mit dem die Stadt Sindelfingen die Genehmigung für den Ausbau des Einkaufszentrums erteilt hat, „ist nicht rechtswidrig gewesen“, erklärte die Vorsitzende Richterin des fünften Senats. Dessen Rücknahme – zu der das Regierungspräsidium Stuttgart die Stadt gegen deren Willen veranlasst hatte – „wird aufgehoben“. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart, das die Anordnung des Regierungspräsidiums im erstinstanzlichen Verfahren im März 2016 bestätigt hatte, werde entsprechend geändert, die Revision nicht zugelassen, so die Richterin.

Jubel im Sindelfinger Rathaus

Im Sindelfinger Rathaus wurde gejubelt. „Das ist ein beeindruckendes Urteil. Ich habe mich noch nie so gefreut, einen Prozess zu verlieren“, sagte der Sindelfinger Oberbürgermeister Bernd Vöhringer, der nicht selbst an der Verhandlung teilgenommen hatte. Zur Urteilsverkündung hatte die Stadt jedoch einen Vertreter geschickt. Vöhringer versprach: „Wir werden von unserer Seite aus alles tun, damit das Breuningerland schnell erweitern kann.“

Er fühle sich nun bestätigt. „Ein oberstes Gericht hat bestätigt, dass wir als Stadt nach Recht und Gesetz gehandelt haben. Das zeigt, dass das Ganze ein politisches Getöse von Region und Land war.“ Vöhringer hofft, dass sich die Region und das Regierungspräsidium als „faire Verlierer“ erweisen.

Der Verband Region Stuttgart sieht das anders. „Die Stadt Sindelfingen hat eine rechtliche Regelungslücke ausgenutzt, um das Breuningerland zu erweitern und dafür Recht bekommen“, sagte die Regionaldirektorin Nicola Schelling als erste Reaktion auf das Urteil. „Nach unserer Auffassung führt bei solch einem Projekt kein Weg an einem korrekten Bebauungsplanverfahren vorbei. Dabei müssen die Beteiligten eingebunden werden und alle Fakten transparent auf den Tisch.“ Dem habe das Gericht bedauerlicherweise einen Riegel vorgeschoben. „Das ist eine Niederlage für die Transparenz.“

Gericht sieht keine schädlichen Auswirkungen auf Nachbarkommunen

Die Stadt Sindelfingen hat der Firma Breuninger im November 2012 in einem Bauvorbescheid die Genehmigung erteilt, ihr dortiges Einkaufszentrum um etwa 10 000 Quadratmeter auf dann 42 000 Quadratmeter Verkaufsfläche zu erweitern. Das Stuttgarter Regierungspräsidium hatte danach allerdings umgehend wieder die Rücknahme des Bescheids angeordnet: Er verstoße gegen den geltenden Bebauungsplan und lasse schädliche Auswirkungen auf die Nachbargemeinden erwarten, lautete die Begründung der Aufsichtsbehörde.

Dem hat der VGH jetzt widersprochen. Der Bescheid der Stadt „durfte nicht zurückgenommen werden“, stellte die Vorsitzende Richterin fest. Das Verwaltungsgericht habe die Klage des Unternehmens gegen die Stadt in der ersten Instanz zu Unrecht abgewiesen. Der Bebauungsplan aus dem Jahr 1997, auf den sich das Regierungspräsidium bezogen habe, stehe dem Vorhaben ebenso wenig entgegen wie dessen älterer Vorläufer aus dem Jahr 1971. Beide Pläne „leiden an Fehlern, die zu ihrer Unwirksamkeit führen“, urteilte die Richterin. Daher gelte bei der Planung der Erweiterung des Einkaufszentrums der Paragraf 34 des Baugesetzbuchs für den sogenannten „unbeplanten Innenbereich“. Gemessen an dessen Vorschriften sei das Vorhaben von Breuninger zulässig. Gemäß dem Paragrafen 34 sei die Stadt Sindelfingen auch nicht verpflichtet gewesen, die Entscheidung über das Projekt mit den umliegenden Kommunen oder der Regionalplanung abzustimmen. „Es fügt sich in nähere Umgebung ein, schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche von Sindelfingen oder andere Städte und Gemeinden sind auf Grundlage der vorgelegten Gutachten nicht zu erkennen“, stellte die Richterin fest.

Mit einer ausführlichen schriftlichen Urteilsbegründung sei frühestens in zwei bis drei Wochen zu rechnen, erklärte die Richterin abschließend. Erst dann will sich das Unternehmen Breuninger zum weiteren Vorgehen äußern.

Urteilsbegründung in zwei Wochen